Meine digitale Befreiung

Der Computer: Befreiung von der Handschrift.
Der Computer: Befreiung von der Handschrift.

Diktat: 1, Schrift: 6. Wie lange habe ich mich und andere mit meiner Handschrift geplagt? Lag es an der Feinmotorik oder daran, dass ich ein halber Linkshänder bin? In jedem Fall war mir die Handschrift immer zu langsam, zu verkrampft. Ich haderte nicht nur mit meinen Gedanken, bevor sie zu Papier kamen, sondern auch noch mit der Schriftform, Schreibfehlern, Schmierern.

Die erste digitale Befreiung – die Textverarbeitung

Dann kamen Computer, die erste Textverarbeitung und der Neunnadel-Drucker. Plötzlich durfte ich schreiben, so schnell ich wollte und jeder konnte es lesen. Einen Text in der Mitte anfangen, später umstellen, dazu schreiben, löschen, verfeinern – für mich immer noch ein große Errungenschaft. Das Schreiben auf dem Computer war meine erste digitale Befreiung.

Später entdeckte ich meinen Amiga 500 als Musikmaschine. Ein Programm kombinierte Musik aus Tonhöhen, Samples und Zeitangaben. War die Musik gut? Weiß ich nicht. Die Stücke sind verschollen im 16-Bit-Nirvana. Aber mir hat es Spaß gemacht. Ich konnte Musik machen, ohne ein Instrument zu beherrschen.

Dann das Web. Ab jetzt durfte jeder publizieren, preisgünstig ohne Papier und Verlag. Ok, das war keine „Befreiung“ in diesem Sinne. Publizieren durfte ich in all den Jahren als Redakteur und Autor. Das Web aber hat mich befreit von der Form, von den Textlängen, von Themenvorgaben und letztlich auch von Verlagen.

Die zweite digitale Befreiung – eine Programmiersprache namens PHP

Richtig los mit dem Online Publizieren ging es Ende der Neunziger. Denn da kam die Programmiersprache PHP auf, mit der plötzlich jeder seine eigene Web-Anwendung schreiben durfte. Ohne Java, ohne verzwackte cgi-bin-Konstrukte. Einfach so: Programm schreiben, hochladen, laufen lassen – eine eigene Publikationsform schaffen. Für mich die zweite digitale Befreiung.

Meine erste Digitalkamera mit zwei Megapixel
Meine erste Digitalkamera mit zwei Megapixel

Zu jener Zeit kamen auch die Digitalkameras auf. Damals nicht ernst zu nehmen im Vergleich mit den Film-Fotoapparaten. Und doch erfüllten die Digicams ihren Zweck: Kleine Bildchen für die Veröffentlichung online schießen. Also nicht nur eigene Texte schreiben und publizieren, sondern auch noch eigene Bilder – so wie ich sie brauche und wie sie zu meinem Text passen. Preisgünstig und schnell.

Eine digitale Filmkamera Sony PMW F3
Selber Filme machen – das ist digitale Revolution :)

Ironischerweise habe ich den Trend zu digitalen Filmkameras erst einmal verschlafen. Ich bin beim Audio-Podcasting hängen geblieben. Mit wenig Equipment eigene Radiosendungen machen. Toll, oder? Aber irgendwie ist das eingeschlafen. Denn 2007 habe ich mir die erste Filmkamera gekauft. Und auch sie war gemeinsam mit Youtube eine kreative Befreiung. Eigene Filme machen und veröffentlichen. Ohne Sender, für kleines Geld.

Im Rückblick ergibt alles einen Sinn. Die digitale Technik hat mir den Freiraum gegeben, mich kreativ auszuprobieren, zu lernen und Formen zu finden, meine Geschichten zu erzählen. Egal ob als Text, in Fotos, per Audio oder Video. Ob das alles tolle Geschichten sind? Ich weiß es nicht. Aber ich bin dankbar dafür, dass ich mich in allen medialen Formen bewegen und ausprobieren durfte.

Das ist für mich die wahre digitale Revolution.

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