Küchenmaschinen werden zu Rezept-Dolmetschern und Handys überleben eine Woche – Unsere IFA-2025-Live-Geschichten

Was verbindet bunte Lichtexperimente, Überwachungskameras, die auf „Zeig mir den weißen Hund“ reagieren, und Smartphones, die eine Woche ohne Steckdose durchhalten? Antwort: Die IFA 2025. Dreimal haben wir live vom Berliner Messegelände geschaltet – und Hannes hat Geschichten mitgebracht, die zeigen: KI ist nicht mehr nur Ankündigung, sondern Realität. Manchmal genial, manchmal teuer, aber immer mit der Frage im Hintergrund: Brauchen wir wirklich für jedes Hausgerät ein Abo?

Es gibt Messen, die vergisst man schnell. Und dann gibt es Messen wie die IFA 2025, bei denen man wirklich das Gefühl hat: Hier passiert gerade etwas Grundlegendes. Als wir unsere drei Live-Schalten aus Berlin machten, wurde mir eines klar: KI ist endgültig aus den Laboratorien, den Büros und Fabriken in unsere Küchen, Wohnzimmer und natürlich in unsere Hosentaschen gewandert. In die der privaten Hosen…

Aber beginnen wir am Anfang. Und der war – typisch IFA – ziemlich bunt. Auch wenn es in unserem Fall etwas unfreiwillig war…

Wenn der Experte zum Osterei wird: Bosch testet Lichttechnik

„Ich sehe jetzt ein bisschen grün aus, aber das liegt wohl an der Beleuchtung hier“, war Hannes‘ erste Bemerkung, als wir zur ersten Schalte zusammen kommen. Was wir da sahen, war kein Übertragungsfehler, sondern Bosch. Denn die testeten am Stand gerade die Lichttechnik für ihre Kochvorführungen. Hannes‘ Gesichtsfarbe wechselte munter zwischen grün, rosa und blau – ein wandelndes Osterei der Technik-Berichterstattung.

Der Grund für die bunten Lichtexperimente hatte allerdings nichts mit unserem eigentlichen Thema zu tun. Wir waren am Bosch-Stand, um über die neue KI-Funktion für den CookIt zu sprechen, eine Küchenmaschine mit künftig erweiterter KI-Kochfunktion. Der „AI Recipe Converter“ verwandelt Online-Rezepte von Plattformen wie Chefkoch.de, Eat Smarter oder Foodblogs in CookIt-kompatible Anleitungen. Das ist zumindest das Versprechen.

„Den CookIt selber gibt es tatsächlich schon länger. Das ist so etwas ähnliches wie ein Thermomix“, erklärte Hannes. „Neu ist jetzt, dass sie angekündigt haben – das kommt aber erst im Herbst – dass die App eine KI integrieren wird, die auch Rezepte aus fremden Quellen erkennen und analysieren kann. Egal ob von Internetseiten, abfotografiert aus dem klassischen Kochbuch im Regal oder von Omas handgeschriebenen Rezepten von vor 60 Jahren auf Papier. Die KI übersetzt das dann in das Format, das die Küchenmaschine braucht.“

Kochen Digisaurier bald nur noch digital und mit KI?

Das klingt erstmal fantastisch. Endlich kann man Omas handgeschriebene Rezepte in die moderne Küchenwelt überführen. Aber als jemand, der schon mal versucht hat, ein altes Familienrezept nachzukochen, kommen mir aber sofort Fragen: Was bedeutet es genau, wenn da „eine Prise“ steht? Was macht die Maschine in der Anleitung für den Nutzer daraus? Oder wenn Oma ein Gewürz verwendet hat, das es heute gar nicht mehr zu kaufen gibt?

„Es wird eine spannende Frage sein, wie die KI damit umgeht, wenn in einem Rezept etwas steht, was die Maschine nicht leisten kann“, fragte ich nach. Hannes‘ Vermutung: „Das wird dann entsprechend markiert und dem Benutzer mitgeteilt: ‚Diesen Schritt musst du selbst machen‘.“ Alleine schon weil solche Maschinen eben nicht alles können. Teig rühren? Klar. Risotto? Eh. Aber etwas bruzzeln mit Röstaromen. Vielleicht weniger.

Das Abo-Problem: Wenn jedes Hausgerät zur Kasse bittet

Und hier kommt das große „Aber“ der KI-Revolution 2025: Vermutlich wird kaum etwas davon kostenlos sein. KI braucht Rechenpower, und Rechenpower kostet Geld. Viel Geld.

Sofort stellt sich mir die Frage: Wie finanziert sich das auf Sicht für die Hersteller? Hannes erklärte das potenzielle Dilemma: „Abos vermutlich. Und das wirft natürlich auch die Frage auf: Wie viele Abos will ein normaler Nutzer denn abschließen? Da könnte man schnell auf ein paar hundert Euro pro Monat kommen, wenn man alles so nutzt, wie es die Hersteller anpreisen.“

Das erinnerte uns an BMW und ihre gescheiterten Sitzheizungs-Abos. „BMW hat versucht, die Sitzheizung als Abo-Modell anzubieten. Die Hardware war eingebaut – man musste sie aber gegen Gebühr freischalten lassen. Das ist ihnen richtig um die Ohren geflogen“, erinnert Hannes.

Die Realität ist: Wir steuern auf eine Welt zu, in der wir für unsere Küchenmaschine, unseren Fernseher, unser E-Bike und unsere Überwachungskamera monatlich bezahlen sollen – sobald ein bisschen mehr als die Grundfunktion gewollt ist. Das kann schnell zu einem dreistelligen Betrag anwachsen – und das nur für die „intelligenten“ Funktionen unserer bereits bezahlten Geräte.

„Zeig mir den Paketboten“ – Überwachungskameras werden zu Detektiven

Bei Reolink sahen wir, wohin die KI-Reise bei Überwachungskameras geht. Das neue KI-System ReoNeura unterstützt fortschrittliche Funktionen wie Perimeterschutz, automatische Videobeschreibungen und sogar Kundenstromanalyse für Geschäfte.

„Du kannst dann zum Beispiel als Privater Nutzer eingeben: ‚Zeig mir alle Aufnahmen, die einen Paketboten in der letzten Woche zeigen‘ oder ‚Neulich ist ein weißer Hund bei uns im Garten herumgelaufen – zeig mir diese Aufnahme'“, beschrieb Hannes die neue Funktion.

Mit „ReoNeura“ lassen sich Aufnahmen von Reolink-Überwachungskameras per KI nach bestimmten Inhalten durchsuchen. Screenshot: Reolink

Das ist schon beeindruckend. Statt stundenlang durch Videoaufnahmen zu scrollen, kann man einfach nach „Mann in rotem Hemd“ oder „weiße Katze“ suchen. Die KI erkennt nicht nur, dass da ein Mensch oder ein Tier ist, sondern auch, wie sie aussehen.

Vergleichbare Lösungen konnten Hannes in den folgenden Tagen übrigens auch noch bei Arlo, TP-Link und anderen Kamera-Herstellern sehen – KI-Videosuche ist bei Überwachungskameras ein echter Branchentrend.

Aber auch hier gilt: Das dürfte nicht umsonst zu haben sein. Die komplexe Videoanalyse läuft in Rechenzentren ab – und deren Betrieb koster Geld. Also ziemlich sicher wieder ein Abo.

Hier geht es zu unserem Youtube Video zu diesem Abschnitt.

Ray Dolby hätte seine Freude: Eine kleine Zeitreise in die 80er

Zwischen all den KI-Geschichten gab es auch einen nostalgischen Moment. Bei der Weltpremiere von „Dolby Vision 2.0″ habe ich mich kurzerhand in mein 80er-Jahre-Ich verwandelt und erklärt, warum Ray Dolby für uns Jugendliche ein Held war:

„Musik, das bedeutete damals Platte oder Kassette und meistens für uns als Jugendliche Kassette – weil man, sagen wir mal, bedingt legal die Musiksendungen im Radio mitschnitt. Aber dann war da dieses Magnetband-Problem. Jede verdammte Kassette rauschte bei der Wiedergabe wie ein Wildbach in Tirol. Ihr wisst schon, diese Geräuschkulisse, die uns ähnlich traumatisiert hat wie die obligatorischen Familienwanderungen in den Bergen…“

Kein Kassettendeck ohne Dolby – das war die Devise der 80iger und 90iger…

Dolby hat aber schon vor vielen Jahren begonnen, sich nicht nur um den Ton zu kümmern, sondern auch um immer perfektere Bildwiedergabe. Dolby Vision 2.0 ist die neueste Entwicklung in diesem Bereich. Das System funktioniert mit Metadaten in den Videostreams, die Information über Farbe, Helligkeit für jede Szene und jedes Bild enthalten, um die Bilddarstellung an kompatible Displays anzupassen.

Die Max-Version für echte Hochklasse-Fernseher kann unter anderem sogar das Umgebungslicht messen und die Bilddarstellung entsprechend anpassen. „Es ist wie ein virtueller Bildtechniker, der ständig im Hintergrund arbeitet.“, sage ich. Hannes grinst: „Schönes Bild…“

Das ist das Video wo wir nicht nur Dolby 2.0 erklären und beschreiben, sondern auch der Christian aus den 80iger sich zu Wort meldet. Viel Spaß!

Eine Videowand, die ohne Video wie eine Holzwand aussieht – optische Tricks auf der IFA

Ein weiteres Highlight aus Hannes‘ Sicht war sein Besuch am Stand von Sharp. Dort zeigte man eine Videowand, deren Wechsel zwischen den Modi man selbst erleben muss, um es zu glauben.

„Das sind kleine, etwa DIN A4 große Einzelkacheln, die man zusammensetzt und auch herausnehmen kann. Sie haben eine Oberflächenstruktur, die – wenn der Bildschirm nichts anzeigt – aussieht wie Holz oder Beton. Man kann sogar ein großes Foto darauf produzieren lassen. Aber sobald sie eingeschaltet werden, wird die Wand zum Display und spielt Video ab“, erklärte Hannes die Innovation.

Schon in ein bis zwei Jahren will Sharp Displays liefern, die ausgeschaltet wie eine Holz- oder Betonwand aussehen. Bild: Hannes Rügheimer

Das Faszinierende: Man kommt in einen Raum, sieht eine Holz- oder Betonwand – und plötzlich tritt diese Struktur in den Hintergrund, und ein bewegtes Bild erscheint. Die Oberfläche ist aufgedruckt, hat also keine Tiefenstruktur – wirkt aber mit etwas Abstand täuschend echt. Wichtig ist aber: man muss anfangs entscheiden, was auf der Wand zu sehen sein soll, wenn sie ausgeschaltet ist. Das lässt sich nicht beliebig ändern, sondern muss beim Kauf beziehungweise der Produktion der Kacheln feststehen. Den Wechsel vom Holz-Modus zum Video-Modus könnt ihr bei uns im Video auf dem Youtube-Kanal sehen.

Und das Beste: Die Technik soll relativ bezahlbar werden. Sharp verspricht Preise um 1.500 Dollar pro Quadratmeter. Das ist für kleinere Unternehmen durchaus finanzierbar – und wir überlegen schon, ob das die neue Digisaurier-Studio-Rückwand werden kann…

Digital Detox aus Polen: Ein Handy, das sieben Tage durchhält

Zwischen all der KI-Euphorie gab es auch einen Gegenentwurf: Das Mudita Kompakt, ein polnisches Smartphone mit E-Ink-Display und Digital-Detox-Philosophie.

„Es hat keine Google-Dienste und beschränkt sich auf die wichtigsten Funktionen. Du hast Karten, SMS und E-Mail, aber das Phone ist eher gedacht für den Urlaub oder das Wochenende – für Situationen, in denen Du nicht ständig gestört werden willst“, erklärt Hannes.

Das Mudita Kompakt hält mit einer Akkuladung bis zu 7 Tage durch. Nicht schlecht für ein – wenn auch etwas limitiertes – Android-Smartphone. Bild: Hannes Rügheimer

Und ein weiterer Vorteil: Dank E-Ink-Display, stromsparende Komponenten und den Verzicht auf ständigen Datenaustausch, hält das Gerät mit einer Akkuladung bis zu 7 Tage durch – eine Akkulaufzeit, die an die guten alten Nokia-Zeiten erinnert. 7 Tage ohne Steckdose waren ja früher durchaus für Mobiltelefone möglich. Waren halt keine Smartphones…

Das ist der Gegenentwurf zur KI-Revolution: Weniger ist mehr. Keine ständigen Benachrichtigungen, keine ablenkenden Apps, nur die Grundfunktionen eines Telefons. Dass das Konzept ankommt, zeigen auch die Designpreise, die das Mudita Kompakt während der IFA bereits eingeheimst hat.

Zurück zu den guten alten Zeiten in Sachen Handy?

Strom sparen ohne Solaranlage: Die neue Flexibilität

Ein Thema, das mich persönlich auch fasziniert hat, waren die neuen Stromspeicher-Lösungen. So zeigte man Hannes zum Beispiel bei EcoFlow Systeme, die auch ohne Photovoltaik-Anlage Sinn machen können.

„Du kannst diese Speicher nutzen, um mit variablen Stromtarifen zu arbeiten“, erklärte Hannes das Konzept. „Die signalisieren dir über die App, wann der Strom günstig oder teuer ist. Du bekommst sogar einen Tag vorher eine Prognose, wann die Preise steigen oder fallen werden.“

Das ist klug gedacht: Man lädt zum Beispiel nachts den Speicher, wenn die Preise niedrig sind. Beim Kochen mittags verbraucht man dann erstmal den günstigen gespeicherten Strom. Denn mit 3,6 Kilowattstunden kann man durchaus eine Stunde lang eine Herdplatte betreiben – oder andere Geräte laufen lassen, während der Strompreis gerade hoch ist. Klar – am komfortabelsten ist das mit Photovoltaik auf dem Dach. Aber das ist für Mieter oder Wohnungsbesitzer oft keine Option. Demgegenüber bieten variable Strompreise da neue Möglichkeiten.

Stromspeicher wie hier der Ecoflow Stream Ultra X bieten Anschlüsse für Solarpanels und den dafür nötigen Wechselrichter. Bei Bedarf können sie aber auch ganz ohne Photovoltaik genutzt werden – dank variabler Stromtarife. Foto: Hannes Rügheimer

„Aufwendig installiert werden muss bei diesen Speichern nichts,“ sagt Hannes noch auf meine Frage: „Die werden einfach an die Steckdose angesteckt und geben dann den Strom ins Haus-Stromnetz ab. Dabei gilt allerdings das auch für Balkonkraftwerke gültige Einspeiselimit von 800 Watt. Oder man nutzt die Steckdosen, die direkt an den Stromspeichern sind. Die bieten dann zwei mal 1200 oder einmal 2300 Watt – wenn man Geräte, die viel Strom brauchen, direkt und nur aus dem Speicher betreiben will.“

„Wir haben wieder eine ganze Menge interessanter Innovationen gesehen“, fasste ich zusammen, als wir die letzte Schalte beendeten. Und das stimmt. Die IFA 2025 hat gezeigt: KI ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern Alltag. Manchmal sinnvoll, manchmal fragwürdig. Aber für uns alle immer mit der entscheidenden Frage im Hintergrund: Was kostet der Spaß? Und ist es uns das wert?

Was bleibt von der IFA 2025?

Nach drei Live-Schalten und vielen Stunden Recherche bleibt ein gemischtes Bild. Die Technologie macht Sprünge, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Küchenmaschinen verstehen handgeschriebene Rezepte, Überwachungskameras erkennen Paketboten an der Uniform, Holzoberflächen verwandeln sich in Videowände.

Bildquelle: IFA 2025

Aber der Preis für diese Fortschritte ist hoch – und damit meine ich nicht nur den Kaufpreis. Wir bewegen uns in eine Welt, in der wir für jedes „intelligente“ Feature unserer Geräte monatlich bezahlen müssen. Das kann schnell unübersichtlich und teuer werden. Hier wird der Verbraucherschutz einiges zu tun haben. Und nicht zuletzt auch gesunde Menschenverstand.

Andererseits gibt es auch Gegenbewegungen wie das Mudita Kompakt, das zeigt: Manchmal ist weniger mehr. Ein Handy, das einfach nur ein Handy ist – das hat durchaus seinen Reiz.

Die IFA 2025 war ein Spiegelbild unserer Zeit: Zwischen KI-Euphorie und Digital Detox, zwischen genialen Innovationen und Abo-Müdigkeit, zwischen technischen Wundern und der Sehnsucht nach Einfachheit.

Eins steht jedenfalls fest: Langweilig wird es nicht. Und wir Digisaurier werden auch weiter aus unserer eigenen Sicht darauf berichten. Aber wer weiß – vielleicht haben wir in ein paar Jahren tatsächlich alle eine Videowand im Wohnzimmer, die aussieht wie Holz, Beton oder Tapete, bis sie uns die neuesten KI-generierten Rezepte im Kochvideo zeigt. Das Video natürlich erstellt mit KI-Avataren. Und bezahlt natürlich über ein Abo.

Apropos: Habt ihr schon unseren kostenlosen Podcast abonniert? Wer sich das alles gerne anhören will. Hier der Podcast zum Artikel:

Kennt ihr schon solche KI-Funktionen in euren Hausgeräten? Oder seid ihr eher Team Digital Detox? Schreibt uns eure Erfahrungen in den Kommentaren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert