Überblick: Das können Übersetzungs-Apps heute

Wer erinnert sich nicht an die Bedienungsanleitungen chinesischer und anderer Produkte in absurdem Deutsch? Es hieß, die seien mit dem Google-Übersetzer entstanden. Denn vor einigen Jahren war diese Dolmetscher-App nur zu Wort-für-Wort-Übersetzungen in der Lage. Und so funktioniert Sprache einfach nicht. Es kommt nicht einfach auf ein umfangreiches Vokabular und das Beherrschen der wichtigsten Grammatikregeln an, sondern immer auch auf den Kontext von etwas Gesagtem oder Geschriebenen, auf die Kenntnis von Sprichwörtern, Wendungen und eben Ausdrücken, die mehr zu interpretieren als Wort für Wort zu übersetzen sind. Nicht zuletzt dank KI haben Translator-Apps in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht.

Auf dem Weg zum Babelfisch

Und jede:r Digisaurier:in denkt beim Thema natürlich an Doug Adams und seinen Science-Fiction-Roman „Per Anhalter durch die Galaxis„. Denn darin lernt man den Babelfisch kennen, jenes kleine Wesen, das man sich ins Ohr steckt und das dafür sorgt, dass der:die Träger:in jede beliebige Sprache sofort und ohne Umstände versteht. Als Adams das Tierchen, das sich von Gehirnwellen ernährt, in den späten Siebzigern erfand, verorteten wir alle die Echtzeitübersetzung des gesprochenen Wortes in sehr ferner Zukunft. Und, schwupps, hat sich die Prophezeiung vom Babelfisch erfüllt! Nicht nur der gute alte Google-Übersetzer, sondern gleich ein ganzes Dutzend Apps für Android, iOS und auch Windows macht uns heute den Babelfisch.

Wie ein Illustrator sich den Babelfisch vorstellt (Abb.: siehe Bildnachweis unten)
Wie ein Illustrator sich den Babelfisch vorstellt (Abb.: siehe Bildnachweis unten)

Allerdings ist zwischen verschiedenen Anwendungsgebieten zu unterscheiden. Einerseits sind da die spezialisierten Textübersetzer, die lange Dokumente oder ganze Websites übersetzen, andererseits die Dolmetscher für die Echtzeitkommunikation mit fremdsprachigen Freund:innen; manche ebenfalls für das Übersetzen von eingetippten Sätzen, andere beherrschen die Spracheingabe und teilweise sogar als Simultanübersetzer. Ebenfalls interessant, dass einige Apps auch die als Text erkennbaren Elemente von dem übersetzen können, was die Kamera des Smartphones gerade aufnimmt.

Wir haben uns die wichtigsten Vertreter aller Gattungen angeschaut.

Google Translate: Für die Face-to-Face-Konversation

Natürlich ist der Übersetzer von Google komplett in den Android-Kosmos integriert. So findet die Übersetzung von Text in Bildern in Echtzeit statt, wenn man die per Translate geöffnete Smartphone-Kamera auf ein Motiv richtet; dies ist ein gemeinsames Feature von Google Lens und Translate. Einen direkten Zugang zum Übersetzer bietet natürlich auch die Google-Bildschirmtastatur.

Eine überzeugende Funktion: Die Übersetzung von Bildinhalten (Screenshot)
Eine überzeugende Funktion: Die Übersetzung von Bildinhalten (Screenshot)

Im Textmodus beherrscht Translate 108 Sprachen; 59 davon stehen auch offline zur Verfügung, die anderen müssen bei Bedarf heruntergeladen werden. Die Sofortübersetzung von Bildern funktioniert in 90 Sprachen. Der Übersetzer eignet sich als Simultanübersetzer, auch, weil die gesprochene Ausgabe von hervorragender Qualität ist.

Google Translate ist kostenlos. Es gibt ihn als App für Android und iOS (wobei man bei dieser Version auf google-typische Querverbindungen verzichten muss), außerdem kann man den Übersetzer in jedem Browser per translate.google.com aufrufen.

Microsoft Translator: Ein Simultandolmetscher für Konferenzen

Ähnlich wie Googles Übersetzer ist auch der seit Beginn der Nullerjahre entwickelte Microsoft Translator fast vollständig in den MS-Kosmos integriert und steht unter anderem bei Skype, Teams und Bing als Funktion zur Verfügung. Inzwischen zählt auch dieses Übersetzungs-Tool zu den KI-Anwendungen und verbessert seine Qualität ständig durch maschinelles Lernen in neuronalen Netzen.

Der Microsoft Translator: gut geeignet als Simultanübersetzer bei Konferenzen (Screenshot YouTube)
Der Microsoft Translator: gut geeignet als Simultanübersetzer bei Konferenzen (Screenshot YouTube)

Der MS Translator beherrscht sage-und-schreibe 136 Sprachen und Regionaldialekte in mehr als 20 Schriftsystemen; jedenfalls bei der Textübersetzung. Davon werden 47 Idiome gesprochen verstanden und ausgegeben. Aufgrund seiner Geschwindigkeit und Genauigkeit eignet sich dieser Übersetzer gut als Simultanübersetzer bei Konferenzen.

Translator Conversation: Echte Simultanübersetzung für Conference Calls (Screenshot)
Translator Conversation: Echte Simultanübersetzung für Conference Calls (Screenshot)

Für Privatanwender ist der Microsoft Translator kostenlos; die hier vorhandene monatliche Mengenbegrenzung reicht für den Hausgebrauch absolut aus. Die App gibt es für Android, iOS und Windows.

DeepL: Der fast perfekte Textübersetzer

Dieses von vornherein als KI-Projekt im schönen Köln entwickelte Übersetzungssystem hat bei der Genauigkeit in den wichtigsten Verkehrssprachen der Welt alle Rekorde gebrochen. Texte sind die Domäne von DeepL; als Echtzeitübersetzer leidet das Ding unter der Beschränkung auf 1.500 Zeichen. Wer mehr Text, also ganze Dokumente übersetzen lassen will, braucht ein Abo, eine Option, die für Unternehmen in Frage kommt und das Potenzial hat, menschliche Übersetzer:innen arbeitslos zu machen.

DeepL, der Rekordhalter bei der Übersetzungsgenauigkeit (Screenshot)
DeepL, der Rekordhalter bei der Übersetzungsgenauigkeit (Screenshot)

DeepL gibt es als App für Android, iOS und Windows und kann auf der Website www.deepl.com genutzt werden.

iTranslate Converse: Noch ein hervorragender Simultanübersetzer

Die Situation bei diesem Übersetzungsprogramm ist ein bisschen unübersichtlich, weil es mehrere Apps gibt, die den Begriff „iTranslate“ im Namen führen. Bei iTranslate Converse handelt es sich um einen Translator, der exklusiv auf iOS läuft und 2018 den Apple-Design-Award gewonnen hat. iTranslate Converse ähnelt bei den Features Google Translate und dem Microsoft Translator, kann also geschriebenen und gesprochenen Text übersetzen und Textelemente in Bildern.

iTranslate, der Simultanübersetzer für die Apple-Welt (Screenshot)
iTranslate, der Simultanübersetzer für die Apple-Welt (Screenshot)

Die Version, die auf der Website itranslate.com/translate/ vorliegt, ist ein reiner Textübersetzer, der kostenlos benutzt werden darf, aber eben nur eingetippten Text übersetzen kann.

SayHi: Spezialisiert aufs gesprochene Wort

SayHi kommt von Amazon und gehört zur guten Mittelklasse (Screenshot)
SayHi kommt von Amazon und gehört zur guten Mittelklasse (Screenshot)
Auch Amazon mischt mit im Markt der Übersetzungsdienste. Tatsächlich bietet der Versandhandelsgigant eine App für Android, iOS und das Amazon-Biotop an, die 106 Sprachen und Regionaldialekte beherrscht. SayHi versteht geschriebene und gesprochene Sprache und hat für eine kleine Auswahl an Idiomen eine Konversationsfunktion.

So richtig ragt SayHi nicht aus dem Wald der Übersetzer heraus, besonders gut funktioniert die Sprachein- und -ausgabe. Außerdem kann die Sprachausgabe auf vielfache Weise eingestellt werden. So kann man zwischen einer weiblichen und einer männlichen Stimme wählen und die Sprechgeschwindigkeit anpassen.

Papago: Der Spezialist für asiatische Sprachen

Papago ist die beste Wahl bei asiatischen Sprachen (Screenshot)
Papago ist die beste Wahl bei asiatischen Sprachen (Screenshot)
Dieser digitale Dolmetscher kennt sich bestens in den asiatischen Sprachen aus und beherrscht alle Idiome von Arabisch über Koreanisch bis hin zu Thai und Chinesisch. Text kann eingetippt oder gesprochen werden, die Übersetzung wird immer sowohl als Text ausgegeben, als auch gesprochen – eine wunderbare Methode, die Aussprache in diesen Fremdsprachen zu erlernen.

Papago wurde in Korea entwickelt und ist kostenlos. Die Benutzeroberfläche ist simpel und entspricht dem De-facto-Standard der Übersetzungs-Apps. Wer sich im Nahen und Fernen Osten verständlich machen will oder muss, kommt an diesem Angebot nicht vorbei.

Fazit

Verschiedene Messverfahren zur Qualitätsbestimmung von maschineller Übersetzung wurden in den vergangenen Jahren entwickelt. So wird durch den Vergleich einer maschinellen mit einer Referenzübersetzung der sogenannte BLEU Score (Bilingual Evaluation Understudy) ermittelt, der zwischen 0 und 1 liegt, wobei der höhere Wert der bessere ist. Noch recht neu ist COMET (Crosslingual Optimized Metric for Evaluation of Translation), eine Bewertungsmethode, die sehr viel mehr Kriterien misst.

Beide Metriken zeigen deutlich, dass die Qualität maschinell gefertigter Übersetzungen mit den beschriebenen Apps in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen hat. Noch vor vier Jahren hat die Stiftung Warentest die meisten angebotenen Programme und Dienste eher negativ beurteilt. Durch die zunehmende Verwendung von KI-Modellen hat sich diese Situation stark verändert. Selbst die kostenlosen Versionen der besten Translator-Apps eigenen sich heutzutage durchaus für professionelle Zwecke. Und die Entwicklung ist noch nicht an ihr Ende gelangt…

[Bildnachweis – Babelfish by John (Viet-Triet) Nguyen via behance.net]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert