Die verfahrene Kabelfernseh-Geschichte eines 82-jährigen Rentners

Aufmacherbild: (C) Vodafone

„Ich kam, um meinen Kabelvertrag umzuschreiben. Ich ging mit Internetanschluss, Router, Repeater und einem teuren Komplettvertrag.“ Wolfgang P., 82, Rentner.

Ein Fallbeispiel zu den Fußangeln, die ein Besuch im Telekommunikations-Shop und ein Wechsel des Internet-Anbieters mit sich bringen kann.

Wolfgang P. (voller Name der Redaktion bekannt), 82, ging es wie vielen Kabelkunden in Deutschland: Mit dem Entfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs zum 1. Juli endete der bis dahin gültige Sammelvertrag für Kabelfernsehen. Der Anschluss gehört wie viele mittlerweile dem Anbieter Vodafone. Der hat den Kabelempfang ohne gültigen Vertrag berechtigterweise abgeschaltet.

Was dann folgte, zeigt aber, was in so einem Fall alles schief gehen kann – und warum man Laien, unerfahrene Nutzer oder eben Rentner besser nicht allein in einen Netzbetreiber-Shop gehen lassen sollte. Wir haben mit Wolfgang P. über seine Erfahrungen gesprochen.

Was uns seine Geschichte lehrt, stellen wir der Übersicht halber an den Anfang dieses Artikels:

Was man aus dem hier vorgestellten Fall lernen kann

Vorsicht vor dem sogenannten Upselling: Es ist fast die Regel, dass Shop-Mitarbeiter von Telekommunikationsfirmen versuchen, mehr zu verkaufen als gewünscht. Wer nur einen Kabelanschluss will, muss sehr konsequent bleiben, um nicht mit Internet-Anschluss und zugehöriger Hardware wieder zu gehen.

Vorsicht beim Unterschreiben vor Ort: Anders als bei Online-, Telefon- oder Haustürgeschäften gibt es von Aufträgen, die man in einem Shop unterschreibt, kein Rücktrittsrecht! Wer sich dieses offen halten will, sollte besser online bestellen.

Vorsicht vor technischen Lösungen, die man selbst nicht vollständig überblickt: Welche Konsequenzen hat es für die Hausvernetzung und die verwendeten Geräte, wenn man zum Beispiel einen DSL-Anschluss in einen Kabelinternet-Anschluss umtauscht? Wie ändert sich die Bedienung, wenn zum Beispiel TV-Empfang künftig übers Internet kommt? Kann man dann noch aufzeichnen? All dies sind Beispiele für Folgen, die technische Laien nicht überblicken – die bei einem Wechsel des Anschlusstyps aber unter Umständen schwer oder gar nicht rückgängig zu machen sind.

Vorsicht davor, überredet zu werden: Gerade ältere und technisch unerfahrene Kunden sollten möglichst nicht allein in einen Telekommunikations-Shop gehen. Am besten nimmt man einen mit der Materie vertrauten Verwandten oder Freund mit. Kunden müssen konsequent genug sein, durchzusetzen, was sie wirklich haben wollen.

Unser Interview: die verfahrene Kabelfernseh-Geschichte von Wolfgang P.

In einem längeren Interview hat uns Wolfgang P. seine Erfahrungen berichtet:

Digisaurier: „Herr P., erzählen Sie uns doch zunächst bitte, wie die Situation vor dem 1. Juli bei Ihnen war.“

Wolfgang P.: „Wir wohnen in einem Reihenhaus, das als Eigentümergemeinschaft organisiert ist. Dinge wie Heizung und eben auch Kabelfernsehen teilen wir uns mit allen neun Nachbarhäusern. Wir haben dafür einen Hausverwalter, der die Abrechnung organisiert und zentral Reparaturen beauftragt etc. In unserer Eigentümerversammlung 2023 sagte der uns, dass die gemeinsame Beauftragung und Abrechnung des Kabelfernsehens nicht mehr möglich sei. Die Mehrheit hat dann per Abstimmung beschlossen, dass sich jeder individuell um seinen Anschluss kümmern soll.“

Digisaurier: „Das macht ja eigentlich auch Sinn – so kann jeder umsetzen, was er oder sie haben möchte.“

Wolfgang P.: „Das haben wir auch so gesagt. Es gibt bei zehn Parteien natürlich welche, die sich besser mit Technik auskennen, und andere – wie mich – die damit weniger am Hut haben. Aber wir sind eigentlich alle fortgeschrittenen Alters, und in der Regel kümmern sich unsere Kinder oder Enkel um Themen wie Internetanschluss oder Handy.“

Digisaurier: „Was hatte ihre ,familieneigene IT-Abteilung‘ bei Ihnen zu Hause eingerichtet?“

Wolfgang P.: „Der Telefonanschluss ist bei uns im Souterrain. Da hatte ich in meiner aktiven Zeit mein Büro – so nutzen wir diesen Raum auch heute noch. Dort ist wie gesagt der Telefonanschluss. Und über den kommt auch das Internet – daneben hängt an der Wand die Internetbox, der Router. Anschluss und Router stammen von der Telekom. Weil das WLAN-Signal nicht so gut in die obere Etage reicht, haben unsere Kinder an der Treppe noch einen Verstärker installiert.“

Den Internet-Anschluss verwalten die Kinder

Digisaurier: „Einen sogenannten WLAN-Repeater. Also Sie nutzen regelmäßig auch das Internet?“

Wolfgang P.: „Absolut. Wir haben einige Geräte, die unsere Kinder abgelegt und uns überlassen haben. Einen PC mit Drucker im Büro im Souterrain, ein Notebook und ein Tablet. Letzteres nutzt vor allem meine Frau. E-Mails und so weiter machen wir meistens am PC. Und am Telekom-Router ist auch noch ein Faxgerät angeschlossen. Das nutzen wir schon noch regelmäßig – um zum Beispiel Freunden Geburtstagsgrüße zu schicken.“

Digisaurier: „Also – das alles war eingerichtet und funktionierte wie erwünscht. Und Fernsehen empfangen Sie über einen Kabelanschluss?“

„Irgendwann war das Fernsehsignal weg. Es erschienen nur noch Klötzchen auf dem Fernseher. Wir hatten keinen gültigen Kabelvertrag mehr.“

Wolfgang P.: „So ist es. Zumindest bis irgendwann im Mai. Da war auf einmal das Signal weg. Oder zumindest stark heruntergedreht. Es erschienen nur noch Klötzchen auf dem Fernseher.“

Digisaurier: „Was haben Sie dann gemacht?“

Wolfgang P.: „Meinen Schwiegersohn angerufen. Und der sagte mir, dass der Kabelbetreiber – in unserem Fall Vodafone – wohl das Signal abgedreht hat, weil wir keinen gültigen Vertrag mehr dort haben. Und dann dachte ich, das kann ich selbst lösen, damit muss ich die Kinder nicht belästigen. Also bin ich an einem der folgenden Tage in einen Vodafone-Shop gegangen, um dort einen neuen Kabelvertrag abzuschließen. Damit nahm das Unglück seinen Lauf.“

Digisaurier: „Inwiefern?“

Arglos in die Upselling-Falle getappt

„Im Shop fühlte ich mich eher überrumpelt. Ich dachte dann noch, ich kann ja im Zweifel wieder zurücktreten. Aber dann musste ich lernen, im Shop gibt es kein Rücktrittsrecht.“

Wolfgang P.: „Die sehr nette Kundenberaterin sagte, das sei doch eine wunderbare Gelegenheit, auch meinen Internet-Anschluss von der Telekom zu Vodafone zu wechseln. Sie könne mir da ein sehr attraktives Angebot machen. Ich war skeptisch, weil mit dem Telekom-Anschluss ja immer alles gut funktioniert hat. Aber sie hat mich mit Nachdruck überredet – ich fühlte mich eher überrumpelt. Auf dem Auftrag stand dann ein großes Paket, mit dem größten und teuersten Kabel-Internet-Anschluss, einem Vodafone-Router, einem Vodafone-Repeater – und dann quasi als Dreingabe noch der Kabelanschluss, den ich ursprünglich nur haben wollte.
Ich dachte dann noch, ich kann ja nochmal meinen Schwiegersohn fragen und im Zweifel wieder zurücktreten. Im Shop sagte ich ausdrücklich, dass ich nicht sicher bin, zu welchem Datum ich den Telekom-Vertrag überhaupt kündigen kann. Aber dann habe ich dummerweise doch den Auftrag unterschrieben – weil ich dachte, da komme ich zur Not wieder raus. Das war aber eine folgenschwere Fehleinschätzung.“

Auftragsbestätigung von Vodafone über einen "GigaZuhause 1000"-Vertrag mit diversen Zusätzen.
Upselling: Statt eines Kabelvertrags gab es das volle Programm – Gigabit-Internet, Router, WLAN-Repeater, und Kabelfernsehen als kostenlose Zugabe.

Digisaurier: „Sie dachten, wie bei einer Internet-Bestellung oder einem Haustürgeschäft, kann man von so einem Auftrag innerhalb einer Frist, zum Beispiel von 14 Tagen, wieder zurücktreten, richtig?“

Wolfgang P.: „Genau. Als ich dann meinen Schwiegersohn und meinen eigenen Sohn fragte, der als Anwalt arbeitet, haben die mir gesagt, dass es für in einem Shop erteilte Aufträge keine Stornierungsfrist gibt wie für Online-Bestellungen. Außerdem war der Telekom-Vertrag schon so alt, dass der mit kurzer Frist jederzeit gekündigt werden könnte.“

Jede Menge unerwünschter technischer Konsequenzen

Digisaurier: „Nun könnte man ja sagen, okay, was soll’s – dann kommt das Internet eben von Vodafone und übers Kabel statt von der Telekom und über die Telefonleitung.“

Wolfgang P.: „Das dachte ich zuerst auch. Bis mir die Kinder dann die ganzen technischen Folgen erklärt haben: Mit dem Internet-Anschluss über den Kabelanschluss müsste auch der Router im Wohnzimmer stehen statt im Büro. Dann wäre es sehr aufwändig geworden, den PC im Souterrain daran anzuschließen – der hat kein WLAN, sondern braucht ein Netzwerkkabel. Außerdem hätten wir wohl die Basisstation der schnurlosen Telefone im Haus ebenfalls ins Wohnzimmer stellen müssen. Zudem hat der Vodafone-Router keinen Anschluss für das Faxgerät. Und schließlich meinte mein Schwiegersohn noch, mit dem sogenannten VDSL von der Telekom wären wir besser versorgt als mit Internet über einen Kabelanschluss.“

Digisaurier: „Und nun?“

Wolfgang P.: „Es gab noch ein paar weitere Schwierigkeiten. Bei der Aufnahme des Antrags hatte die Mitarbeiterin im Shop sich in der Hausnummer vertan. Deshalb gab es über mehrere Wochen ein Hin und Her mit mehreren Vodafone-Technikern, weil die den Anschluss unter der falschen Adresse legen wollten – aber nicht konnten. Und Kabelfernsehen hatten wir über all diese Zeit  immer noch nicht. Das zog sich über viele Wochen hin. Ich habe dann in diesem Kuddelmuddel schließlich meinen Schwiegersohn gebeten, mit mir nochmal in den Shop zu gehen.“

Digisaurier: „Wie lief das ab?“

Wolfgang P.: „Beim ersten Mal war die zuständige Mitarbeiterin nicht da. Gut, das kann passieren – jeder hat mal Urlaub oder ist krank. Ihr Kollege sagte aber, wir müssten auf jeden Fall mir ihr sprechen, er könne uns bei einer Kulanzentscheidung nicht weiterhelfen. Also haben wir in der Folge einen zweiten Termin per Telefon ausgemacht, und sind dann nochmal zu zweit hingefahren. Sie sagte uns dann, dass der Auftrag rechtskräftig sei und dass sie ihn nur stornieren könne, wenn wir mindestens ein Jahr Rest-Laufzeit auf dem Telekom-Vertrag hätten. Das hatten wir aber nicht. Mein Schwiegersohn und ich haben dann beide versucht, doch noch eine Kulanzlösung zu erreichen. Und ich habe nochmal gesagt, dass ich mich überrumpelt gefühlt hatte und dass ich doch betont habe, ich muss erst mal prüfen, was mit dem Telekom-Vertrag ist. Aber die Verkäuferin bestand darauf, sie könne nichts machen.“

Letztlich löste der als Anwalt tätige Sohn das Problem

Digisaurier: „Wie ging es dann weiter?“

Wolfgang P.: „Wir sind dann ergebnislos abgezogen. Letzten Endes konnte mir mein Sohn als Anwalt helfen. Er hat ein nachdrückliches Schreiben in Richtung Vodafone geschickt und dem Vorgang dann hinterhertelefoniert. Das hat auch ihn viel Zeit gekostet. Aber letztlich hatten wir wohl Glück – und weiter oben in der dortigen Hierarchie jemanden gefunden, der der ganzen Auftrag schließlich storniert hat und das gebucht hat, was ich eigentlich von Anfang an wollte: Schlicht und einfach einen Kabelfernseh-Vertrag. Das Ganze führte aber dazu, dass wir über insgesamt vier Monate keinen Fernsehempfang hatten – und dass mein Schwiegersohn, mein Sohn und ich etliche Stunden damit zugebracht haben, das ganze Thema zu lösen.“

Digisaurier: „Ist heute alles in Ordnung?“

Wolfgang P.: „Es gab noch ein paar technische Probleme, weil sich in diesem Zusammenhang herausgestellt hat, dass die Verteilstation, die unseren Strang versorgt, wohl so alt war, dass sie erneuert werden musste. Aber ja, heute haben wir wieder Kabelfernsehen. Und auch Internet und Telefon laufen problemlos wie eh und je.“

Digisaurier: „Dazu herzlichen Glückwunsch – und Danke, dass Sie uns so ausführlich ihre Erfahrungen berichtet haben.“

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