reMarkable 2: Ein wahrhaft schicke Verpackung

Geniale Gadgets (8): reMarkable 2 – der digitale Notizblock

Ein bisschen haben wir überlegt, ob wir dieses Gerät tatsächlich als Gadget vorstellen sollen. Immerhin muss man mindestens 460 Euro lockermachen, um in den Besitz dieses ultraschicken, extrem coolen Digitalnotizblocks zu kommen. Dafür bekommt man ja noch nicht einmal ein iPad Mini, geschweige denn ein wirklich brauchbares Tablet. Und alle Besitzer von iPads, Surfaces und anderen Windows-Tablets zeigen einem den Vogel, wenn man den Preis für das reMarkable 2 gestehen muss. Schließlich kann man für diese Devices Stifte zukaufen und dann auf dem Display malen, zeichnen und schreiben – wir haben ja kürzlich über das Thema „Stifte“ schon berichtet. Und nun ist solch feines Teil im Haus.

Für Skizzen reicht das reMarkable 2 aus
Für Skizzen reicht das reMarkable 2 aus

Die willigen Menschen, die ein iPad oder Surface tatsächlich ernsthaft mit einem Stylus nutzen wollen, kennen das Hauptproblem: Die Oberfläche eines solchen Tablets ist zu glatt, um darauf wie auf Papier zu zeichnen und zu schreiben. Deshalb finden sich im Zubehörhandel allerlei Folie zum Draufkleben, die das Papiergefühl bringen sollen. Ein zweites Problem: Diese Geräte muss man hochfahren, und ihre Verwendung im Meeting kommt anderen Teilnehmern gelegentlich komisch vor. Deshalb haben sich vor rund fünf Jahren pfiffige Norweger zusammengesetzt und sich überlegt, wie genau der ideale Digitalnotizblock beschaffen sein müsste. Bei der ersten Version des reMarkable haben sie noch geübt, aber der Typ 2 tut genau, was er soll.

Kann auch als eReader für PDF- und epub-Dokumente benutzt werden
Kann auch als eReader für PDF- und epub-Dokumente benutzt werden

Das erste Geheimnis dieses Gadgets besteht darin, dass es mit einem eInk-Display arbeitet; das kennt man vom eBook-Reader. Die Anzeige ist grundsätzlich Schwarzweiß (mit einer zusätzlichen Graustufe) und bringt Geschriebenes und Zeichnungen kristallklar zum Auge des Betrachters. Außerdem verbraucht diese Technologie extrem wenig Strom und ist mit einem Knopfdruck eingeschaltet und bereit. Das zweite Geheimnis: die angeraute Oberfläche des Displays. Näher an das Papier-Feeling kann man nicht mehr kommen. Die revolutionäre Entscheidung des reMarkable-Teams aber war, das Ding zu einem One-Trick-Pony zu machen.

Um die Cloud zu nutzen, muss ein Account angelegt werden
Um die Cloud zu nutzen, muss ein Account angelegt werden
Mit einem reMarkable 2 kann man nichts anderes tun, als mit dem Stift auf dem Display handschriftliche Notizen zu machen sowie Skizzen anzufertigen. Kein Internet, kein Browser, keine Anwendungen und keine Apps. Die Verbindung zur digitalen Außenwelt funktioniert ausschließlich über eine spezielle Cloud. Was man per Stift angelegt hat, wird automatisch per Wlan in die reMarkable-Cloud übertragen und kann dann mit einer Desktop- bzw. einer Mobil-App aufs Notebook und das Smartphone geholt werden. Soweit das Prinzip.

Das wäre nicht besonders witzig, wäre nicht eine – übrigens hervorragend funktionierende – Handschriftenerkennung integriert, die aus dem Gekritzel echte Textdateien zur Weiterverwendung macht. Man kann Notizen und Skizzen aber auch direkt vom Tablet aus per Mail versenden. Und weil es sich um einen verkappten E-Reader handelt, lassen sich epub- und PDF-Dokumente hochladen. Die kann man dann auf dem reMarkable 2 nicht nur lesen, sondern per Stift mit Anmerkungen versehen.

Handschrifterkennung: Das Gekritzel...
Handschrifterkennung: Das Gekritzel…

Die Praxis zeigt, dass dieses Device der ideale Begleiter für Meetings (nicht nur bei Live- sondern auch Videokonferenzen) ist. Wer es gewohnt ist, während einer Besprechung persönliche Notizen auf den Papierblock oder ins Notizbuch zu kritzeln, braucht praktisch keinen Umgewöhnungsprozess. Die anderen Teilnehmer erzählen auf Befragen, dass sie diese Art Mitschreiben ausgesprochen rücksichtsvoll finden – besonders im Vergleich zu den Kollegen, die per Tastatur Dinge ins Notebook oder Tabel hacken. Die Analogie zum Notizbuch geht weiter, denn das reMarkable 2 ist dünner als jedes andere Tablet am Markt, ja, seine Dicke entspricht einem üblichen Notizblock mit rund 50 Blättern. Das Gewicht ist nur geringfügig höher.

...und was die Handschrifterkennung daraus macht
…und was die Handschrifterkennung daraus macht

Auch bei der Software haben sich die Erfinder auf das Wesentliche konzentriert. Acht verschiedene Schreibwerkzeuge – vom Ballpentel über den Pinsel bis zum Marker – kann man in drei Strichstärken sowie in schwarz, weiß und grau auswählen. Beliebige Bereich können ausgewählt und dann dupliziert oder verschoben oder gelöscht werden. Als „Papier“ stehen nicht nur weiße Blätter, sondern auch welche mit Linien oder Kästchen zur Verfügung, 36 Templates werden angeboten, darunter auch echte Formulare, zum Beispiel zum Anlegen von Wochenkalendern und To-Do-Listen. Die Dateiverwaltung ist aufs Nötigste reduziert.

Das simple Dateiverwaltungssystem des reMarkable 2
Das simple Dateiverwaltungssystem des reMarkable 2

Die unterste Ebene bildet das Notebook mit beliebig vielen Seiten, das in einem Folder steckt. Unter „MyFiles“ werden alle Folder angezeigt. Will man nur eben schnell was notieren, arbeitet man mit den „Quick sheets“, die auf oberster Ebene bereitstehen und nicht in die Hierarchie eingebunden sind. Einziger Nachteil des Systems: Während Notebooks zwischen Foldern verschoben werden können, sind die Quick steets statisch – sie können weder verschoben, noch dupliziert oder gelöscht werden. Wie man den verwendeten Begriffen schon anmerkt, nutzt die Benutzeroberfläche die englische (und, ja, auch die norwegische) Sprache. Eine deutsche Sprachauswahl sollte bei einem der nächsten Softwareupdates enthalten sein.

36 Templates für die Notizblätter stehen zur Verfügung
36 Templates für die Notizblätter stehen zur Verfügung

Wie ein eReader ist das reMarkable 2 auch per Gesten zu steuern, wobei die Entwickler bei jedem Update weitere hinzufügen. Man kann durch Wisch blättern, alle Bedienelemente sind entweder per Stift oder Finger anklickbar, und die bekannten Gesten zum Vergrößern und Verkleinern sind auch schon vorhanden. Für die Bildbearbeitung oder echte künstlerische Betätigungen eignet sich der digitale Notizblock eher nicht. Eine befreundete Künstlerin war trotzdem begeistert vom reMarkable 2, weil es eben das Papier-Feeling bietet und man mit dem Stift wirklich Skizzen wie auf einem Block erstellen kann.

Während dieser Text entstand, war das reMarkable 2 bereits seit zweieinhalb Wochen im täglichen Einsatz. Trotzdem sind noch 52 Prozent Ladung im eingebauten Akku. Realistisch wird man das Teil wohl nur alle vier Wochen an die Steckdose hängen müssen. Übrigens per USB, denn das ist die einzige Schnittstelle für eine Verkabelung. Wer partout vermeiden will, dass das Tablet Daten in die Cloud schickt, verzichtet einfach auf die Einrichtung eines Accounts beim Anbieter und tauscht die Dokumente zwischen reMarkable und Notebook nur per Kabel aus – das funktioniert.

Das reMarkable 2 kommt in einer beeindruckenden Verpackung
Das reMarkable 2 kommt in einer beeindruckenden Verpackung

Ja, das reMarkable 2 ist ein geniales Gadget, wenn auch ein teures. Das Tablet selbst kostet 399 Euro, kann nur online bestellt werden und wird aus Hongkong geliefert. Der einfache Stift kostet weitere 59 Euro. Für 99 Euro bekommt man einen Stift, der umgedreht als Radierer funktioniert – eine sinnvolle Ergänzung. Beide haften übrigens magnetisch am Tablet. Eine einfache Hülle aus Kunststoffgewebe schlägt mit weiteren 79 Euro zu Buche. Wer eine der schicken Buchhüllen haben will, muss weitere 99 oder 149 Euro auf den virtuellen Tisch legen. Zum Lieferumfang gehört nicht nur das erwähnte USB-Kabel, sondern neun Ersatzspitzen für den Stift, die sich bei der Nutzung auf die gleiche Weise abnutzen wie ein Bleistift. 25 Ersatzspitzen kosten 39 Euro. Beeindruckend ist die Verpackung, bei der jedes Detail stimmt – sie passt perfekt zum wirklich schönen Design des Digitalnotizblocks.

5 Gedanken zu „Geniale Gadgets (8): reMarkable 2 – der digitale Notizblock“

  1. Ich nutze das reMarkable schon seit der ersten Version und bin auch auf die zweite Version um- und aufgestiegen. Der Grund ist einfach: Ich mag es eben weil es so wenig kann! Es ist ein elektronischer Schreibblock, nicht mehr und nicht weniger. E startet überragend schnell, es schreibt sich wunderbar darauf, man kann es auch im hellen Sonnenlicht benutzen, es brauch nur wenig Energie und hält entsprechend lange durch und trotzdem kann ich meine Notizen elektronisch abspeichern. Und ja – meine Handschrift erkennt das reMarkable auch einigermaßen gut. Es ist einfach ein sehr guter Notizblock. es ist KEIN Web-Browser, keine Spiele-Plattform, keine XL-Maschine. Dafür sieht es seit der aktuellen Version 2.0 auch noch (fast) so gut aus wie ein Moleskine. Man muss allerdings unbedingt den Aufpreis für die Lederhülle Book Folio und den Stift Pen-Plus investieren. Ich habe beide – reMarkable Version 1 und Version 2 – auf Czyslansky ausführlich getestet: https://www.czyslansky.net/passt-papierloses-buero-mit-dem-remarkable-tablet/. Wer weiterlesen möchte: gerne.

  2. Danke für den Review! Eine Frage hätte ich noch: Kann man die Dateien, die die umgewandelte Handschrift enthalten, auch über USB an den Laptop schicken oder geht das nur über die Cloud?

    Vielen Dank für Deine Mühe!

    1. Daten kann man auch über den per USB integrierten Webserver auf den PC übertragen. Da hat der Tester eben nicht das ganze Potential ausgeschöpft.

      Es gibt inzwischen auch den RM Templatehelper, damit ist boch mehr ganz ohne Cloud möglich oder die RCU Software.

  3. Vielen Dank für diesen Einblick. Ich hatte nach dem Unterschied zwischen Quick Notes und Notebook gesucht und bin dabei hier gelandet. Ansonsten bin ich sehr begeistert vom reMarkable 2.

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