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12 PC-Programme, die mal ganz wichtig waren

Ehemals ein wichtiges PC-Programm: der Norton Commander

Ehemals ein wichtiges PC-Programm: der Norton Commander

Ganz ehrlich: In den Achtziger- und Neunzigerjahren haben wir uns wenig Gedanken darüber gemacht, welche Software man noch im dritten Jahrtausend auf dem PC nutzen würde. Wir haben uns, um auch das zu gestehen, überhaupt recht wenig darum gekümmert, was bleibt, was geht, was ist und was wird. Und plötzlich schrieb man das Jahr 2016, und der Verfasser dieses kleinen Listicals fragte sich eines Tages: Gibt’s eigentlich den Pagemaker noch? Worauf ihm insgesamt ein Dutzend Programme einfiel, die mal ganz schrecklich wichtig waren. Hier sind sie:

1. Norton Utilities

Peter Norton und seine Utilities
Die Mutter aller Utilities ist heute eine Mumie. Denn Utilities sind ausgestorben. Jedenfalls fast. Entstanden sind sie, weil das allmächtige MS-DOS ganz viele Dinge nicht konnte. Nach ihrem Erfinder, dem findigen Software-Ingenieur Peter Norton benannt, waren die Norton Utilities von etwa 1981/82 an so etwas wie der Werkzeugkoffer, den jeder ernstzunehmende PCler jederzeit dabei hatte. Darin fanden sich u.a. SpeedDisk, ein Defragmentierer, Undelete, ein Dateiwiederherstellungsprogramm (), Disk Editor, ein Festplatteneditor sowie File Find, das Dateisuchprogramm. Bis zur letzten Version mit der Nummer 7, die dann irgendwie auch für Windows gut sein sollte, wuchs das Bündel an, wurde aber nicht besser – eher im Gegenteil. Als Microsoft dann endlich (fast) alle Hausaufgaben mit Windows 3.1 erledigt hatte, verschwanden die Norton Utilities langsam, aber sicher in der Versenkung.

2. Norton Commander

Als der Autor dieses Artikels im Jahr 1985 zum ersten Mal einen Norton Commander auf seinem Dienst-PC installiert und dann gestartet hatte, sagte er laut Zeitzeugen sehr laut „Wow!“. Denn mit diesem Dateiverwaltungsprogramm hatte jeder User auf einmal den vollen Zugriff auf alles, was sich auf Disketten und Festplatten abspielte, und zwar: KOMFORTABEL. Zwar war die Benutzeroberfläche so gar nicht grafisch, aber dem Hantieren mit DOS-Befehlen mit und ohne Batcherei war das Ding haushoch überlegen. Es war nun ganz einfach, Dateien zu kopieren, zu verschieben, zu löschen und umzubennen. So einfach würde es erst wieder mit Windows 3.11 werden, als das Microsoft-Fenster einen halbwegs brauchbaren Explorer spendiert bekam.

3. Pagemaker

Der Pagemaker – hier mal auf französisch
Plötzlich war Desktop Publishing in aller Munde – das war so um 1986 herum und hatte einerseits viel zu tun mit der Ankunft der ersten Postscript-Laserdrucker und andererseits mit der Sucht der ambitionierten Anwender nach WYSIWYG. „What You See Is What You Get“ lautete die Parole der Stunde, denn endlich wollten die Leute am Bildschirm genau das sehen, was später aus dem Drucker kommen sollte. Außerdem war gerade auch noch „Jeder sollte XYZ am PC selbst machen können“ angesagt. Diese tiefen Wünsche erfüllte der Pagemaker, weil nun jeder am PC selbst Drucksachen entwerfen konnte – jedenfalls theoretisch. Denn in der Praxis waren es die gelernten Grafikdesigner, dies es konnten. Der Pagemaker kam ursprünglich von Aldus und fiel Adobe im Laufe der großen Welteroberungskriege der Softwareriesen in die Hände. Heute kriegt man das Programm in einer stark veralteten Version als Freeware, und Adobe empfiehlt den letzten Mohikanern den Umstieg auf InDesign.

4. Ventura Publisher

Ventura Publisher – schön, aber kompliziert
Der zweite Meister auf dem DTP-Feld hieß Ventura Publisher, verfolgte einen ziemlich anderen Ansatz, den nicht jeder wirklich durchschaute, war aber um ein Vielfaches leistungsfähiger als der Pagemaker, was ihn zum Scheitern verurteilte. Zumal das Programm so dermaßen schweineteuer war, dass es sowieso fast nur raubkopiert genutzt wurde – ein mieses Geschäftsmodell für die winzige Firma Ventura, die sich 1995 in den Schoss von Corel flüchtete, das den Publisher im Laufe der großen Welteroberungskriege der Softwareriesen übernahm. Weil derweil das ehemalige Grafikprogramm Corel Draw (siehe unten) zu jener Zeit mit allerlei Glöckchen und Flöten (man sprach damals von „bells & whistles“, wenn ein Programm an allen Ecken und Kanten Zusatz-Features hatte…) aufgeblasen war, schob man ein paar Funktionen rüber und nannte das Ding Corel Ventura – was das baldige Verschwinden in der Versenkung zur Folge hatte.

5. Corel Draw

Corel Draw – einst die universelle Grafiiklösung
Dies war einst DAS Grafikprogramm schlechthin! Es konnte Pixel- und Vektorgrafik und enthielt Elemente einer CAD-Software. Weil Corel Draw sehr schnell, sehr erfolgreich wurde, war bald ein ganzer Strauß an Erweiterungen und Zubehör zu haben, vor allem Schriftarten, Muster und Vorlagen. Als dann auch noch das Prinzip Seitengestaltung eingeführt wurde, war Draw die erste eierlegende Wollmilchsau der PC-Software-Geschichte. Und hätte es bleiben können, wenn das Unternehmen Corel sich nicht an den großen Welteroberungskriegen der Softwareriesen in den frühen Neunzigern beteiligt hätte. So aber…

6. WordPerfect

Wordperfect musste man mögen, aber wenn man es tat, dann konnte man Wordstar rechts überholen…
Natürlich war auch WordPerfect nie perfekt, aber in der Vor-Windows-Ära und in der ersten Zeit, als Word für Windows noch ein wenig schwächelte, war dieses Textverarbeitungsprogramm ziemlich nah dran an der Perfektion. Die ganzen Wordstar-Veteranen waren zu WordPerfect übergelaufen, weil ihnen das Ding aus der mormonischen Softwareschmiede näher lag, als das genauso mächtige, aber nicht so flexible MS Word. Eigentlich müsste jetzt wieder die Geschichte der großen Welteroberungskriege kommen, aber das würde ja auch langsam langweilig. Tatsächlich hatte das Unternehmen Novell nach einer geradezu fantastischen Erfolgsgeschichte als Netzwerk-Spezialist im Jahr 1993 die Idee, sich ein Office-Paket mindestens so toll wie das von MS zusammenzukaufen, und erwarb nicht nur WordPerfect von WordPerfect, sondern auch die Tabellenkalkulation Quattro Pro von Borland. Wir alle wissen, was in der Folge mit diesen PC-Programmen geschehen ist.

7. Lotus 1-2-3

Lotus 1-2-3 wurde in kürzester Zeit zum Standard bei den Spreadsheets
Nein, 1-2-3 war nicht das erste Tabellen-Kalulations-Programm für den PC, das war MS Multiplan, und recht eigentlich war 1-2-3 aus dem Hause Lotus anfangs eine Art Multiplan-Klone. Weil das Produkt aber auf Anhieb richtig gut war, wurde es zu einem solch riesigen Erfolg, dass mindestens zwischen 1983 und 1988 der Begriff „1-2-3“ synonym für Tabellenkalkulation stand. Dann kam Excel, und 1-2-3 kriegte die Kurve hin zur Windows-Anwendung nicht ganz sauber, was sich in drastisch sinkenden Verkaufszahlen ausdrückte. Ja, je mehr Unternehmen auf Windows umstiegen und damit auch auf die damalige Kombi aus Word und Exel, desto schneller flog das Lotus-Ding aus den Softwareportfolios der Firmen. Übrigens: Excel ist bei Licht betrachtet anfangs eher ein 1-2-3-Klone gewesen als ein Nachfahre von Multiplan…

8. dBase

Wenn Anfang der Achtzigerjahre das Wort „Datenbank“ aussprach, fragte jeder im Raum: „dBase“? Wir hatten ja sonst nichts. Und was wir hatten, damit konnten wir nicht umgehen. Denn dBase war was für stille Wissenschaftler in weißen Kittel mit einer Auswahl Zeichenstifte in der Brusttasche. Wer je ein ganz kleines bisschen mit SQL rumgemacht hat, wird glauben, er könne Datenbank – Pustekuchen! Für dBase hätte es nicht gereicht. Wobei dieses Ergebnis einer wirklich langen Forschung der Raumfahrtindustrie in jeder Hinsicht Vorläufer ALLER Datenbankprogramme und sogar -sprachen war, die sich danach so auf PCs rumgetrieben haben. Wer genau dBase den Todesstoß versetzt hat, ist unklar, aber heute hat nicht einmal mehr das über viele Jahre beliebte dBase-Datenformat noch eine nennenswerte Bedeutung, und von dBase selbst ist nur noch ein Framework für Geoinformationssyteme übriggeblieben.

9. F&A

F&A, das Datenbankprogramm mit natürlicher Sprache, dem man ernsthafte Fragen stellen konnte
Apropos dBase: Als Symantec 1985 eine Software namens Q&A auf den Markt brachte (die wenig später als F&A auf Deutsch zu haben war), war das der Hammer: Ein Datenbanksystem, dass praktisch jeder benutzen konnte und dessen Inhalte mit „natürlicher Sprache“ abgefragt werden konnten. Ja, man tippte in Bezug auf eine Adressdatenbank ein „Wieviele Damen wohnen in Buxtehude?“ und bekam die Liste aller weiblichen Kontakte mit Wohnsitz in der Stadt, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen. F&A war richtig, richtig teuer, aber dank einer ziemlich ausgefuchsten Datenbanksprache auch Basis für wirklich professionelle Anwendungen. F&A verstarb im Zuge der diversen Umstrukturierungen von Symantec und lebt weiter als „Sesame“.

10. Quicken

Quicken muss heute leider FinanzManager heißen, kann aber noch alles…
Das Finanzprogramm Quicken markiert einen Einschnitt in der Historie der PC-Programme, weil es eines der ersten Stücke Software war, die ganz auf einen bestimmten Zweck ausgerichtet waren. Im konkreten Thema Einnahme-Überschuss-Rechnung und umzu hatte man bis dahin gern mit 1-2-3- oder Excel-Tabellen improvisiert. Quicken war aber ein Programm mit einer fest definierten Datenbank für alle Informationen rund um finanzielle Transaktionen. In den USA war das Ding aus dem Hause Intuit ab etwa 1986 ein extremer Renner – in Deutschland dümpelte Quicken trotz eines sehr engagierten Teams eher vor sich hin, sodass irgendwann Lexware, der Softwarearm des Haufe-Verlags, das Produkt übernahm und inzwischen unter dem schwer originellen Namen „FinanzManager“ vermarktet.

11. Netscape

Bis zur Ankunft des Internet Explorers von Microsoft war der Netscape Navigator uneingeschränkter Chef im Browser-Ring
Es dauerte Mitte der Neunzigerjahre ein Weilchen bis das Ding, mit dem man irgendwie in dieses Internet kam, Browser genannt wurde und dann „Netscape“ hieß. Im Grunde könnten wir noch heute mit Netscape 61.4 durchs Web surfen, wäre Bill Gates nicht irgendwann auf den Trichter gekommen, kein eigenes Microsoft-Internet zu basteln, sondern am Ganz Großen Netz mitzumachen. Zur Strafe bekamen wir den Internet Explorer, und all die Ahnungslosen benutzen den. Das machte dem wunderbaren Netscape den schnellen Garaus. Immerhin verdiente sich Netscape-Macher Marc Andreessen beim Verkauf an AOL eine ziemlich goldene Nase, die er in buchstäblich Tausende Beteiligungen an Start-Ups ummünzte. Aus den schäbigen Resten der Netscape-Maschinerie wurde dann der Firefox. So kann’s gehen…

12. Laplink

Das todschicke, blaue Laplink-Kabel
Obwohl es sowohl das Unternehmen, als auch einen Nachfahren dieses wunderbaren Utilities gibt, ist Laplink fast ganz in Vergessenheit geraten. Und das ist sowas von ungerecht! Denn dieses Programm war DIE Lösung zur Datenübertragung und – Achtung! – -synchronisierung in den Zeiten vor USB. Zum Paket gehörte das schicke blaue Monsterkabel, mit dem man zwei PCs sogar per Parallelschnittstelle verbinden konnte. Und für reisende Arbeiter mit Laptop war Laplink das einzige ernstzunehmende Werkzeug, um die unterwegs verzapften Dokumente mit denen auf dem heimischen Desktop-PC auszutauschen. Braucht man heute alles nicht mehr, gibt ja USB und die Cloud.

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