Atari 800XL, Teil 2: Vom Frust mit schlechten Grabbern

Prima, er lief. Mein alter Atari 800XL hatte es noch drauf. Einschalten, loslegen. Toll. Nur leider funktionierte das nur im Wohnzimmer am Familienfernseher. Ich wollte den kleinen Atari aber auf meinem Schreibtisch haben. Direkt neben dem Mac, um spontan mal damit herumspielen zu können.

Aber welchen Monitor sollte ich nehmen? VGA passt ja nicht. Zu dumm nur, dass ich keinen kleinen Fernseher mehr hatte. Den alten Grundig-TV von anno dunnemals hatte ich schon in den frühen Neunzigern zum Schuttplatz geschleppt.

Also musste eine schnelle Lösung her. Aber die hat nicht gut funktioniert.

Erster Versuch: Den 800XL via Videograbber an ein altes Macbook anschließen.
Erster Versuch: Den 800XL via Videograbber an ein altes Macbook anschließen.

Im Regal lag noch ein altes Macbook – so ein weißes. Das sollte einen prima Bildschirm für den 800XL hergeben. Dachte ich. Also flugs einen Adapter besorgt, der vom DIN-Anschluss des Atari 800XL auf Cinch übersetzt und dann noch einen USB-Videograbber für das Macbook.

Zusammenstecken, Software installieren, anwerfen. Passt.

Halt!

Das passte nicht im Geringsten. Ich bekam zwar ein Bild, aber das war grottenschlecht. Zeilenversatz, Text kaum lesbar, die Grafik bei Spielen grottenschlecht. Außerdem brummte der Ton wie verrückt. So laut, dass ich den Original-Sound des XL nicht mehr hören konnte.

Flimmern: Mit dem Videograbber als Monitor-Ersatz hatte ich keine Freude.
Flimmern: Mit dem Videograbber als Monitor-Ersatz hatte ich keine Freude.

Ich habe mich dann eingelesen: Alte Computer wie der XL (übrigens auch das alte Nintendo NES) haben die Eigenheiten der analogen Darstellung genutzt, um noch mehr aus der Darstellung herauszuholen. Leider kommen – wenn ich das richtig verstanden habe – billige Videograbber wie meiner mit diesen Eigenheiten nicht zurecht. Und auf gut Glück noch weitere Grabber kaufen? Nein. Außerdem hatte ich eh keinen Joystick, um irgend etwas am XL zu spielen.

Keine Lust mehr

Ich hatte keine Lust mehr. Macbook, Grabber und Atari XL landeten im Regal. Und da blieben sie liegen. Zeitverschwendung. Die Zeit lässt sich eh nicht mehr zurück drehen und ich hatte keine Lust, mich mit Brummen und schlechten Bildern zu beschäftigen. Der XL verlor meine Aufmerksamkeit. Sollen doch andere einen auf Retro machen.

Dann kamen der November und mein Geburtstag. Mein Bruder – er hat einen funktionierenden 800XL – schenkte mir eine Zweijahres-Mitgliedschaft beim ABBUC und zwei Joysticks.

Spielzeug: Mit einem Joystick wird der 800XL zum Spielgerät.
Spielzeug: Mit einem Joystick wird der 800XL zum Spielgerät.

ABBUC steht für den Atari Bit Byte User Club. Den Verein kannte ich noch aus meiner aktiven Zeit am 800XL. Gegründet 1985 ist er bis heute aktiv: Neue Software, Hardware-Tipps, ein kleiner Shop für Ersatzteile und Atari-Experten für jedes Detail am kleinen 800XL. Ob ich vielleicht doch noch einen Anlauf wagen sollte?

Zu dumm nur, dass der ABBUC zu der Zeit nicht online erreichbar war. Fast zeitgleich mit meinem Geburtstag hatte sich die Homepage des Vereins verabschiedet und ward bis in den Dezember hinein nimmer gesehen.

Ein wenig Neugier war wieder da

Toll, dass ich jetzt Joysticks hatte, aber der Ton brummte immer noch und das  Problem mit der Darstellung war nicht gelöst. Aber das Geschenk hat die Nostalgie-Neugier wieder geweckt: Ich wollte nachsehen, ob ich nicht noch mehr aus meiner Atari-XL-Zeit finden würde.

Also bin ich noch einmal in die Garage gefahren und habe tiefer gegraben. Im wahrsten Sinne des Wortes. In einem Umzugskarton, der unter zwei anderen Kisten verbuddelt war, stieß ich auf alte Software-Verpackungen aus der frühen PC-Ära. Als ich die beiseite geräumt hatte, fand ich, was ich gesucht hatte: Meine alte Orginal-Software für den 800XL. Strategiespiele, ein paar Testmuster, der ATMAS Makrosassembler (nie benutzt) und ein original verpackter Startexter (viel benutzt). Der Startexter, auf dem ich meine ersten Artikel für „Computer Kontakt“ und „Atari Magazin“ geschrieben hatte.

Original: Ok, damals war nicht so viel gekauftes in meiner Software-Sammlung. Aber für den Startexter habe ich gerne gezahlt.
Original: Ok, damals war nicht so viel gekauftes in meiner Software-Sammlung. Aber für den Startexter habe ich gerne gezahlt.

Noch ein wenig tiefer fand ich den größten Schatz: Den alten Turbo Freezer XL. Das ist der heilige Gral der Atari-Hardware. Eine schlichte Platine mit Zauberkraft. Der Turbo Freezer konnte auf Knopfdruck den 800XL anhalten, also einfrieren, und erlaubte dann, den Speicherinhalt 1:1 auf Diskette zu speichern. Außerdem gab es einen Debugger, mit dem sich Speicherinhalte lesen und ändern ließen. Mein einziges Assembler-Programm ist mit Hilfe dieses Debuggers entstanden. Seinerzeit, als der Speicher noch übersichtlich war.

Edel-Platine: Der Turbo Freezer XL im Original.
Edel-Platine: Der Turbo Freezer XL im Original.

Über den Freezer habe ich mich sehr gefreut. Und die Neugier auf den XL war wieder da. Ich wollte es noch einmal probieren. Also habe ich Foren und Kleinanzeigen gewälzt auf der Suche nach einem neuen, alten Sichtgerät für meinen Heimcomputer. Zur Auswahl standen alte TV-Geräte für 10 oder 20 Euro oder ein höher wertiger Videokonverter für um die 80 Euro. Eine schwere Entscheidung: Sie fiel zu Gunsten einer Röhre: Billiger und irgendwie mehr retro.

Christians Amiga-Monitor

Doch dann kam etwas ganz anderes. Ein Amiga-Monitor, der bei Christian unbenutzt in einer Ecke stand. Ein  Traum meiner späten Jugend. Der megascharfe Bildschirm für Heimcomputer. Ideal für meinen 800XL. Nach nur wenigen Sekunden hatte ich Christian den Monitor abgeschwatzt.

Da stand er: Der Amiga-Monitor, die Lösung eines großen Problems.
Da stand er: Der Amiga-Monitor, die Lösung eines großen Problems.

Einen Tag später stand der Amiga-Bildschirm auf meinem Schreibtisch. Dann den 800XL angeschlossen und gestartet. Sauberes Bild! Nur das Brummen war wieder da. Also nochmals in Foren gelesen und dort einen Hinweis gefunden: Bei manchen Adaptern kommt das Audio-Signal nicht aus dem roten oder weißen Kabel, sondern aus dem schwarzen. Also flugs umgesteckt – und seitdem habe ich puren, brummfreien, quäkenden Atari-8-Bit Sound.

Antexter: Der Startexter lädt. Fertig machen zur Reise nach damals!
Antexter: Der Startexter lädt. Fertig machen zur Reise nach damals!

Ausprobieren

Endlich hatte ich einen Monitor und guten Sound. Alle Systeme auf „go“. Also ging es ans Ausprobieren. Welche Software lief noch? Den Startexter habe ich als erstes ausprobiert. Er ließ sich tatsächlich noch von der alten Sicherungsdiskette aus starten. Damit nicht genug, konnte ich sogar Texte laden, die auf der Rückseite der Diskette gespeichert waren: Ich habe meine alte Bewerbung bei der Power Play wieder gefunden. Was für ein Flashback nach 1988.

Flashback: Auf der Startexter-Diskette habe ich sogar meine alte Bewerbung bei der Power Play gefunden.
Flashback: Auf der Startexter-Diskette habe ich sogar meine alte Bewerbung bei der Power Play gefunden. (Der Monitor ist hier im Grün-Modus.)

Mit anderen Programmen und Daten hatte ich nicht so viel Glück. Ich schätze, 30 Prozent der Disketten sind hinüber. Aber egal. Ich hatte meine erste Textverarbeitung wieder. Und ich hatte einen Plan: Einen Teil des nächsten Blog-Beitrags würde ich auf dem Startexter auf dem Atari XL schreiben. Dann musste ich nur irgendwie dafür sorgen, dass der Text auch den Weg auf meinen Desktop-Computer findet.

Dummerweise zeigte das 1050-Diskettenlaufwerk erste Probleme: Ich konnte keine Disketten formatieren. Ob das mit dem Text trotzdem gelingt? Das lest Ihr im nächsten Blog-Beitrag der Atari-XL-Saga – möglicherweise.

Ob das was wird? Den nächsten Blog-Beitrag zum 800XL schreibe ich zum Teil auf dem 800XL.
Ob das was wird? Den nächsten Blog-Beitrag zum 800XL schreibe ich zum Teil auf dem 800XL.

6 Gedanken zu „Atari 800XL, Teil 2: Vom Frust mit schlechten Grabbern“

    1. Das ist richtig – mit HD-Disketten geht da garnix. Aber auch die alten SD- und DD-Scheiben aus meinen 30jährigen Beständen wollten sich nicht formatieren lassen. Mit dem Floppy-Laufwerk meines Bruders ging’s. Ergo hat meines wohl ein Problem :)

  1. Welcome back to Atari-Land! Wir anderen haben die Stellung gehalten und dem Atari die Treue.
    Die von dir empfundene Zeitreise kann ich gut nachempfinden. So ging es mir 2005, als der Turbo Freezer XL neu aufgelegt wurde (inzwischen wurde er als Turbo Freezer 2011 ein drittes Mal aufgelegt). 1988 hatte ich mit dem ersten originalen Freezer fleißig Spielstände und Sicherungskopien abgespeichert, die dann über Jahrzehnte auf irgendwelchen Disketten in irgendwelchen Boxen in irgendwelchen Schränken lagerten; der Turbo Freezer war schon längst „verloren gegangen“. Was für eine Freude war es für mich, als ich nach so langer Zeit meine alten Spielstände wieder auftauen konnte, als hätte ich gestern erst gespielt.

    1. Danke :) Vielleicht sollte ich mir den 2011er Freezer auch mal besorgen. Den alten packe ich dann in Plexiglas und stelle ihn ins Regal. Gute Idee mit den Spielständen. Irgendwo habe ich noch eine Diskette mit Freezer-Images. Aber erst einmal das Laufwerk in Ordnung bringen :)

  2. Falls es dir bis dahin langweilig wird… Ich veranstalte gerade einen Programmierwettbewerb, bei dem man in 10 Zeilen BASIC-Code ein Spiel entwickeln soll. Dafür brauchst du kein Laufwerk, Fotoapparat (oder Smartphone) reicht.

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