Garmin Vivofit am Arm

Was zur Hölle… Muss ich jetzt auch noch ein Fitnessarmband tragen?

Da der Verfasser dieses Beitrags inzwischen glühender Fan seiner Smartwatch ist und damit natürlich auch seine Fitness steuert, musste er sich nach einer anderen Zielperson umsehen. Und fand sie in Gestalt seiner besten Hälfte, die von sich lange behauptete, sie sei „techno-konservativ“. Der drehte der Autor im Vorübergehen ein sogenanntes Fitnessarmband vom Typ Garmin Vivofit an. Verbunden mit dem Befehl mit der Bitte, das Teil auszuprobieren. Natürlich hätte es auch jedes andere Bracelet sein können, zum Beispiel von Jawbone, Fitbit, Sony oder Polar – um nur die aktuell erfolgreichsten Anbieter zu nennen. Allerdings hat das ausgegebene Testteil den Vorzug, dass es momentan (Stand: Juni 2015) zu einem Straßenpreis von knapp 70 Euro zu haben ist; Tendenz: sinkend. Denn genau wie bei den wesentlich hipperen und cooleren Dingern von Jawbone und Fitbit ist auch am Garmin-Bändchen so arg viel nicht dran. Bisschen Gummi, kleine Elektronikkästchen, Display und natürlich eine App für das Speichern der Daten auf dem Smartphone.

garminErstaunlicherweise hatte die Dame auf Anhieb verstanden, weshalb der Packung zwei Armbänder aus Gummi beiliegen, aber nur ein Kästchen mit Anzeige. Ihr gelang es zudem, den Winzcomputer in das passende Bracelet zu clippen. Dann wurde es allerdings schwierig, weil die Handgelenke beide besetzt waren, was ja bei Damen nicht allzu selten vorkommt. Auf die Frage, ob sie sich das Ding vielleicht ums Fußgelenk schnallen solle, riet ich ab. Also kam der Schmuck links mal für ein paar Wochen in die Schatulle und wurde durch den schwarzen Reif ersetzt. Da die Testperson im Umgang mit ihrem Android-Phone inzwischen sehr gewieft ist, war die passende App ruckzuck installiert und noch ruckzucker die Connection zwischen Band und Phone hergestellt. Die Spiele konnten beginnen.

Während es in den ersten drei Tagen noch sanfte Erinnerungssprüche („Hast du das Ding angezogen?“) brauchte, ging ihr das Anlegen des Fitness-Messgeräts rasch in Fleisch und Blut über. Musste der Autor zunächst abends nach den Tagesergebnissen fragen, wurde er nach einer Woche bereits bei der abendlichen Erstbegegnung damit konfrontiert („Heute über 12.000 Schritte!“). Und dann brach der Ehrgeiz aus. Die Goals – so heißt es im Fitness-Sprech – wurden sukzessive hochgeschraubt, Tage, an denen sie nicht erreicht wurden, galten als verlorene Tage. Und die Statistik nahm bald einen großen Teil unserer Gespräche ein. Am ohnehin hohen Fitness-Level der Partnerin (die täglich über zehn Kilometer mit dem Rad zur Arbeit und zurück fährt – bei fast jedem Wetter) änderte das Armband wenig, eher am Gemütszustand. Denn ein solches Teil kann den Nutzer in eine Art Sisyphos-Schleife führen: Kaum hat man ein Ziel erreicht, wird ein höheres Goal eingestellt, das dann wieder nicht erreicht wird. Und so weiter.

armbandDie Stimmung schlug nach drei Wochen um. Aus dem interessanten Spielzeug wurde nun das Sch***ding, das in der Folge dann doch öfters mal vergessen wurde. Bis es dann auf dem Nachttisch landete, wo sein E-Ink-Display solange glühte bis der Akku endgültig entleert war. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre es Fitness-Bracelets von Jawbone, Fitbit, Sony oder Polar nicht anders ergangen, denn das Problem ist systemisch. Offensichtlich gibt es Menschen, die sich von der Vermessung ihrer körperlichen Bewegung motivieren lassen (der Autor), und Personen, denen genau das auf den Geist geht (die beste Hälfte). Und dann sind da noch die Leute, denen es genügt, ein solches Armband zu tragen, um sich besser zu fühlen. Ein guter, alter Freund mit deutlich sichtbarem Übergewicht hat nun schon seit einem Jahr ein Superduper-Fitbit-Dings am Handgelenk, für das er seinerzeit ungefähr so viel zahlte wie man heute für eine Android-Smartwatch ausgeben muss. Neulich kamen wir ins Gespräch, und die bessere Hälfte fragte ihn, ob es denn was gebracht habe. Er grinste und sagte völlig ironiefrei: Ich hab das überhaupt nicht programmiert, aber es erinnert mich ständig daran, dass ich mal was für mein Gewicht tun müsste.

Bleibt die Frage, ob sich die Anschaffung eines Fitness-Armbands für die Menschen jenseits des Digital-Native-Äquators überhaupt lohnt. Die Antwort fällt erheblich differenziert aus. Erstens: Wer immer schon gern mit einem (mechanischen) Schrittzähler rumgerannt ist, wird ein Fitness-Gadget lieben! Zweitens: Wer ohnehin eine Smartwatch nutzt, braucht so ein Teil definitiv nicht. Drittens: Wer sich ohnehin viel und regelmäßig bewegt, braucht keine Vermessung. Viertens: Leute, die mit einer Kombination aus veränderten Essgewohnheiten und körperlicher Betätigung abnehmen wollen, können von der Nutzung eines Fitness-Zählers erheblich profitieren. Fünftens: Bei den allermeisten Normalkonsumenten würde es die Anschaffung eines mechanischen oder auch elektronischen Schrittzählers für teilweise unter 10 Euro auch tun.

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