Im Feindesland – warum der Amiga Freunde brauchte (1)

Sein größtes Problem war, dass ihn irgendwie keiner so recht wollte am Anfang. Und eigentlich mochte ihn auch kaum einer. Viele haben ihn sogar bekämpft… Aber die Macht war stark in diesem jungen Computer. Alles was er brauchte waren ein paar entschlossene Freunde am Anfang. Das ist, aus meiner Sicht, der Anfang der Geschichte eines der genialsten Computer der Welt in Deutschland. Die Geschichte des Amiga. Und so wurden wir Freunde – wenn das auch nicht immer ganz leicht war. Mitten im Feindesland: Ja – die Rede ist von Atarien… ;-) 

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Narenkappe? Was über den Amiga machen? Blödsinn… Doch! Christian in den 80igern mit Amiga Kappe

„Sie wollen ein Buch über den Amiga machen? Ich denke sie wollen Geld verdienen…?“ Dr. Achim Becker war ernsthaft überrascht. Ich arbeitete damals als Werbetexter in einer Düsseldorfer Agentur und schrieb „nebenbei“ Computerbücher zusammen mit Hannes Rügheimer. Und Data Becker wollte gerne, nach dem wir einigen Erfolg mit C64 Geschichten hatten, dass wir als Autoren zu Data wechselten.  Also lag eine Liste von geplanten Titeln vor mir, für die man Autoren suchte. „Freie Auswahl…“, schmunzelte der Doc, wie er allgemein genannt wurde. Das war großzügig. Aber leider nicht genug für unsere Pläne. Auf der Liste war gaaaanz viel Atari. Noch allerhand C64 und das eine oder andere, was so unter sonstiges lief. Nur nichts vom Amiga.

„Geld verdienen mit dem Buch? Ne – dafür habe ich ja einen Job. Ich will ein Buch über den Amiga machen, weil der einfach der Rechner ist.“

Christian zu Dr. Achim Becker

Bild: Wikipedia, Kaiiv, CC BY-SA 3.0 de
Bild: Wikipedia, Kaiiv, CC BY-SA 3.0 de

Auch wenn es sich nach Gutmensch anhört – es ging mir nicht ums Geld verdienen. Ich hatte mir einfach folgendes überlegt: wenn das Buch soviel einspielt, dass sich der Amiga den ich kaufen muss damit bezahlen lässt und vielleicht ein bisschen Software zum testen bei mir landet – dann hat sich die Arbeit schon gelohnt. Ich wollte einfach mit diesem Computer was machen. Filme, Animationen, Grafik – er war all das, was ich vom C64 gewollte hatte (aber nicht konnte), vom ST nicht bekam und beim Mac gar nicht erst suchte.

Die Stimmung zwischen Commodore und unserem Verlag: Eiszeit

Jack Tramiel und Sohn (1 von 1)
Jack Tramiel und Sohn – eine Macht im Computermarkt. Und der große Gegner des Amiga… Fotografiert bei einem Interview dass ich mit beiden machte – einige Jahre nach dem Amiga-Start. Da sprachen sie auch wieder mit mir ;-)

Es war ein offenes Geheimnis, dass Dr. Becker auf sehr gutem Fuße mit Jack Tramiel von Atari stand und darum die Bücherlisten und auch die Softwarepläne sich extrem in Richtung Atari bewegten. Was Data und andere deutsche Verlage machten, das war damals auch für die US-Hersteller sehr wichtig. Deutschsprachige Bücher von den großen Verlagen waren ein zentrales Erfolgselement für den Markt. Data und M&T waren darum – und auch wegen ihrer Zeitschriften – ein Faktor, der nicht zu unterschätzen war. Und Data Becker hatte noch dazu mit dem Ladengeschäft in Düsseldorf eine Art Pilgerstätte für Computerfans. Darum war die mangelnde Unterstützung und auch öffentliche Kritik von „Data Becker“ und Dr. Becker an Commodore und dem neusten Spross Amiga auch schmerzvoll für die Macher. Und weil man das als ungerecht empfand waren unser neuer Verlag und Commodore alles mögliche – aber nicht die allerbesten Freunde.

Kopfschütteln war normal, wenn wir Amiga sagten

Amiga-Verkaufsstart bei Data Becker
Dr. Achim Becker: Chef von Data Becker und Winfried Hoffmann, Chef von Commodore Deutschland. Zwischen beiden herrschte wegen des Amiga Eiszeit.

Verleger Achim Becker und Commodore Chef Winfried Hoffmann hatten darum auch eher eine persönliche Eiszeit. Das wir ausgerechnet in dem Atari-Verlag ein Buch zum für Commodore so wichtigen Amiga machen wollten, löste in Frankfurt Kopfschütteln aus.

Genauso Kopfschüttelnd – wie so viele andere in dieser Zeit – nahm der Doc zur Kenntnis, dass er uns mit keinem anderen Buch locken konnte. Also kam „Amiga für Einsteiger“ auf die Liste der geplanten Titel, auf der es vorher nicht stand. Aber damit war das Drama noch nicht vorbei. Das allgemeine Gelächter im Verlag schlug um ihn Verärgerung, als klar wurde, dass wir wollten, dass das Buch ein Hardcover werden sollte, dass es (ein absolutes Novum) 32 Farbseiten haben sollte und dass wir uns auch noch einen sehr speziellen Text-Stil überlegt hatten. Es sollte lustig sein. Lustig!

Das Lektorat war vom Manuskript entsetzt

Amiga-Covers
Lustige Computerbücher? Geht gar nicht!

Vielleicht war es ja das, was mich und dann letztlich auch Hannes mit dem Amiga verband. Er war anders. Und wir wollten andere Computerbücher machen. Unser erster Versuch ein lesbares Computerbuch zu schreiben war zwar verlegt worden – aber Erfolg sah anders aus… Unser C64 Buch war ein Flop. Dann kamen andere Titel. Der Erfolg (allerdings mehr wegen der Ideen dahinter als wegen des Stils) stellte sich ein. Und dann kamen Artikelserien wie „Durchs wilde Pokeistan“ wo wir auch unseren Stil umsetzen konnten und damit Erfolg hatten. Darum war klar: Amiga für Einsteiger wird lustig. Achja: hatte ich schon erwähnt dass es auch Cartoons im Buch gab? Kurz: das Lektorat war entsetzt als wir abgaben. Nachdem wir aber „Wunschautoren“ des Verlegers waren, wurde erstmal nur gesagt: „Das ist aber ungewöhnlich geschrieben… Und: die Aufteilung ist nicht sehr…wissenschaftlich… Wollen Sie da nicht nochmal drüber gehen? Oder sollen wir vielleicht…“ Ne – wollten wir nicht. Sollte die nicht. Nicht wissenschaftlich? Klar – das sollte das Buch auch nicht sein. Ungewöhnlich? Genau unser Plan. Langer Rede, kurzer Sinn: das Buch erschien, von Protesten im Haus begleitet, so wie wir es wollten. Und es verkaufte sich. Denn im Grunde gab es zwar nicht viele Amiga-Freunde in Deutschland in einer von Atari und auch Apple geprägten Welt. Aber die Amiga Fans die es gab hatten, wie ich auch, einfach ihre Freundschaft für diesen Computer entdeckt. Und das Buch sprach ihnen aus der Seele – genau durch den Stil, die Headlines, die Farbseiten und all den anderen Besonderheiten. Es passte zum Amiga und damit zu seinen Fans. Unglaubliche 39 Mark kostete es – und verkaufte sich dennoch.

Allerdings auch, weil wir eine Sache machten, die keiner für möglich gehalten hatten: wir holten die Premiere des Amiga in Sachen Verkauf nach Düsseldorf. Zu Data Becker. Mitten ins Feindesland. Wie das – trotz mieser Stimmung zwischen den Häusern klappte? Mehr dazu lest ihr hier in der zweiten Folge.

6 Gedanken zu „Im Feindesland – warum der Amiga Freunde brauchte (1)“

      1. 500er ? Christian?!?! 500 und 1200 waren diese schrägen Gehäuse, die man aufsägen musste um eine externe Festplatte dran anzuschließen (hab noch ein paar davon im Kellerschrank rumliegen). Das auf dem Bild ist „der“ Ur-Amiga: ein 1000er. Unter der Klappe – vorne in der Mitte – war die Speichererweiterung, rechts der „Expansion-Slot“ für z.B. die Golem-Erweiterung (2 MB), Festplatten-Adapter und später für den Freezer. Die ersten A1000, die nach Deutschland kamen waren NTSC-Teile für die man ein Vorschalt-Netzteil brauchte. Auf der Systems (München) bin ich vor lauter Faszination bei der Präsentation umgekippt. Zuckermangel :-) Meinen A1000 hab ich damals dann auch gleich für sündhaft viel Geld (mit 512 KB-Erweiterung und original externer Floppy zum anlegen dezentraler Sicherungskopien) gekauft – zum Lieferumfang gehörte damals Kickstart 1.0 (später 1.2 – und wehe Du hattest nicht die richtige Kickstart zu der Software!), Workbench und natürlich Deluxe Paint. *seufz* Meine Freundin lebt heute immer noch ;-)

        Als der 2000er kam empfand ich das als Verrat an den Amiga-Idealen: Das Gehäuse sah schon so dröge nach PC aus und, dann gab es da so eine PC-Karte. Ne, ging gar nicht.

  1. Bei dem Amiga von oben handelt es sich natürlich um eine Amiga 1000.

    Allerdings ist schwer zu erkennen ob mit 256 KB oder schon mit 512 KB… :-)

  2. Keine Frage und keine Verwirrung. Ganz oben im Titelbild ist gar kein Amiga. Das ist nur ein Commodore Rennwagen. Das war damals so ein Symbol. Ähnlich wie übrigens die Concorde ein Symbol in Deutschland für den Amiga war. Als Werbegeschenk. Und zu Joachim: ja, diesen Amiga 1000 kenne ich auch nur zu gut. Inkl. NTSC und amerikanischem Netztteil ;-) Auf jeden Fall Danke für eure Anmerkungen und Ergänzungen… War ne schöne Zeit. Und jetzt ist auch ne schöne Zeit ;-)

  3. Ganz oben im Titelbild ist zwar ein Rennwagen, aber auch ein Commodore Amiga 3000T im Hintergrund darüber – das Tower Model vom 3000er. Das Ding sieht einfach nur geil aus, ich hatte so einen von 1995-2001.

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