Hilfe! Meine Steckdose surft im Internet!

Eine intelligente Steckdose von Belkin - Haussteuerung für 50 Euro
Eine intelligente Steckdose von Belkin – Haussteuerung für 50 Euro
Mein Onkel Harald war das, was man heute einen Technik-Freak nennen würde. Weil wir über die späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahre reden und er keinen Führerschein hatte, konnte er diese Leidenschaft nur an einer langen Reihe von immer neuen Fernsehapparaten abarbeiten. Ja, Onkel Harald, kaufte jedes Jahr einen neuen Fernseher – und sein Bruder, mein Vater, bekam die abgelegten Kisten. Weil Onkel Harald zudem leicht gehbehindert war, musste es natürlich sofort eine Fernbedienung sein als es die gab. Die erste ihrer Art bestand aus einem zigarettenschachtelgroßen Kasten mit vier Knöpfen und einem Drehschalter und war mit einem rund zwei Meter langen Kabel mit der Glotze verbunden. So konnte Onkel Harald die Kiste an- und ausschalten, die Lautstärke verändern und zwischen den damals noch gar nicht vorhandenen Programmen hin und her schalten. Denn das Zweite Deutsche Fernsehen startet ja erst 1963 – da hatte der Onkel längst eine drahtlose Fernbedienung.

Ein schlauer Mann hat mal gesagt, die Faulheit der Menschen sei eine der stärksten Triebfedern für technische Innovationen. Warum laufen, wenn man von einem Motorfahrzeug gefahren werden kann? Warum jemand besuchen, wenn man ihn bequem von zuhause aus anrufen kann? Warum selbst musizieren, wenn doch im Radio die schönste Mucke läuft? Warum aufstehen, nur weil man den Fernseher leiser haben möchte? Warum aufstehen, um die Raumbeleuchtung ein und auszuschalten? Warum aufstehen, um die Heizung wärmer oder kälter zu stellen? Warum überhaupt noch aufstehen, wenn es doch für alles und jedes Fernbedienungen gibt? So kommt es, dass das Thema „Haussteuerung“ die Leute schon seit vielen Jahren fasziniert. Wer erinnert sich nicht daran, als Bill Gates stolz sein vollcemputerisierte Eigenheim vorstellte – in das Melinda dann aber doch nicht einziehen wollte? Und jetzt im Zeitalter von Wlan, Smartphones und Apps ist allumfassende Fernsteuerung der Vitalfunktionen eines Hauses oder einer Wohnung keine Science Fiction mehr, sondern schlappe 50 Euro entfernt. Denn für diesen Beitrag kann jeder faule Sack jetzt eine WeMo von Belkin erwerben.

Dabei handelt es sich um eine Steckdose, die über das Wlan mit dem Internet verbunden wird und dann … nein, natürlich kann die WeMo nicht im Web surfen. Aber sie kann – wie all diese Dinge mit dem Vornamen „Smart“ – Befehle empfangen und ausführen. Konkret bedeutet dies: Steckt die WeMo in einer Wandsteckdose und liefert sie den Strom für eine Leuchte, kann der stolze Besitzer diese Lampe über eine App von seinem Smartphone aus ein- und wieder ausschalten. Von überall auf der Welt aus. Denn jede WeMo hat eine eindeutige Adresse, an die man die Order senden kann. Und weil schieres Anknipsen natürlich banal ist, lassen sich mit der zugehörigen App komplexe Zeitpläne aufstellen und verwalten. So ist es beispielsweise möglich, die WeMo im Winter immer um 16 Uhr einzuschalten und im Sommer erst um 22 Uhr.

Das Ganze kommt momentan ziemlich breitschultrig als „Internet der Dinge“ daher, ist aber in der häuslichen Praxis wenig spektakulär. Denn den Strom an einer bestimmten Steckdose im Heim übers Smartphone ein- und auszuschalten, reißt in den Zeiten der Apps für alle Zwecke kaum jemanden vom Hocker. Zumal ja die Fernsteuerung der Heizung, der Beleuchtung oder auch der Rollläden kein ganz neuer Hut mehr ist. Im Grunde reiht sich die moderne Haussteuerung über das Internet in das Thema „Fernsteuerung per App“ ein. Der große Vorteil der neuen Methode ist, dass keine Systeme aus Sensoren, Schaltern und Vernetzung mehr angeschafft werden müssen, sondern nur WLan-fähige Sensoren und Schalter, die sogar von verschiedenen Herstellern stammen können, wenn sie denn mit denselben Codes gesteuert werden können.

Es geht aber auch komplexer. Nehmen wir mal das jahreszeitliche Thema „Heizen“. Es ist weder ökologisch sinnvoll, noch dem eigenen Geldbeutel zuträglich, die eigene Wohnung auch bei Abwesenheit aller Bewohner kuschelig warm zu halten. Ist der Einzelbewohner eines Single-Haushalts täglich von 8 bis 18 Uhr jobbedingt aushäusig, würde es ausreichen, wenn die Wohnung tagsüber auf 18°, 19° gehalten wird und erst zur Rückkehr des Berufstätigen auf 21°, 22° angewärmt wird. Bisher ging das auch schon über moderne Heizkörperthermostate, Raumtemperatursteuerungen und entsprechende Einstellungen. Kam der besagte Mensch aber mal eine oder zwei Stunden früher als programmiert, musste er frösteln bis die dann vorgenommene manuelle Einstellung zum Tragen kam. Lässt sich die Heizung aber per App steuern, sendet er einfach beim Verlassen des Büro einen Befehl per Smartphone und hat es dann bei Ankunft lecker warm.

Spannend wird Haussteuerung, wenn Sensoren ins Spiel kommen. Denn dann können per App auch Veränderungen aufgespürt und Werte ausgelesen werden – zum Beispiel der Stromverbrauch an einer bestimmten Dose. Bewegungsmelder können signalisieren, wenn jemand einen Raum betritt und gleichzeitig den Befehl auslösen, das Licht anzuknipsen. Und das alles mit dem Smartphone oder dem Tablet-PC als Schaltzentrale. So kann der fernbediendende Mensch dann auch feststellen, was die Steckdose so alles im Internet macht.

Wer sich als Haus- oder Wohnungsbesitzer, Hausverwalter oder Facilitymanager für das Thema interessiert, findet fortlaufend wertvolle Informationen auf der Website der Smarthome-Initiative unter www.smarthome-deutschland.de.

3 Gedanken zu „Hilfe! Meine Steckdose surft im Internet!“

  1. Das An- und Abschalten via Web ist meines Erachtens nur das Zuckerl auf der Torte. Viel spannender wäre die Möglichkeit, aus der Ferne die Frage zu klären: Ist der Herd auch wirklich aus? Und das Bügeleisen? Natürlich könnte man beides auch anders, simpler lösen: Über eine einfach einstellbare Zeitschaltfunktion: Wenn man bügeln will, muss man auf dem Bügeleisen einen Knopf drücken, und es läuft max. eine halbe Stunde lang. Ist es vor Ablauf dieser Zeit noch nicht ausgestöpselt, piept es dreimal. Wenn man dann immer noch bügeln will, dann drückt man den Knopf nochmal, sonst schaltet sich das Bügeleisen ab. Beim Herd könnte man es ähnlich machen: Die Kartoffeln brauchen 35 Minuten, also schaltet der Herd nach 35 Minuten ab. Die Belkin-Schuko-Dose würde bei einem Herd ohnehin nicht funktionieren, denn der braucht einen Dreiphasenanschluss…

  2. Noch was zur Temperatursteuerung: Eine auf 21 Grad aufgeheizte Wohnung braucht recht lange, bis sie auf 18 Grad oder weniger auskühlt. Kälter als 19,5 Grad wird es selten, oder man sollte sich mal Gedanken zu seiner Wärmedämmung machen. Insofern ist es kein großes Problem, einfach mal auf einen Knopf zu drücken, wenn man unvorhergesehenermaßen mal zwei Stunden zu früh nach hause kommt.

  3. Ja Frank, Du hast sicher recht. Und im Grunde ist klar: viele der Dinge gingen immer schon (mit mehr oder weniger ökologischem Bewußtsein) mit unterschiedlichen Techniken. Im Moment habe ich auch noch keine hochaktive Haussteuerung. Aber ich denke drüber nach – mal gucken wie Rainers Erfahrung damit auf Dauer aussieht ;-)

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