Peter Norton, der Computerheld von Utilities und Anti-Virus

Computerhelden (6) – Peter Norton, das Gesicht der Utilities

Wenn es ein Gesicht gibt, dass für eine ganze Ära der Computerei rund um den PC gibt, dann ist es das von Peter Norton. Leider bin ich ihm nie persönlich begegnet. Nur einmal während der Comedex 1987 huschte er an mir vorbei – zu schnell, um ihn aufzuhalten und um ein Interview zu bitten. Dabei war damals beinahe der interessanteste aller Promis der Szene- Interessanter als Bill Gates und Steve Jobs allemal, denn im Vergleich zu Peter Norton waren die so langweilig wie die Mehrzahl der Nerds, die zu Business-Männern geworden waren. Norton war dagegen weltoffen, gebildet, beinahe intellektuell, den Künsten zugetan und mit einer Afroamerikanerin verheiratet. Ich hätte ihn so gern so viel gefragt. Aber so ubiquitär sein Porträt damals und bis heute war und ist, so selten trat Peter Norton öffentlich auf.

Die Norton Utilities in der Version von 1984
Die Norton Utilities in der Version von 1984
Interviews mit ihm sind rar gesät, und auf Video gibt es ihn – so weit ich herausfinden konnte – auch nicht. Das mag damit zu tun haben, dass dieser Peter Norton nie Computerfreak und schon gar nicht Nerd war. Er war ab 1965 einfach nur ein einfacher Programmierer, der an Mainframes und Minicomputern seinen Dienst tat, der für ihn auch nur ein Job war. Die ganze wilde Zeit der frühen Homecomputer – vom Altair über Commodore PET und Apple II – ging vollkommen an ihm vorbei, und ein Gerücht besagt, er persönlich habe überhaupt nur MS-DOS- und Windows-Computer besessen und genutzt. Schließlich war er einer der ersten, der privat einen IBM PC erwarb. Vermutlich zum Zwecke der Fortbildung. Wie viele altgediente Programmierer erfüllten ihn die Ankunft eines persönlichen Computer aus dem Hause IBM eher mit Furcht als Freude. Schließlich waren Homecomputer auch ein Angriff aufs Expertentum der Programmierer.

Fehler im System

Peter Norton und seine erste Gattin Eileen
Peter Norton und seine erste Gattin Eileen
Und die eigentliche Triebfeder, sich mit der grundlegenden Programmierung des IBM PC in Assembler zu befassen, war seine professionelle Kritik an Hard- und Software der Kiste. Dabei entstand praktisch aus Versehen das Basisbuch rund um die fortgeschrittene Programmierung, das zu einem veritablen Verkaufserfolg wurde. Im Buch hatte Norton schon eine Reihe von Tools und Utilities skizziert, mit denen seiner Meinung nach Schwächen des Systems ausgebügelt werden konnten. Eines dieser Werkzeuge namens „Undelete“ hatte er entwickelt, nachdem er versehentlich eine wichtige Datei gelöscht hatte. Die Idee, eine verloren gegangene Datei vom Datenträger zu restaurieren anstatt die gelöschten Daten einfach noch einmal einzugeben, ist es, die Peter Norton zu einem Computerhelden macht.

Der legendäre Norton Commander
Der legendäre Norton Commander
Nach und nach schrieb er immer mehr solcher Progrämmchen, die entweder Fehler in MS-DOS ausbügelten oder Anwendern das Leben am PC leichter machten. Die Tools erfreuten sich unter Freunden und Kollegen großer Beliebtheit, und irgendwann verschenkte Peter sie nicht mehr, sondern nahm kleines Geld für seine „Norton Utilities“. Als immer User-Groups davon erfuhren und die Dinger haben wollte, entschied er, eine Sammlung der Tools unter seinem eigenen Namen zu vertreiben und gründete 1982 mit 30.000 US$ Startkapital und einem IBM PC die Firma „Peter Norton Computing„. Mit der Verbreitung der IBM-Klone und der Machtübernahme von MS-DOS explodierte das Geschäft. JEDER PC-Nutzer hatte die Norton-Utilities, und der „Norton Commander“ als Benutzeroberfläche für alles rund um Verzeichnisse und Dateien waren DER Hit.

Dutzende Bücher

Gleichzeitig schrieb Peter Norton Dutzende von Büchern für die wachsende Gemeinde … und hielt dafür sein Gesicht hin. Irgendwann um 1987 herum begann er, die Arbeit ganz auf andere Köpfe und Hände zu verteilen und sich neben der Tätigkeit als Chef den schönen Künsten und seiner Familie zu widmen. Angeblich hat Norton ab 1988 keine einzige Zeile Computerliteratur oder Programmcode selbst geschrieben. Und 1989 setzte er Ron Posner als CEO seiner Firma ein und zog sich ganz zurück.

Um seinen Töchtern, die es als halb-afroamerikanische Kinder nicht immer leicht hatten, ein besseres Leben zu ermöglichen, zog er mit der Familie an die Ostküste, wo er eines der schönsten alten Häuser in den Hamptons renovieren ließ, um dort zu wohnen. Den Sommer verbrachten die Nortons immer ganz dort – wenn es sie nicht für ein paar Wochen oder Monate nach Europa zog. Sowohl Peter, als auch seine Gattin Eileen hatten einen Faible fürs Mittelmeer und liebten Frankreich und die Riviera. Diesen Lebensstil konnte sich das Paar gut leisten, denn Posner hatte dir Firma mit Zustimmung von Norton 1990 für 25 Millioen US$ an Symantec verkauft.

Der Rückzug

Peter Norton, ca. 2013 - ein Leben als Kunstsammler
Peter Norton, ca. 2013 – ein leben als Kunstsammler
Schon vorher hatten Peter und Eileen jede Menge Kunst gekauft und in den Firmenräumen aufgehängt. Viele Werke sind seitdem berühmt und enorm teuer geworden und sind überall auf der Welt als Dauerleihgaben zu sehen. Nachdem das Paar sich getrennt hatte, konzentrierte sich Peter Norton, der in den Siebzigerjahren fast fünf Monate in einem buddhistischen Kloster in San Fransisco gelebt hatte, ganz auf seine philantropischen Aktivitäten und auf mehrere von ihm, Eileen und seiner zweiten Frau Gwen ins Leben gerufene Stiftungen. Dieses Jahr wird er 74 Jahre alt, und Leute, die ihn nach 2008 gesehen haben, beschwören, er habe sich äußerlich kaum verändert. Nur die Brille, die man von den Verpackungen und Büchern her kennt, die trage er nicht mehr.

3 Gedanken zu „Computerhelden (6) – Peter Norton, das Gesicht der Utilities“

  1. Der Norton Commander hat mich mal vor 30 Jahren gerettet, als ich mit einer misslungenen Textbaustein-Operation meinen gesamten Text kurz vor Abgabe in den Orkus geschickt hatte.

    Irgendwann in den darauf folgenden Jahren hat sich aber dieses ganze Norton-Zeug immer breiter gemacht auf dem Rechner, immer mehr Systemressourcen beansprucht und sich als eine Art Nebenbetriebssystem aufgespielt, das hat mich an einem gewissen Punkt so genervt, dass ich alles runtergeschmissen habe und auch ab späteren Rechnern nie wieder ein Norton-Tool benutzzt oder auch nur installiert habe.

    1. Ne, ne, das war nicht die böse Autokorrektur, das war das freudsche Organ – hatte kurz zuvor einen Artikel über Comedians geschrieben ;–)))
      Danke für den Hinweis!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert