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Was zur Hölle… muss uns die Blockchain wirklich interessieren?

Das Blockchain-Prinzip

Der Begriff „Blockchain“ geistert ja immer wieder durch die Medien – vom Fachmagazin bis zur Talkshow -, aber gerade wir in Ehren ergrauten Computerfreaks fragen uns dann gelegentlich: Und, was hat das mit uns zu tun? Denn meistens wird das Thema Blockchain im Zusammenhang mit dieser oder jener Kryptowährung verhandelt. Das ist kurzsichtig und falsch, denn die Blockchain ist definitiv ein Teil der digitalen Welt von morgen … spätestens.

Tatsächlich: Expert:innen der Citigroup (Citi GPS) prognostizieren, dass Blockchain-Anwendungen in acht bis zehn Jahre die Datenlagerung und -verarbeitung dominieren werden … und dass wir Anwender:innen das kaum merken werden. Und das liegt an den zugrundeliegenden Eigenschaften der Blockchain-Technologie. Das lässt sich historisch mit einem Vergleich erklären. Denken wir einmal an die berühmt-berüchtigte Tabellenkalkulation. Die entscheidende Idee war es, Tabellen mit eindeutig identifizierbaren Spalten und Zeilen anzulegen und die dabei entstehenden Zellen mit Werten zu füllen. So kann jede Zelle als Variable in mathematischen Gleichungen fungieren. Weil man solche Gleichungen in Gestalt von Formeln ebenfalls in Zellen einfügen kann, lässt sich mit einer solchen Tabelle rechnen.

Quattro Pro, die ziemlich geniale Tabellenkalkulation von Borland

Technisch betrachtet sind die klassischen Datenbankprogramme auch Tabellen. Jede Zeile repräsentiert genau einen Eintrag, die Spalten bestimmen die Art und das Format der Eigenschaften eines solchen Datensatzes. Das macht es möglich, Daten zu sortieren und nach Eigenschaften zu filtern. Kleines Computer-ABC, also. Im Prinzip ging und geht es immer darum, Daten aufzubewahren, um sie wiederzufinden und/oder mit ihnen Kalkulationen anzustellen.

Da nimmt es nicht weiter wunder, dass es die Finanzwirtschaft – neben der Wissenschaft – war, die schnell Gefallen an Tabellenkalkulations- und Datenbankanwendungen fand. Schließlich ist das Kontobuch, auch Journal oder Hauptbuch genannt, seit Jahrhunderten zentrales Instrument alle Handels- und Finanzgeschäfte. Während man ein Hauptbuch allein durch die gesicherte Aufbewahrung vor Fälschungen schützen konnte, sah das bei den digitalen Repräsentationen schon anders aus: Wer sich Zugang zu einer Datenbank verschafft und deren (Passwort)Schutz überwindet, kann Datensätze ändern, also fälschen.

Das Kontor eines Buchhalters mit traditionellem Hauptbuch

Womit wir beim Bitcoin-System sind, dieser Währung, die der bis heute anonym gebliebene Mensch namens Satoshi Nakamoto 2007 „erfunden“ hat. Der Person (oder Gruppe, wie manche vermuten) hinter dem Pseudonym war klar, dass eine dezentral und digital ausgegebene Währung nur funktionieren würde, wenn die einzelnen Coins fälschungssicher ihrem:r jeweiligen Besitzer:in zuzuordnen sind. Wenn also jederzeit klar ist, wem ein Bitcoin gehört, und diese eindeutige Zuordnung nicht gefälscht werden kann.

Diese Forderung passte perfekt zu den Entwicklungen rund um die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), die dezentrale, digitale Hauptbücher (englisch: Ledger) ermöglichen soll. Wir erinnern uns: Das klassische Journal war bis dahin in seiner digitalen Form nichts anderes als eine Datenbank für finanzielle Werte. Jeder Datensatz repräsentiert einen solchen Vermögenswert, die Spalten geben die Eigenschaften an – beispielsweise das Datum der letzten Änderung, den Wert an sich, die Währung, in der er gefasst ist, den Besitzer und so weiter.

Mysteriöses Ambiente in einem modernen Rechenzentrum

Das Revolutionäre an der Blockchain ist es, dass nun nicht mehr in irgendeinem Rechenzentrum irgendwo auf dem Globus eine riesige Datenbank haust, in der Kontobewegungen als Datensätze eingetragen sind wie in einem Kontobuch, sondern dass jeder Finanzwert in einem Block gespeichert ist, der eindeutig einem Inhaber zugeordnet und – vor allem – durch kryptografische Maßnahmen vor Fälschungen geschützt ist. In Sachen Bitcoin (und der vielen anderen Kryptowährungen, die es inzwischen gibt) bedeutet dies, dass jede einzelne „Münze“ eindeutig einem eindeutig identifizierbaren Besitzer zugeordnet ist. Wird ein Bitcoin verkauft, wird der Inhalt seines Blocks entsprechend geändert.

Damit das Ganze dezentral funktioniert, ist die Blockchain öffentlich, also für jeden einsehbar, der wissen will, wem die Bitcoins gehören. Und zwar dadurch, dass der:die Interessent:in eine Kopie der Blockchain downloaded und nachsieht. Weil sich aber das Blockchain-Prinzip nicht nur auf die Einheiten einer Währung anwenden lässt, stürzte sich vor gut zehn Jahre die weltweite Finanzindustrie auf das Thema. Mittlerweile werden in einer Blockchain alle möglichen und legalen Formen von Vermögenswerten gespeichert, also Inhaberschuldverschreibungen, Unternehmensanteile, Besitzrechte an Immobilien und vieles mehr.

Das eWpG regelt den Finanzverkehr

Die Kombination aus Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie bietet die inzwischen auch rechtlich geregelte und zugelassene Form der digitalen Darstellung von Vermögenswerten. In Deutschland ist dafür seit 2021 das elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) zuständig, das genau bestimmt, wie die Aufzeichnung der Werte und der zugehörigen Transaktionen digital zu geschehen hat; ein Gesetz übrigens, das inzwischen von vielen Staaten als Vorbild für die eigene Gesetzgebung betrachtet wird.

Digitalentwickler sind pfiffig, und so entstand schnell das Prinzip der Smart Contracts, also der schlauen Verträge. Denn in einem Block können nicht nur statische Informationen abgelegt werden, sondern Progrämmchen, die bestimmen, was unter welchen Bedingungen mit dem Inhalt eines Blocks geschehen soll. So kann ein Smart Contract bewirken, dass sich der definierte Wert in Abhängigkeit von Datum und Zeit ändert. Mittlerweile ist eine Reihe eigener Programmiersprachen entstanden, mit denen sich Smart Contracts für die jeweiligen Blockchains programmieren lassen.

Der Inhalt eines Blockchain-Tokens

Überhaupt gibt es seit einiger Zeit nicht mehr nur die Blockchains der mehr oder weniger bekannten Kryptowährungen, also vor allem Bitcoin und Ethereum, sondern auf die Aufzeichnung ganz bestimmter Werte und Transaktionen hin entwickelt wurden. Ja, es ist sogar möglich, private Blockchains aufzusetzen, die eben nicht öffentlich zugänglich sind – einige große Bankenkonzerne und Handelsunternehmen setzen solche Systeme bereits ein, und auch wissenschaftliche Institutionen setzen zunehmend auf die Blockchain-Technologie als Alternative zur klassischen Datenbanktechnik.

Nun hat sich seit rund sieben, acht Jahren ein weiterer Begriff in die Blockchain-Technologie geschlichen: der Token. Seitdem existieren in der Blockchain-Technologie zwei unterschiedliche Konzepte für der Aufzeichnung von Informationen und Transaktionen. Der Block fungiert als grundlegende, in sich abgeschlossene Einheit auf der Blockchain. In einem Block werden gesammelte Daten beziehungsweise Transaktionsdaten kryptografisch gesichert; Blocks sind in der Blockchain nach festen Regeln miteinander verknüpft. Jeder Block in einer Blockchain enthält einen Verweis auf den vorherigen Block, sodass eine Kette von Blöcken entsteht, die man Blockchain nennt, wird. Durch diesen Verweis auf den vorherigen Block wird die Integrität und Sicherheit der Daten in der Blockchain gewährleistet.

Ein Notar beglaubigt eine Urkunde

Ein Token wird dagegen als digitale Darstellung von Vermögens- oder anderen -werten verwendet. Tokens werden auf einer Blockchain-Plattform erstellt und ausgegeben. Tokens können unterschiedliche Funktionen und Verwendungszwecke haben. Die aktuell wichtigsten Arten von Tokens sind Utility-Tokens, Security-Tokens und Stablecoins. Am wichtigsten im Umfeld der Finanzbranche sind dabei Security-Tokens, mit denen Besitzanteile an Vermögenswerten dargestellt werden. So werden Security-Tokens als digitale Wertpapiere genutzt.

Das heißt zusammengefasst: Blöcke sind Bausteine einer Blockchain, die Transaktionen und Daten enthalten, während Tokens digitale Vermögenswerte innerhalb einer Blockchain repräsentieren und verschiedene Verwendungszwecke haben können. Ein Block fungiert eher als strukturelles Element, während ein Token die digitale Repräsentation eines Wertes darstellt.

Money, money, money…

Und wieder die Frage: Was hat das mit uns als Otto und Liese Normalanwender:in zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, denn ob jemand eine per Papierurkunde oder digital besicherte Anleihe erwirbt und besitzt, macht für den:die Eigentümer:in keinen Unterschied – Hauptsache, der Besitz ist fälschungssicher dokumentiert. Das gilt genauso für das gute, alte Girokonto; und da wird’s spannend. In Asien und den USA sind bereits Bankinstitute dabei zu prüfen, ob man die Verwaltung solcher Girokonten nicht auch auf der Blockchain durchführen kann. Denn das ist tendenziell kostengünstiger und in jedem Fall (daten)sicherer, zudem erlaubt es einen wesentlich schnelleren und ebenfalls kostengünstigeren Zahlungsverkehr.

Drehen wir die Blockchain-Schraube ein wenig weiter. Auf einer Blockchain können Daten jeglicher Art digital, dezentral, transparent und fälschungssicher gespeichert und Transaktionen unter anderem per Smart Contracts ausgeführt werden, nicht nur Besitzrechte. Wer denkt da nicht an die digitale Gesundheitsakte? Oder die Melde-, Pass- und Ausweisdaten, die heutzutage allesamt in zentralen Datenbanken gespeichert werden – mit allen damit verbundenen Sicherheitsrisiken.

Kann also gut sein, und damit kommen wir zum Schluss, dass die Citi-GPS-Expert:innen genau das meinen, wenn sie der Blockchain-Technologie eine über die jetzt schon rasant wachsende Bedeutung in der Finanzbranche eine glänzende Zukunft als DIE Methode der dezentralen und fälschungssicheren Datenspeicherung und -verwaltung vorhersagen.

[Bildnachweis: Alle Abbildungen in diesem Beitrag wurden über Bing mit dem Microsoft Image Creator und der generativen Bild-KI DALL-E erstellt.]

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