Eine Legende mit großer Fangemeinde - der Psion Organizer (Foto: Wikimedia)

Die 5 heißesten PDAs aller Zeiten (also bevor es Smartphones gab)

Wir Digisaurier waren nicht nur die ersten, die am Computer spielten und Bilder malten, sondern die ihr Leben mit Maschinenhilfe organisieren wollten. Bis das möglich war, verging erstaunlich viel Zeit in der Ära der persönlichen Computer. Es lag an der mangelnden Software und damit an mangelnden Paradigmen; denn, dass man nicht einfach Terminkalender und To-Do-Liste auf dem Bildschirm nachahmen wollte, war klar… Nicht wirklich: Denn genau das brachte Lotus mit seinem nicht besonders erfolgreichen Programm Agenda: Der Tischkalender als 1:1-Darstellung auf dem Monitor. Erfolglos waren dieses und andere PC-Organiser auch, weil man in den mittleren Achtzigerjahren eher selten seinen persönlichen Computer dabei hatte – im Gegensatz zur Time-Systems-Kladde oder dem Filofax. Der Traum aller sich selbst organisierenden Digitalfreunde war: ein elektronisches Gadget, das in die Hosentasche passt und den ganzen Kram speichern kann.

1. Der Tandy Zoomer

Der Zoomer von Tandy aus 1992 (Foto: 8bit Micro.com)
Der Zoomer von Tandy aus 1992 (Foto: 8bit Micro.com)

Ja, er war der erste, der Zoomer von Tandy, der Allzweck-Elektronik-Bastel-Firma Tandy RadioShack mit der ehemals weit verzweigten Kette von Filialen in der aller Welt, der Laden, der mit dem TRS-80 den Markt der Homecomputer hätte erobern können, dieses merkwürdige Unternehmen, in dem sich auf wundersame Weise Erzfrickler und Vertriebsfuzzis miteinander verbanden. Viele Ideen sind dort erdacht worden, wenige umgesetzt. Und wie man am Zoomer leicht feststellen kann: Wenn eine Idee realisiert wurde, bedeutete das noch lange nicht Welterfolg. Zumal dies Ding nicht einmal Tandys Baby war, sondern vom Taschenrechnergiganten Casio stammte, der den Zoomer unter dem eigenen Markennamen in anderen Märkten vertrieb. Es wird noch bekloppter: Entwickelt wurde das Teil bei GRiD, einem Computerhersteller voller genialer Ingenieure, aber unglücklichem Marketing, das von Tandy gekauft wurde. Der Zoomer war ziemlich groß und ein bisschen zu schwer, die Batterien hielten nicht lange, und die Handschriftenerkennung war eine noch größere Katastrophe als die vom Apple Newton (siehe unten). Hartnäckig hält sich das Gerücht, der Zoomer sei von Palm entwickelt worden, was aber nicht stimmt, weil es das Unternehmen Anfang 1992 noch gar nicht gab. Richtig ist, dass Zoomer-Mastermind Jeff Hawkins später bei Palm landete. Niemand weiß, wie viele Zoomer von Tandy und Casio tatsächlich in User-Hände gelangten – aber wer einen sieht, kann stolz sein: er hat eine Rarität entdeckt.

2. Der Apple Newton

Ein Apple Newton Messagepad - geliebt & gehasst (Foto: Wikimedia)
Ein Apple Newton Messagepad – geliebt & gehasst (Foto: Wikimedia)

Es war eine bombastische Präsentation, mit der Apple sein Messagepad 1993 in der Alten Oper in Frankfurt dem deutschen Publikum vorstellte – es war unter anderem der unvergleichliche Ossi Urchs, der seinen Namen dafür hergab. Dass die angebliche Live-Datenverbindung nach Australien getürkt war, erfuhr man später. Und auch die Demonstration der Handschrifterkennung war, nun ja, eher gescripted als real. Trotzdem wollten wir alle ihn haben, den Newton. Natürlich war das Ding sündhaft teuer und trés chic. Funktional lehnte sich das Messagepad an seinem Vorbild, dem Zoomer an, aber man hatte ein eigenes Betriebssystem entwickeln lassen, das man Newton nannte. So richtig hip & cool war „der Newton“ – wie er allgemein genannt wurde – nur kurze Zeit, aber eine eingeschworene Fangemeinde hielt dem Apple-PDA über Jahre die Treue. His Jobness war übrigens so gar kein Fan des Newton und sorgte nach seiner Rückkehr zu Apple dafür, dass die Weiterentwicklung und Produktion 1998 eingestellt wurden.

3. Der Palm Pilot

Der Palm Pilot (Foto: Wikimedia)
Der Palm Pilot (Foto: Wikimedia)

Die Wege der elektronischen Evolution sind verschlungen, und manche Ingenieure sind verdammt hartnäckig. Denn das Team, das seinerzeit schon am Zoomer gewirkt hatte, entwickelte auch nach dessen Ende fröhlich weiter am Thema. Am Ende entstand der Urvater des erfolgreichsten PDAs überhaupt: der Palm Pilot. Eher zufällig erwarb die Firma US Robotics die Rechte, ließ diesen Handheld zu Ende entwickeln und startete mit Riesenerfolg die Produktion. 1996 kam also ein Personal Digital Assistant auf den Markt, der wirklich brauchbar war. Das Besondere: Anstatt an der überaus schwierig zu beherrschenden Handschriftenerkennung weiter zu frickeln, erfanden die Palm-Jungs eine Art Steno, eine Kurzschrift, bei der man diverse Haken und Schleifen mit dem Stift ins vorgesehene, berührungsempfindliche Feld des Displays krakelte, die das Betriebssystem mit erstaunlicher Sicherheit in Text umwandelte. Zudem waren die ersten Modelle schon sehr handlich und relativ leicht. Und weil man mit dem Palm Pilot eine eigene Klasse digitaler Devices prägen wollte, erfanden die Marketers den Begriff „Palmtop“ in Anlehnung an das Wort Laptop – also den Computer für die Handfläche. Ich selbst habe ab 1996 bis 2006 mehrere Palms besessen und intensiv genutzt – sie waren Teil meiner digitalen Lebensführung. Besonders nützlich auch die Dockingstation und die dadurch mögliche Synchronisierung von Daten zwischen dem Palm und einem Windows-PC.

4. Der Compaq iPaq

Compaq iPaq, der Pocket PC (Foto: Wikimedia)
Compaq iPaq, der Pocket PC (Foto: Wikimedia)

Sowohl Newton, als auch das Palm OS waren proprietäre Systeme, die an eine bestimmte Hardware gebunden waren. Nachdem der Palm Pilot erfolgreicher geworden war als angenommen, stürzte sich Microsoft auf das Thema und entwickelte das auf der CeBIT 2000 vorgestellte Windows Mobile und prägte den Begriff „Pocket PC“. Eines der ersten Geräte mit diesem Betriebssystem kam von Compaq und hieß iPaq. Wer solch ein ziemlich teures Ding besaß, war in den frühen Nullerjahren ganz vorn dran, denn der iPac sah eindrucksvoll aus und konnte tatsächlich alles, was ein PDA können sollte. Mehr noch: Auf den Pocket PCs liefen auch angepasste Office-Versionen, sodass an zumindest Word- und Excel-Dokumente auf dem Handheld betrachten und bearbeiten konnte. Die Klippe „Texteingabe“ umschiffte Windows Mobile weniger elegant, als effizient: Zeichen konnten entweder über eine Bildschirmtastatur auf dem Touchscreen oder eine Handschriftenerkennung eingegeben werden. Das war alles alltagstauglich und tatsächlich für die mobile Nutzung geeignet. Wir alle wünschten uns nur noch, dass man mit einem Palm oder einem iPaq auch telefonieren könnte…

5. Der Psion Organizer

Ein Psion Organiser der 5mx-Reihe (Foto: Wikimedia)
Ein Psion Organiser der 5mx-Reihe (Foto: Wikimedia)

Ein absolutes Unikum unter den mobilen PDAs stellte der Psion Organiser dar, dessen erste Erscheinungsform bereits 1984 zu haben war. Kein Wunder, dass der Psion immer so ein bisschen anders war, denn der Erfinder David Potter entstammt dem Sinclair-Umfeld. Statt auf Handschriftenerkennung setzte man bei Psion immer auf die klassische Tastatur und legte maximalen Wert auf lange Akkulaufzeiten – der Organisier wurde mit normalen AA-Zellen betrieben – und intuitive Bedienung. Die war so intuitiv, dass Fans, die sich einmal damit zurechtgefunden hatten, nie, nie, nie einen anderen PDA haben wollten. Gerade die Modelle der Serie 5 ab 1997 waren extrem ausgereifte, robuste und hocheffiziente Werkzeuge der Selbstorganisation. Aber eben immer auch Inseln, weil zu nichts kompatibel außer zu sich selbst. Tatsächlich war es der Psion Organiser, der zwischen 1997 und etwa 2002 genauso oft in den Händen von Zeitgeistlern zu sehen war wie das TimeSystem oder das Filofax.

iPhone machte sie alle obsolet

Das iPhone 1 - Killer aller PDAs
Das iPhone 1 – Killer aller PDAs

Heute hat jeder alles das, was die Business-Leute bis 2006 in ihren PDAs, den Handhelds und Palmtops hatten, in ihrem Smartphone: Adresse, Termine, To-Do-Listen und und und. Aber alle heavy Handy-User, die digital dachten, wünschten sich, sie könnten mit ihren kleinen Organisern auch telefonieren. Gut, Nokia hatte solch ein Wundergerät im Angebot, aber das war sehr teuer, sehr schwer und ein bisschen schwer zu bedienen. Als dann Palm den Treo ankündigte, mit dem man eben auch telefonieren konnte, war die Erregung groß. Aber die wurde 2007 elegant umgeleitet auf das erste iPhone von Apple. Damit war das Schicksal der Personal Digital Assistants besiegelt. Aber der Niedergang begann früher. Während sich bei den Desktop-PCs, den Laptops und Notebooks Standards gebildet hatten, die es Usern leichtmachten, die Bedienung schnell zu erlernen, gab es bei den Betriebssystemen der Handflächencomputer auch in ihrer kurzen Blütezeit ein heilloses Durcheinander. Nicht weniger als neun verschiedene Operating Systems zählen wir, und keines hat sich je so durchgesetzt, dass etwas wie ein Standard entstehen konnte. Hinzu kam das Chaos der entwickelnden, produzierenden und vermarktenden Unternehmen – da wurde verkauft und gekauft, fusioniert und umbenannt, dass am Ende kaum noch einer wusste, wer was anbot. Und so betrug die große Zeit der kleinen Dinger kaum zehn Jahre…

Und hier ein wunderschöner TV-Spot für den Palm aus dem Jahr 2006:

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