Von Neuland nach Digitalien: Der dritte Tag mit Dankbarkeit & Pest

Der Tag in Würzburg hat viel aufgwirbelt in mir. Obwohl: ab Kilometer dreißig kam man nicht mehr so richtig zum drüber nachdenken – da war einfach die Luft zu knapp bei den teils giftigen Aufstiegen durch das landschaftlich reizvolle, aber radlerisch jenseits der Flußwege herausfordernde Frankenland.

Pestkreuz (1 von 1)
Das Pestkreuz das mich zu einem üblen Geständnis brachte. Irgendwo zwischen Würzburg und Hammelburg

In einem Schwächeanfall irgendwo auf der Strecke an einem Wegkreuz machte ich den Fehler – auf dieses „Pestkreuz“ guckend und sinnierend – Martin zu erzählen, dass Hannes und ich früher auch eine ganz schöne Pest waren. Zum Beispiel in den Computerfachabteilungen der Kaufhäuser in Würzburg… Und er hat mich gezwungen, das jetzt auch hier zu erzählen. Na gut – dann mach‘ ich das.

Würzburg HBF (1 von 1)
Der Hauptbahnhof in Würzburg: da haben Hannes und ich gerne Computerzeitschriften gelesen. Im Kiosk. Wie egsagt: gelesen – nicht unbedingt gekauft…

Wenn man so durch die eigene digitale Vergangenheit reist, dann fällt einem auf, wie viele Leute eigentlich mitgeholfen haben, dass man das alles überstanden hat. Oder – wie bei mir – das man entscheidende Schritte gemacht hat auf dem Weg zu einem Beruf, den es damals noch gar nicht gab: Computer-Erklärer.

Aber zuerst – in der Schule – waren wir wirklich die Pest. Nicht nur, dass wir uns bei einer ganzen Reihe von Unterrichtsstunden am Matthias Grünewald Gymnasium fröhlich ausklinkten und über Computer und die kommenden Dinge schwatzten. Nein auch in den Fachabteilungen von Kaufhäusern und Computergeschäften waren wir gefürchtet. Sieht man mir heute gar nicht mehr so an, wenn ich da so unschuldig vor der Schule sitze und Gedanken in meinem Computer aufschreibe und blogge, gell?

Kinder erschrecken mit dem C64

Ja es ist schon so, wie ich in dem Video sage: in Kaufhäusern haben wir gerne böse Späße getrieben mit den Computern. So fiel uns zum Beispiel auf, dass in den besagten Computerabteilungen immer Kinder an die Computer gingen, drauf rumdrückten aber es passierte nix… Das brachte uns auf die Idee, den C64 so zu programmieren, dass er aussah, als würde er einfach nur an sein. Aber sobald man was drückte, gab er fürchterliche Geräusche von sich und blinkte und leuchtete und teilte mit, dass man ihn jetzt kaputt gemacht hätte und nun dafür bezahlen müsse…

Computer-Martin (3 von 4)Und wir standen in einer Ecke und beobachteten die verdutzten, entsetzten und überraschten Gesichter – wie gesagt, wir waren ein bißchen die Pest. Außerdem nutzten wir die Technik auch, um immer einen Computer für uns freizuhalten.  Zum Verständnis: man hatte ja noch keinen eigenen Computer, also musste man die Erfahrungen in Sachen Programmieren zum Beispiel im Kaufhaus stehend in der Computerabteilung machen und dort seine Ideen ausprobieren. Aber wenn man mal kurz was trinken ging, waren irgendwelche anderen Leute am Rechner. Also nutzten wir unser kleines Programm, die Leute liefen erschreckt weg und wir hatten den Arbeitsplatz frei. Das war unsere Idee von geteilter Rechenzeit – Martin brauchte dafür einen Erlaubnisschein für den Computer-Raum der Schule. Wir nur ein bisschen Gemeinheit.

Danke an den damaligen Abteilungsleiter, der uns nicht nur am Rechner arbeiten ließ, sondern auch noch einen Deal mit uns machte: wir sollten ein Demoprogramm für den C64 schreiben. Dafür dürfen wir ihn im Kaufhaus jederzeit benutzen…

Wie ich den ersten Mac in 5 Sekunden killte

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Der Mac, den ich killte… Originalbild vom Tag der Eröffnung, dass uns Hugoe E. Martin zur Verfügung gestellt hat. Da lief der Mac schon wieder ;-)

Als COMPUTER MARTIN in Würzburg eröffnete stellte mich Hugo E. Martin nicht nur vielen wichtigen Leuten vor. Er ertrug auch, dass ich am Vorabend der Eröffnung (Hannes und ich jobbten meistens am Samstag im Laden und machten Kundenberatung) seinen einzigen Mac binnen 5 Sekunden killte. Ich dachte mir: es kann ja nicht sein, dass man das Betriebssystem einfach in den so schön auf dem Desktop drapierten Mülleimer werfen kann.  Das dumme war: man konnte. Und leider war alles, was im Mülleimer war, dann auch wirklich weg. Und Hugo musste hektische Telefonate führen, um Ersatz zu kriegen und das Ding am nächsten Tag wieder lauffähig zu haben.

Und was ich da im Video sage ist wirklich wahr: Trotz allem was wir so machten (und das war nicht alles gut fürs Geschäft von Hugo) glaubte er an uns, ließ uns Kurse im Laden machen, brachte uns auf die Idee, aus den Kursen Bücher zu machen und vieles mehr. Er war ein Anschubser, der ganz früh erkannte, welche Möglichkeiten das alles haben würde – und was das für uns bedeuten konnte, wenn wir was draus machten. Danke Hugo.

Die Hannes-Passion im MGG

Ja ich weiß: es hört sich an, als wäre es ein Musikstück. Und unser Gymnasium war auch ein musisches Gymnasium. Aber die Passion von Hannes waren ab einem Zeitpunkt, den ich nicht mehr sagen kann Computer. Vorher waren es Comics. Er zeichnete selbst welche und verkaufte die Kopien in der Klasse. Und dann irgendwann fing er an mir von Computern zu erzählen. Und er tat – was viele ITler später taten: er beschrieb mir, was die Dinger alles konnten. Er verschwieg mir, wie eng die Grenzen aber auch waren. Kurz: er fixte mich an. Und irgendwann hatte er mich soweit. Ich, der Nicht-Mathematiker und Zahlen-Legastheniker erzählte plötzlich mit derselben Passion und Begeisterung von diesen Kästen. Und im anfixen von anderen Leuten war ich dann noch schlimmer als Hannes. Danke Hannes.

Und diese paar Danksagungen sind nur die Spitze des Eisberges. Ob Lehrer, Verleger, IT-Chefs, Pressesprecher, Arbeitgeber, Kollegen. Sie alle ließen uns machen.  Sie alle verdienen ein Danke.

Hannes Christian und das C64 Buch (1 von 1)
Hannes und ich am Stand des Verlages der unser erstes Buch herausbrachte. Mit „Computeranimation“ auf dem C64 für die Buchhandlungen zur Absatzsteigerung ;-)

Wir programmierten. Hüpfende Punkte auf Computermonitoren, ein Scheckbuchverwaltungsprogramm und vieles mehr. Vieles, was erstmal so keiner brauchen konnten. Vieles bei dem allerhand unserer Föderer sich fragten: wofür soll das alles gut sein. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nicht wozu es gut war. Wichtig war: Wir konnten es… Das war, finde ich, der Geist dieser Aufbruchszeit von #Neuland nach #Digitalien.

So und jetzt wird es hier auch dringend Zeit für einen Aufbruch. Wir haben noch viele Höhenmeter vor uns. Wozu wir das mit dem Rad machen? Keine Ahnung. Aber: Wir können es…

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