Die Komponenten des IKEA-Tradfri-Systems (Foto: IKEA)

Smarthome konkret: Philips Hue vs IKEA Tradfri

Eine Expertin sagte vor einiger Zeit: „Smarthome fängt bei der Beleuchtung an.“ Da ist viel Wahres dran, weil Otto Neusmarthomer sich vermutlich am ehesten an die schlaue Steuerung seiner Lampen traut, bevor er zugunsten von Alexa auf die guten, alten Fernbedienungen für seine Medienkomponenten verzichtet. Insofern ist es ein schlauer Schachzug der schwedischen Möbelisten, sich mit einem Lichtsystem auf den Smarthome-Zug zu wagen. Wo doch IKEA in Deutschland mittlerweile ohnehin die mit Abstand meisten Leuchten, Lampen und Leuchtmittel verkauft. Allerdings treffen die Elche auf diesem Spielfeld gleich auf den aktuellen Tabellenführer: Philips. Die Niederländer haben, das bestätigen alle, die sich auskennen, bei ihrem Hue-System von Anfang an alles richtig gemacht. Wer sich ein Starter-Set anschafft, kann sofort loslegen, ohne sich gleich in die Theorie des Smarthomes einlesen zu müssen.

Glühbirnen fernsteuern schon smart?

Alexa und ihr Freund, der RM Pro
Alexa und ihr Freund, der RM Pro
Dabei stellt sich aber die Frage, ob es schon smart ist, wenn man Glühbirnen per Remote Control steuern kann. Sagen wir so: Da fängt es an. Denn das, was aktuell unter Smarthome verstanden wird, beginnt beim fehlenden (oder nicht mehr benötigten) Schalter. Eigentlich ein alter Hut; Lampen, die man per Händeklatsch ein- und ausschalten konnte, gab’s schon in den Achtzigern. Und Strahler, die sich per Bewegungsmelder anknipsen lassen, sind sogar noch älter. Tatsächlich aber beginnt Smarthome bei der Idee, dass der Mensch auf dem Sofa sitzend alle seine elektrischen Geräte (fern)steuern kann. Dies per Wlan und eine App auf dem Smartphone zu tun, ist dann Stufe Zwei. Weil Apps das können, kommt in Level 2.5 noch die Zeitsteuerung hinzu, dass also das Licht im Flur ab 24 Uhr von selbst aus- und morgens um 6 wieder angeht. Die höchste Stufe ist aber erreicht, wenn der Herrscher der Dinge nicht mal mehr ein Phone braucht, sondern alles über gesprochene Befehle steuert.

Siri vs Google Assistant vs Alexa
Siri vs Google Assistant vs Alexa
Und so sehr sich Google auch mit Home müht (von Apple ganz zu schweigen, das bei diesem Thema drastisch ins Hintertreffen geraten ist), Amazon ist mit dem Echo-System und der darin wohnenden Alexa derzeit das Sprachsteuerungsmaß aller Dinge. Heißt konkret: Wer Smarthome-Zeug anbieten will, muss Alexa können. Philips Hue konnte dies von Anfang an. Ja, man kann sagen, Hue war eine Killerapplikation für Amazon Echo, weil jedermann mit der Kombi aus diesen beiden Teilen sofort und problemlos erleben konnte, wie das grundsätzlich geht mit der Sprachsteuerung von elektrischen Komponenten. Deshalb nimmt Hue in der Alexa-App bis heute noch den wichtigsten Platz ein, und kleinere Hersteller, die mitmachen wollen, tarnen ihre Devices einfach als Hue-Dinger und können mitspielen.

Teures Hue, billiges Tradfri

Das preiswerteste Hue-Starterkit von Philips
Das preiswerteste Hue-Starterkit von Philips
Nun ist der Hue-Kram von Philips aber auch schweineteuer. Das günstigste Starter-Kit mit der Bridge und zwei LED-Birnen schlägt bestenfalls mit 70 Euro zu Buche. Wer gern das wirklich tolle Buntlicht haben will, der braucht das Kit mit Bridge und drei farbigen LED-Bulbs für gut und gerne 130 Euro. Da überlegt die sparsame Hausfrau, ob sie nicht lieber übers Wlan steuerbare Steckdose à 20 Euro anschafft und damit stinknormale Lampen steuert. Halt! So einfach kann man Philips Hue nicht abtun. Hinter dem System steckt eine Idee, die von den Niederländern schon seit Jahren verfolgt wird: Lichtambiente. Dabei geht es nicht mehr nur darum, Räumen das Dunkle auszutreiben, sondern mit Leuchtkörpern Stimmungen zu erzeugen, die bestenfalls sogar eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben. Auch die Ambilight genannte Eigenschaft von Philips-Flachbildschirmen gehört in dieses Thema. Auf Basis dieser Erfahrung bietet Hue eben die Möglichkeit, Millionen Farben zu erzeugen und die Wärme des Lichts stufenlos zwischen eiskalt und sehr heiß zu steuern.

IKEA bietet auch schicke Leuchtpanels an
IKEA bietet auch schicke Leuchtpanels an
IKEA hat im Tradfri-System, das man bis zu einem gewissen Grad als Hue-Klone sehen kann, eine andere Besonderheit: LED-Panel und -Türen. Damit wird ein Thema Wirklichkeit, das in den Fünfzigerjahren Hobbyelektroniker beschäftigt hat, die leuchtende Wand als Lichtquelle für Räume. Sanft glimmende Schrank- und Kommodentüren haben tatsächlich ihren Charme, und einfach ein solches (kabelloses) Panel irgendwo in die Ecke zu hängen wie ein Bild und es so hell zu haben, ist wirklich toll. Ebenfalls auf den Punkt gebracht ist bei IKEA die Zusammenstellung der Tradfri-Palette und die enge Abstimmung zwischen Tradfri-Komponenten und IKEA-Lampen und -Möbeln. Wer sich noch nicht ganz aufs Smarthome-Glatteis begeben will, arbeitet nur mit der Fernbedienung (bis zu 10 Komponenten) oder dem Handdimmer, der die Helligkeit durch Gesten im Raum steuert. Das alles geht so oder so ähnlich auch bei Hue (und den anderen geklonten Systemen kleinerer Hersteller).

Eine Frage der Bridge

Das Tradfri-Gateway, also die Bridge...
Das Tradfri-Gateway, also die Bridge…
Was kann man also grundsätzlich mit einem solchen intelligenten Lichtsystem anstellen? Sowohl bei Tradfri, als auch bei Hue kann man Birnen ein- und ausschalten. Und weil es sich grundsätzlich um LED-Leuchtmittel handelt, kann man die Lichtquellen auch dimmen. Nur bei Hue lassen sich die Farben und die Farbtemperatur fernsteuern. Das jeweils nur mit einem drahtlosen Dimmer, der keine weitere Installation erfordert, oder mit der jeweils zugehörigen Fernsteuerung. Damit das Ganze auch per App funktioniert, wird eine sogenannte Bridge (bei IKEA „Gateway“ genannt) gebraucht. Die leistet nichts anderes, als die angeschlossenen, schlauen Komponenten mit dem heimischen Wlan zu verbinde; sie erhalten dann ihre Befehle übers Drahtlosnetzwerk von einer Smartphone-App aus.

So geht das sowohl beim IKEA, als auch beim Philips-System. Allerdings – und das ist ja derzeit ohnehin das große Dilemma der Smarthome-Welt – sind die Systeme an diesem Punkt von Hause aus nicht miteinander kompatibel. Wer beispielsweise Broadlink-Wlan-Steckdosen oder IP-Kameras von Hama oder dergleichen im Einsatz hat, muss theoretisch mit verschiedenen Gateways und unterschiedlichen Apps arbeiten. Das ist mühselig und verwirrend, weil man als Smarthome-Williger ja nur eines will: den ganzen Kram über eine App steuern. Übrigens hat die App-Steuerung einen gigantischen Vorteil, der das Adjektiv „smart“ erst rechtfertigt: alles kann per App von überall auf dem Globus per Internet gesteuert werden. Nun hat IKEA aber einen großen Schachzug getan und in der Firmware der Tradfri-Komponenten die Möglichkeit implementiert, diese über eine Hue-Bridge zu steuern. Wir erinnern uns: Diese Bridge funktioniert nahtlos mit Alexa.

Die konkrete Lösung

Philips Hue macht das Wohnzimmer zur Lichtoase (Foto: Philips)
Philips Hue macht das Wohnzimmer zur Lichtoase (Foto: Philips)
Das heißt ganz konkret (und in der Praxis erfolgreich getestet): Man kauft das kleinste und preiswerteste Philips-Hue-Starterkit mit zwei Weiß-LEDs und der Bridge und dazu dann die wesentlich billigeren Leuchtmittel bei IKEA. Dann geht’s los: Zeitpläne werden in der Hue-App eingerichtet und Alexa in die Lage versetzt, das Lichtsystem zu steuern. Per App kann man orts- und zeitbezogene Szenarien basteln, also alle Birnchen im Wohnzimmer zur Szene namens „Wohnzimmer“ zusammenfassen. Brüllt man dann Alexa an, sie möge doch bitte das Wohnzimmer um 50 Prozent dimmen, dann sorgt sie dafür, dass das geschieht.

Wer auf die wirklich feinen Tradfri-Leuchtpanels steht, bindet sie nach Belieben ins System ein. Und nur wenn man die wunderschönen Farblichtspiele der bunten Hue-Birnen will, kauft man diese sündhaft teuren Leuchtmittel dazu. Um ein 08/15-Wohnzimmer mit einem smarten Lichtambiente-System auszurüsten, muss man so zwischen rund 120 und 200 Euro ausgeben. Ein Echo Dot samt Alexa schlägt weiteren rund 50 Euro zu Buche. Zusätzliche Effekte mit farbigem Licht erhöhen die Investition um ungefähr 100 Euro.

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