Wer bin ich und wenn ja wie viele – und kennt Google uns alle?

Die Google IO 2016 macht mich panisch! Wenn Google für mich mit künstlicher Intelligenz in Zukunft Bilder kommentieren will, wenn Google immer mehr sein Wissen über mich in Service für mich und mein näheres Umfeld umwandeln möchte – dann würde ich gerne wissen: weiß Google genug über mich? Und habe ich dafür gesorgt, dass Google mit meinen multiplen Persönlichkeiten klar kommt? Dass Google weiß und einschätzen kann, wer ich wann bin? Und bitte aufhört mir einen Rollator anzubieten, nur weil ich nach sowas mal für den Papa gesucht habe? Seufz – ich glaub ich muss nach der Google IO  mein Internet-Leben aufräumen… Und ihr vielleicht auch?

Smartwatch mit Google Fit
Nein – das ist kein Artikel über die Frage, was Google mit meinen persönlichen Daten macht. Es geht um die Frage, was Google glaubt, wer ich bin. Das kann entscheidend sein.

Wissen ist Macht und nix wissen macht auch nix… Alter Spruch von früher. Aber ich habe die Befürchtung, dass wir einen Teil ergänzen müssen bei dem Spruch. Zum Beispiel den Satz: „Und das falsche Wissen macht Ärger.“ Ärger? Für wen? Ich vermute für mich mit Google. Wie ich drauf komme? Durch die Berichte von der Google IO 2016. Durch das Thema künstliche Intelligenz, dass da letztlich so hoch gespielt wurde. Vorab: es geht nicht um meine Sorge, was Google so an persönlichen Daten aktuell sammelt. Es geht darum, ob Google denkt, dass es wegen meiner digitalen Vergangenheit weiß wer ich bin. Das wäre viel schlimmer.

„Wir organisieren seit 17 Jahren die Informationen der Welt, um Fragen beantworten zu können, die für andere zu kompliziert sind…“

Google Vizechef Mario Queiroz

Kurz Meine digitale Vergangenheit zählt für meine digitale Zukunft mit! Ach du Sch…

“Gewaltiges Comeback” bis “Die suchen Ärger” – Google IO 2016 in der Expertensicht

Bill Gates 1987
Google will den Microsoft Fehler nicht wiederholen – das hat Konsequenzen

Wenn ich die Berichte von der Google IO richtig lese – und die Bandbreite von begeistert wie bei Sascha Pallenberg bis zu eher distanziert wie bei FAZ.NET korrekt verstehe- dann kann man zusammenfassen: Google will keinesfalls den Microsoft Fehler aus vergangenen Zeiten machen. Google will nicht nur dabei sein wenn es um die Zukunft geht, sondern wenn dann ganz vorne dran. Das ist die Devise. Und während Microsofts wohl größtes Versäumnis war das Internet irgendwie neben Windows und Office  am Rande mit abwickeln zu wollen und es so zu verschlafen (und bis heute ist für mich noch nicht geklärt wie die das eigentlich gemacht haben – ob die oben verpennt oder die unten keinen Bock hatten) hat Google sehr ernsthaft eine Reihe Baustellen auf der Google IO aufgemacht, mit dem sicheren Wissen eine echte Chance zu haben.

„Google will überall ganz vorne sein. Sie haben die KI-Technik sagt Kollege Rainer Bartel. Sie haben das Wissen über die Nutzer sagen die Journalisten. Und ich habe ein fettes Problem – fürchte ich.“

Google trifft – im Gegensatz zu Microsoft damals – bei seinen auf der Google IO 2016 vorgestellten Projekten auf allerhand ernstzunehmende Konkurrenz. Messenger-Dienste, Heim-Vernetzung, intelligente Services – alles schon da. Kurz: kein Feld in dem sich nicht schon ein anderer, meist respektabler und agiler Mitbewerber tummelt wurde ausgelassen bei diesem HighTech Woodstock-Event in Kalifornien. Aber das macht mir keine Sorgen. Sorge macht mir, worin sich alle Experten einig sind. Google hat einen wirklich besonderen Schlüssel zum möglichen Erfolg in all diesen Bereichen und wird den in aller Konsequenz einsetzen: Das enorme Wissen aus dem Netz über mich. Seit Jahren. Als ich noch gar nicht daran dachte, dass das jemand interessieren könnte. Und daraus wollen sie mich offenbar virtuell nachbauen. Von Smart Reply bis zu Smart home. Oh holly shit! Wer bin ich im Netz? Und wenn ja: wie viele? Und kennt Google uns alle?

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Wird mir die digitale Vergangenheits-Schlamperei zum Verhängnis?

Während Sascha begeistert titelt “I/O 2016 Keynote – Google ist wieder da und zwar gewaltig!”, entschließt sich der Spiegel zu einer lapidaren, aber genauso korrekten Zusammenfassung in der Überschrift die da heißt: “Google IO 2016: Google legt sich mit allen an”.
Aber alle sind sich einig: Google hat echte Karten in vielen der anvisierten Felder zu gewinnen. Und zwar vor allem durch das Wissen über seine Nutzer.

„Mit Google Assistant offenbart man abermals die ganz grosse Staerke des Unternehmens und baut endlich den Service zusammen, der zeigt wie weit die Entwicklung und der Datenpool des Knowledge Graphs vorangeschritten ist. Womit ich hier nicht nur die Ansammlung des Wissens der Menschheit meine, sondern auch all die persoenlichen Daten, die ich mit Google teile. Was hier und da dann durchaus auch ein wenig creepy wirkt. (…) Google weiss viel. Sehr viel sogar.“

Sascha Pallenberg, bei Mobilegeeks

Nachtarbeiter (1 von 1)
Was weiß Google über mich? Und wer bin ich dadurch für Google? Die Google IO 2016 wirft für mich diese Frage dringend auf.

Weil Google weiß wer ich bin, kann Google es  besser machen als alle anderen. Nur: was weiß Google über mich? Nein: ich meine nicht die Frage, welche meiner Geheimnisse Google kennt. Sondern ich meine die Tatsache, dass ich nicht nur eine (!) Person bin, sondern viele. Über die Jahre habe ich verschiedenste Accounts und Kanäle angelegt – und vergessen. Ich kommentiere und schreibe manchmal sehr launig. Dann wieder sehr nachdenklich. Ich bewege mich in politisch komplexen Umfeldern mit großer Vorsicht – zum Beispiel auf Veranstaltungen wenn ich moderiere. Und ich platze trotzdem immer wieder mit meiner Meinung raus – bei Diskussionsrunden oder Vorträgen auf der Bühne. Und das bildet sich seit Jahren auch Online ab. In Texten. Fotos. Videos. Accounts… Und das soll ein Bild geben?

Ich weiß, wie weit ich gehen kann – aber Google auch?

Ja – ich bin freundlich gesagt, flexibel. Ich bin mal so und mal so. Nur- ich weiß ziemlich genau, wann und bei wem ich was machen kann.  Aber was weiß Google davon? Ich bin, wie jeder Mensch nicht immer gleich. Im Gegenteil: ich bin extrem unterschiedlich zu bestimmten Zeiten, auch wenn ich scheinbar im selben Kontext unterwegs bin. Beim radeln auf Mallorca mit dem Martin kommt schnell ein Haufen Unsinn und Klamauk raus.

Radeln - auch auf den Spuren der Digitalisierung der Nordsee-Inseln (1 von 1)Bei einer Radreise mit Martin wie der Digisaurier-Radreise kommt viel mehr nachdenkliches zu Tage. Beides ist auf den ersten Blick Radfahren – und doch nicht das gleiche. Aber in beiden Fällen kommentiere, like und poste ich aus einer Stimmung heraus. Nur würde ich in der einen Stimmung sicher andere Kommentare auf Bilder oder Gedanken von Menschen schreiben, als in der anderen Stimmung. Und dann gibt es da noch ein Problem. Die Vergangenheit wird mich einholen… Und Vergangenheit habe ich reichlich – vor allem digital.

Wenn ich nur mal die alten Videos von „Neues… der Anwenderkurs“ nehme. Denkt Google (wie so mancher Zuschauer das damals tat) ich bin wirklich so, wie ich da agiere? Und was für Schlüsse zieht der Algorithmus daraus? Welche Smart-Replys kriegen dadurch vielleicht Kollegen. Welche Jobs oder Hilfestellungen wird Google mir dadurch anbieten? Denn scheinbar war das ja alles im Arbeitsumfeld… seufz…

„Sehr geehrter Herr Professor Stolte, ich muss Sie dringlich auf das Treiben zweier Mitarbeiter im ZDF aufmerksam machen. Sie müssen dagegen vorgehen.“

Aus einem Zuschauerbrief zu „Neues… der Awenderkurs

Egal, welche Expertenmeinung ich ernst nehme – ich habe Hausaufgaben zu machen

AK-CD-ROM-Dreh mit Jochen und Einstein (1 von 1)
Bilder aus längst vergangenen Tagen (ich bin der ältere Herr rechts!) – was schließen die Fähigkeiten des Google Knowledge Graph Algoritmus die viele bei der Google IO 2016 gesehen zu haben glauben daraus?

Das gibt es zum Beispiel diesen reichlich verwaisten Google+ Account. Ein paar sehr spezielle Twitter-Accounts.  Da gibt es verschieden Adressen und Anmeldungen bei Google die alle zu mir führen, aber für ganz unterschiedliche Zwecke waren. Und vermutlich auch welche die ich schon lange wieder vergessen habe. Youtube Kanäle mit den unterschiedlichsten Inhalten und Schwerpunkten. Sie alle gehören irgendwie zu mir. Aber nicht zwangsweise sind sie alle Ausdruck meiner Persönlichkeit. Welche davon sucht sich Google denn aus, wenn es mir Services anbietet? Oder irgendein Hundefoto mit irgendeinem algorithmischen Smart-Reply für mich beantwortet? Alle? OMG! Dann dürfte ich wohl demnächst viele Angebote von Psychologen kriegen. Oder von Lebensberatern, mit der Idee mal mein Leben aufzuräumen usw. Und angesichts all der „Profilspuren“ meinerseits, hätten die sogar recht. Vorausgesetzt, dass ich die Person wäre die Google da vielleicht zusammenrechnet.

Was tun? Was meint Ihr?

Panik nach der Google IO 2016
Und nut? Digitales aufräumen ist angesagt nach der Google IO 2016!

Was tun? Ich fürchte: zuallererst muss ich mal meine ganzen digitalen Leben und Identitäten auf Vordermann bringen. Oder löschen? Aber: das Internet vergisst ja nix. Und Google schon gar nicht. Also Fazit nach der Google IO 2016: aufräumen im digitalen Leben ist angesagt. Und darum bin ich dann jetzt erstmal weg…

Natürlich interessiert mich eure Meinung. Sind meine Gedanken Quatsch? Oder wie groß ist das Risiko der Miss-Interpretation eines Menschen auf Basis seiner digitalen Spuren? Und wie weit ist die Technik tatsächlich, die das hinkriegen soll?

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