Last Updated on 11.04.2025 by Redaktion Digisaurier
Es war kalt. Trotz der Heizkanonen. Wir waren etwa 50 Leute. Frauen und Männer. Wir hatten die Funkgeräte griffbereit – ohne zu wissen ob der Funk gleich noch gehen würde. Ich werde diese Nacht nie vergessen. In Ihrer Dramatik, aber auch Ihrer Komik. Y2K – das Jahr 2000 Problem sorgte dafür dass meine heutige Frau und ich die Sylvesternacht von 1999 auf 2000 in großer Anspannung verbrachten. So wie viele Menschen auf der ganzen Welt. Das war der Millenium Bug – und hier ist unsere Geschichte dazu…
Zusammen mit all den anderen Mitgliedern unserer Freiwilligen Feuerwehr verbrachten wir dieses spezielle Silvester in einem eigens aufgebauten Zelt der Feuerwehr – in Bereitschaft. Die Uhr tickte dem Jahr 2000 entgegen, und wir saßen da, Funkgeräte griffbereit, Dieselgenerator und wir selbst im Standby. Und andauernd guckten wir trotz fröhlicher Musik, Getränke und Essen nervös auf die Uhren. Warum? Na, wegen der digitalen Apokalypse! Erinnert ihr euch noch? Der Moment, als die halbe Menschheit dachte, die Computer würden beim Jahreswechsel kollektiv den Geist aufgeben – und zwar alle auf einmal.

Und nein, das war kein Verschwörungsmythos von Aluhut-Trägern, sondern sorgte für ernsthafte Sorgenfalten bis in die höchsten Regierungsetagen. Sogar ich, der ich eigentlich „vom Fach“ war, saß sicherheitshalber in Uniform in Bereitschaft statt auf irgendeiner Party. Trotz allem, was ich im Vorfeld recherchiert und auch bei „Neues… die Computershow“ berichtet hatte. Es blieb ein komisches Gefühl. Man wollte bereit stehen. Just in case.
Wie sich herausstellte, waren die einzigen Systemausfälle an diesem Abend später bei den Leuten überall auf der Welt die in Bereitschaft waren zu beobachten. Und zwar nachdem klar wurde, dass alles reibungslos lief und man dann doch erleichtert die alkoholischen Getränke auspackte, um noch ein bisschen Sylvester zu feiern.
Die digitale Zeitbombe tickt – und alle drehen am Zeiger
In den frühen Tagen der Computertechnologie war Speicherplatz schwerer zu finden als Gold. Also wirklich schwerer zu finden als Gold, nicht nur im übertragenen Sinne! Ich erinnere mich noch an Hannes ersten Programmierversuche auf dem C64, wo jedes Byte zählte. Und genau diese Sparsamkeit sollte uns Jahre später fast um die Ohren fliegen.
Warum? Die schlauen Köpfe der Frühzeit sparten bei Datumsangaben und speicherten nur die letzten zwei Ziffern des Jahres. Aus „1998“ wurde schlicht „98“. Was völlig logisch erschien – vierstellige Jahreszahlen? Pfft, wer braucht sowas? Die Programme würden doch sowieso niemand mehr im Jahr 2000 nutzen! Tja, Überraschung: Viele dieser Programme liefen immer noch… auf Mainframes bei Banken, Kraftwerken, Flughäfen und – ihr ahnt es – Notdiensten.

Ich kann mich noch erinnern, wie ich bei unseren ersten PC-Büchern, an denen wir schrieben, eher zufällig feststellte, dass man das Datum nicht auf 2000 stellen konnte. Es war irgendwann mitten in der Nacht, weil wir mal wieder knapp dran waren mit der Manuskriptabgabe, schrieben wir immer noch an einem Kapitel rund um MS-DOS. Ich probierte rum, stellte fest, dass das nicht ging und fand das damals lustig. Zu Hannes, meinem Mit-Digisaurier und Co-Autor sagte ich: „Guck mal: Bill Gates und die anderen glauben nicht an die eigene Zukunft. Im Jahr 2000 ist Schluss.“ Wir lachten beide und machten weiter. Die Tragweite des Problems wurde uns nicht klar. Es war gegen 2 Uhr morgens…

Man könnte fast sagen: Hätte man den Programmierern der 70er und 80er mehr Speicher gegönnt, hätte ich Silvester 1999 nicht im Feuerwehrzelt verbringen müssen. Aber die echte Ironie kommt noch: Diese Sparfüchse schafften ein Problem, an dem später eine ganze Industrie prächtig verdiente. Aber dazu komme ich noch.
Weltuntergang oder Panikmache? Der größte Stresstest aller Zeiten
Die Angst vor dem digitalen Armageddon wuchs wie die Spielesammlung eines C64-Besitzers mit einem passenden „Kopierprogramm“ – kurzfristig aber dann schnell. Experten prognostizierten den Totalausfall kritischer Infrastruktur. Stromnetze down. Flugzeuge im Blindflug. Bankkonten auf null. Chaos pur. Sogar die Kaffeemaschinen würden durchdrehen – okay, das letzte war vielleicht übertrieben, aber man weiß ja nie.

Wisst ihr noch, was manche Menschen damals machten? Sie begannen, Lebensmittel zu horten, Generatoren zu kaufen und Bargeld unter die Matratze zu legen. Aber die wirklich schrägen Geschichten findet man im Netz. Auf einer amerikanischen Webseite, die skurrile Y2K-Geschichten sammelt, berichtet ein User:
„Meine Mutter war eine von denen, die überzeugt waren, dass für Y2K alles implodieren würde. Sie dachte, es würde wie ein postapokalyptischer Albtraum werden – keine Lebensmittel in den Geschäften, Banken geschlossen, Menschen, die randalieren – das volle Programm. Sie versuchte verzweifelt, mich, meine beiden Brüder und unsere Familien zu überreden, zu ihrem Haus auf dem Land zu kommen und uns für die Dauer einzubunkern. […] Ich werde niemals den Anruf vergessen, in dem sie mir erklärte, dass sie Konserven gehortet, einen Generator gekauft und eine MILCHKUH angeschafft hatte. Die Kuh war dafür da, dass die Kinder Milch haben würden, da es nach dem Zusammenbruch des Handels natürlich keine mehr im Laden geben würde. […] Keines der Kinder war überhaupt ein Baby, das Milch gebraucht hätte. Sie verkaufte die Kuh kurz nachdem nichts passierte. Wir lachen immer noch über die Y2K-Milchkuh.“
Wir haben das mal für Euch ins deutsche übersetzt. Vielleicht ist diese Geschichte nur eine urbane Legende. Aber die damalige Stimmung und Sorge beschreibt sie perfekt. Als ich das meinen Feuerwehrkollegen das später erzählte, kam tatsächlich kurz die Frage auf, ob wir nicht auch eine Kuh fürs Katastrophenzelt gebraucht hätten. Es waren ja auch Kinder mit dabei, weil man das alles ja zusammen mit der eigenen Familie machen wollte. Zum Glück blieben wir bei Limo, alkoholfreiem Bier (vor 12 Uhr) und belegten Brötchen.
Fun Fact am Rande: Meine Mutter rief mich damals an und fragte, ob sie ihren Videorecorder vom Strom nehmen sollte, damit er nicht „kaputt geht, wenn die Computer verrückt spielen“. Ich sagte ihr, dass VHS-Rekorder keine Ahnung haben, welches Jahr wir schreiben und es ihnen auch völlig egal ist – genau wie die meisten Teenager. Ich dachte den Vergleich versteht sie gut, wenn sie sich an meine Teenagerzeit erinnert. Hat nicht geklappt. Und war vielleicht nicht mein bester Vergleich. Oder ich war zu ernsthaft als Teenager? Egal.
Die deutschen Y2K-Sorgen – German Angst bei 56k Modem-Geschwindigkeit
In Deutschland war die Panik etwas gedämpfter als in den USA, aber dennoch spürbar. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) richtete eine eigene Taskforce ein – was übrigens cooler klingt, als es war. Als hätten sie Tom Cruise mit einem Team von Hackern aus Matrix (den es damals als Film übrigens wirklich schon gab: er kam 1999 in die Kinos) angeheuert. In Wahrheit waren es eher besorgte Beamte mit Extra-Kaffeemaschinen.
Unsere geliebte Deutsche Bahn gab rund 200 Millionen D-Mark aus, um ihre Computersysteme Y2K-sicher zu machen. Und was machten sie in der Silvesternacht? Sie ließen vorsorglich KEINE Züge fahren! Offiziell wegen der „Millenniumsfeierlichkeiten“, inoffiziell weil man Sorge hatte, dass alles mögliche doch schief geht und es ohne Ende Verspätungen oder spontane Ausfälle geben würde. Hmmm… Als ob die Bahn Ausfälle und Verspätungen je hätte wirklich erklären müssen…

Fairerweise muss man sagen: Die Sorge war nicht unbegründet. Ein Fehler in den Computersystemen hätte zu falschen Signalen oder Weichenstellungen führen können – mit potenziell katastrophalen Folgen. Bei aller Ironie: Es war eine vernünftige Sicherheitsmaßnahme.
Ehrlich gesagt, uns bei den Feuerwehren war es recht, dass die Bahn pausierte. Eine Sache weniger, um die wir uns Sorgen machen mussten. Obwohl… böse Zungen behaupteten damals, man hätte die Bahn-Computer einfach auf das Jahr 1900 zurücksetzen können, und kein Fahrgast hätte einen Unterschied bemerkt. Seufz.
Die digitalen Feuerwehrleute – Helden in Schlabberpullis und mit Pizzaflecken
Während wir als echte Feuerwehr in Bereitschaft saßen, kämpften die digitalen Feuerwehrleute – sprich: Programmierer – schon seit Monaten an der Y2K-Front. Weltweit wurde fieberhaft daran gearbeitet, die tickende Code-Zeitbombe zu entschärfen.
Ich erinnere mich an Mitarbeiter großer Unternehmen wie zum Beispiel Versicherungen, die mir damals, als wir Filme für „Neues… die Computershow“ zum Thema Y2K produzierten, erzählten, wie sie daran arbeiteten. Die armen Kerle verbrachten 1999 mehr Zeit mit COBOL-Code aus den 70ern als mit ihren Familien. „Es ist, als würde man versuchen, ein altes Auto zu reparieren, bei dem jemand die Bedienungsanleitung weggeworfen und alle Beschriftungen übermalt hat“, sagte mir einer einmal beim Interview. „Das System läuft zwar, aber keiner weiß mehr genau, welches Kabel wofür gedacht ist.“
Die Programmierer nutzten darum verschiedene Methoden, um das Problem zu beheben. Zum Beispiel diese drei…
- „Windowing“: Stellt euch vor, euer Computer hat eine Art mentales Fenster für Jahreszahlen. Alles zwischen „00“ und „49“ bedeutet „20xx“, alles zwischen „50“ und „99“ bedeutet „19xx“. Es ist ein bisschen wie bei der Oma, die alle jungen Leute automatisch für 20 hält und alle mit grauen Haaren für 70 – egal, wie alt sie wirklich sind.
- „Time shifting“: Ein ein wenig fieser Trick. Die Programme rechneten intern mit dem alten System weiter, aber vor der Ausgabe wurde das Datum automatisch korrigiert. Wie wenn ihr eure Küchenuhr immer 10 Minuten vorgeht, damit ihr nicht zu spät kommt, aber im Kopf wisst: „Es ist eigentlich 10 Minuten früher.“ Prima Überlegung, aber etwas verwirrend – wie… hmmm… ja genau: Wie die Bedienungsanleitung meines ersten Videorekorders.
- „Encapsulation“: Auch ne smarte Idee: Die „alte“ Software wurde in eine neue Schicht eingepackt, die alle Datumsangaben korrigierte. Fast wie ein Übersetzer zwischen Mensch und Computer. Wobei – auch nach heutiger Erfahrung mit automatischer Übersetzung zum Beispiel von YouTube-Videos – war das eine Lösung, bei der man durchaus skeptisch sein konnte. Aber Youtube gab es damals noch nicht. Und automatische Übersetzung von Videos schon erst recht nicht.
Wisst ihr, was das Verrückteste war? Diese undankbare Arbeit wurde von Menschen gemacht, die oft jünger waren als der Code, den sie reparierten. Der Code war nämlich so alt, dass die ursprünglichen Programmierer entweder in Rente waren oder zumindest sagten, dass sie keine Lust hätten, ihren uralten Mist zu erklären. In Wahrheit hatten viele den Code so schlecht dokumentiert, dass sie selbst nicht mehr wussten, was genau was getan hat. Damals war die Hauptsache: „Funktioniert doch…“

Der goldene Käfer: IT-Firmen als Gewinner – Cha-Ching in Computersprache
Während ich also in meiner Feuerwehruniform auf den digitalen Weltuntergang wartete, rieben sich die IT-Firmen die Hände. Das Y2K-Problem war wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen für die Branche.
Allein in Deutschland verdienten IT-Dienstleister geschätzte 15 Milliarden D-Mark! Zum Vergleich: Dafür hätte man damals ungefähr 7,5 Millionen Commodore Amiga 500 kaufen können (nicht dass das sinnvoll gewesen wäre, aber die Vorstellung gefällt mir).
SAP, unser deutsches Software-Flaggschiff, bot spezielle Y2K-Compliance-Pakete an. Deren Vertriebsleute müssen sich gefühlt haben wie Schneeschaufeln-Verkäufer während eines Blizzards. „Oh, Ihr System ist nicht Y2K-konform? Tja, dann müssen Sie wohl upgraden… kostet nur ein paar Millionen.“ zwinkerzwinker

Die Ironie war offensichtlich: Die Branche, die durch Speicherplatzsparen das Problem verursacht hatte, verdiente jetzt prächtig an dessen Lösung. Das ist in etwa so, als würde ich erst eure Autoreifen zerstechen und euch dann meine Dienste als Reifenmonteur anbieten. Okay – ein bißchen fies… Aber vermutlich ist dieser Gedanke nur der Tatsache geschuldet, dass ich in der Nacht wegen dem kleinen „Bug“ im zugigen Feuerwehrzelt saß und hoffte, dass nichts passierte. Was ich als „Experte“ natürlich andauernd auch von den anderen Mitgliedern der Feuerwehr gefragt wurde. Und nicht nur von denen. Seufz.

Der Countdown läuft – T minus 10, 9, 8…
Als der 31. Dezember 1999 näher rückte, hielt die Welt den Atem an. Auch bei uns stieg die Spannung. Und es bildeten sich zwei Lager. Einige waren sicher, dass eh nichts passieren würde und fingen schon mal an, Bier von draußen reinzuholen – aber natürlich noch nicht aufzumachen. Andere waren deutlich vorsichtiger und füllten sich die Wasserflaschen oder checkten nochmal Einsatzgeräte. Ich persönlich versuchte mich unauffällig in der Mitte zu halten. Als Experte sagte ich immer wieder: „Die Programmierer haben alles getan…“. Als jemand, der einige Programmierer und ihre Art, Dinge damals anzugehen, kannte, dachte ich: „…aber ob das ausreicht?“
Währenddessen lief im Fernsehen die ARD-Sondersendung „Guten Rutsch ins neue Jahrtausend“. Und im Hintergrund werkelten vermutlich die Techniker im Sendezentrum und hofften, dass auch da nicht alles zusammen brach… Im Zelt verfolgten wir den Countdown. Draußen knallten schon die ersten Böller – und das war tatsächlich in dieser Nacht schon irritierend genug… Ein Kracher nach dem anderen – und wir warteten ob wir die Sirenen hören würden, die zum Einsatz riefen.
Die Sekundenzeiger gingen auf Mitternacht. Unwillkürlich prüfte ich mein Funkgerät. Was, wenn gleich wirklich alles dunkel wird? Was, wenn die Kraftwerke verrückt spielen? Oder die Verkehrsampeln? Nicht zu vergessen die Geldautomaten, die plötzlich Millionen ausspucken könnten! (Auch das war ein Gerücht das sich hartnäckig hielt. Und es soll Leute gegeben haben, die wirklich vor den Geldautomaten warteten…)
Ich war – so eigenartig das klingt – gespalten. Ich hatte als Moderator und Filmemacher von „Neues… die Computershow“ mit so vielen Experten gesprochen, gesehen was alles gemacht wurde, dass ich dachte: Was passiert eigentlich, wenn jetzt gar nichts passiert? Was werden die Leute denken? Unsere Zuschauer? Komischer Gedanke, oder? Aber so sind wir Menschen.

Die Stunde der Wahrheit – Spoiler: War ziemlich langweilig
Und dann… passierte fast nichts. Verdammt nochmal! Uff! Juhuuu! Zum Glück. Der Jahreswechsel verlief so ereignislos, dass es fast enttäuschend war. Ich schaute auf die Uhr: 00:01 Uhr, Jahr 2000. Die Lichter brannten noch. Das Funkgerät funktionierte. Sogar der Bierkühler in unserem Zelt surrte fröhlich weiter.
„Soll ich mal bei anderen Feuerwehren anrufen?“, fragte einer meiner Kollegen. „Vielleicht haben die was bemerkt?“
Sie hatten nichts bemerkt. Niemand hatte etwas bemerkt. Die wenigen Probleme, die weltweit auftraten, waren etwa so dramatisch wie ein verrutschtes Sofakissen:
- In Japan funktionierten einige Geldautomaten nicht – aber mal ehrlich, wann funktionieren Geldautomaten zu 100%?
- In den USA zeigten einige Kreditkartenlesegeräte das falsche Datum an – als ob der Kassierer bei Walmart das je gemerkt hätte
- Das Wetteramt in Berlin-Brandenburg zeigte kurzzeitig das Jahr 1900 statt 2000 an – was vermutlich der Grund ist, warum die Berliner plötzlich von einem „herrlich heißen und trockenen Sommer wie 1900“ träumten, während sie im Januar des Jahres 2000 bei 2 Grad im Nieselregen standen
Die größte Krise in unserem Feuerwehrzelt? Gegen 3 Uhr ging das Bier aus. DAS war ein echtes Y2K-Problem. Wir hatten vor lauter Erleichterung dann doch etwas mehr gefeiert, als geplant war…
Um 7 Uhr morgens packten wir zusammen, müde, leicht verkatert und mit dem seltsamen Gefühl, auf eine Party gegangen zu sein, bei der der Hauptakt nie aufgetaucht ist. Aber gleichzeitig froh, dass das Chaos-Konzert nicht stattgefunden hat.
Nachspiel: Peinlich oder Heldenhaft? – Die Entkaterisierung einer fast-Katastrophe
Was als potenzielle Katastrophe begann, endete als Running Gag. „Y2K? War das nicht dieser Fehlalarm, bei dem alle durchgedreht sind?“ Haha, sehr witzig. Wir saßen schließlich die ganze Nacht in Bereitschaft!
Der Spott kam natürlich schneller als ein 56k-Modem abbrechen kann. Kritiker bezeichneten das Problem als „den teuersten Witz des Jahrhunderts“ und die Vorbereitungen als reine Geldverschwendung. Ich bekam in den Monaten danach oft zu hören: „Und, hat euch der Computer-Weltuntergang hart getroffen?“ Sehr witzig.
Doch war es wirklich so einfach? Die Befürworter der Y2K-Sanierung argumentierten – meiner Meinung nach zu Recht –, dass gerade die umfangreichen Vorbereitungen größere Probleme verhindert hatten. Es ist wie mit dem Regenschirm: Wenn du ihn mitnimmst, regnet es meistens nicht.

Das Dilemma der Y2K-Debatte erinnert mich an meine alten C64-Zeiten: Wenn man ein Programm-Listing in einer Zeitschrift abtippte (ja, das machte man damals, um Software in den Computer zu bringen), dann wollten alle so schnell wie möglich das Ding laufen sehen. Wenn jemand sagte: „Lass uns nochmal checken, ob wir einen Fehler haben“, galt er als Spielverderber. Stürzte das Programm aber ab, weil eben ein Tippfehler oder mehrere drinnen waren, dann sagten alle: „Warum habt ihr das nicht nochmal kontrolliert?“ Prävention ist eben undankbar. Wie man es auch dreht und wendet: Sowohl die Weltuntergangspropheten als auch die Skeptiker konnten behaupten, recht gehabt zu haben.

Das digitale Erbe von Y2K – Mehr als nur eine Techno-Party mit schlechtem Ende
Das Y2K-Problem mag heute belächelt werden, aber es hat tatsächlich Spuren hinterlassen. Ich sehe es ein bisschen wie die frühen „Neues… der Anwenderkurs“-Sendungen, die ich mit Hannes zusammen gemacht habe: Damals belächelt, heute Teil der digitalen Bildungsgeschichte. (Okay, vielleicht übertreibe ich hier ein wenig).
Aber im Ernst, Y2K hatte nachhaltige Auswirkungen:
- Die Öffentlichkeit wurde wachgerüttelt: „Hey, wir sind WIRKLICH abhängig von diesen Computerdingern!“ – als ob das vorher niemandem aufgefallen wäre
- Viele Unternehmen modernisierten ihre steinalten Systeme – manche liefen bis dahin noch auf Hardware, bei der sogar ein Amiga 500 als Upgrade gegolten hätte
- Die indische IT-Industrie bekam einen enormen Schub – die meisten Y2K-Programmierer saßen in Bangalore, nicht in Berlin
- In Deutschland entstanden tausende Jobs in der IT-Branche – gut für die Wirtschaft, schlecht für das Klischee, dass alle ITler Kellerkinder sind
Und nicht zuletzt: Es gab uns eine wertvolle Lektion über die Bedeutung von Weitsicht in der Technologieentwicklung. Darum gebt gut acht, ihr Digital Natives: Im Jahr 2038 werden 32-Bit-Unix-Systeme an ihre Grenzen stoßen und könnten ein ähnliches Problem verursachen. Das ist zwar noch ein bisschen hin, aber denkt daran: 1980 erschien das Jahr 2000 auch noch unendlich weit weg.
Vielleicht sollten wir diesmal früher anfangen zu planen – und weniger Milchkühe kaufen. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke: Eine Kuh für die Terrasse könnte ganz praktisch sein. Man weiß ja nie… Vielleicht eine ganz kleine?
Und übrigens: Danke Barbara für die Inspiration zu dem Beitrag ;-)
Und natürlich noch unsere Frage an Euch: Was waren eure Erlebnisse in der Y2K-Nacht? Habt ihr auch in Bereitschaft gesessen oder einfach normal gefeiert? Oder gehört ihr zu denen, die damals noch nicht auf der Welt waren und könnt über unsere Panik nur lachen? Schreibt es in die Kommentare – ich bin gespannt!