MWC 2025: Von abwesenden A-Serien bis zu Periskop-Kameras

Last Updated on 07.03.2025 by Redaktion Digisaurier

Manchmal ist das Fehlen eines Produkts genauso aufschlussreich wie seine Präsenz. Als Hannes Rügheimer auf dem Mobile World Congress 2025 in Barcelona den Samsung-Stand besuchte, um die neue A-Serie mit KI-Funktionen zu begutachten, erlebten wir eine unerwartete Überraschung. Erfreulicherweise entdeckte der unermüdliche Hannes aber dafür bei Xiaomi ein Smartphone, dessen Kamera-Technologie selbst engagierte Handy-Fotografen begeistern dürfte.

Erstmal für alle, die lieber gucken statt zu lesen: Hier ist der Link zu unserem Youtube-Video mit der Schalte nach Barcelona.

Die unsichtbare A-Serie: KI für alle, aber wo?

„Das ist schon gemein“, scherzt Christian in der Sendung. „Da schicke ich den Hannes extra zu Samsung an den Stand, weil dort neue Geräte vorgestellt werden sollen, die sozusagen in der Mittelklasse sind, aber auch schon KI haben. Und dann erleben wir eine ganz große Überraschung.“

Diese Überraschung bestand darin, dass die angekündigten Modelle schlicht nicht zu finden waren. „Mit dieser Erwartungshaltung bin ich an den Stand hierher gegangen, um kein einziges Samsung A-Modell zu finden“, berichtet Hannes. Ein wenig enttäuschend, da erst in der Nacht zuvor eine Pressemitteilung bei ihm eingetroffen war, die die neuen Geräte ankündigte – da konnte man schon denken, dass sie auf der Messe zu sehen sein würden. „Auf dem Stand sind vor allem S25 Ultra zu sehen für die hiesigen Messedemos – weil das halt das Flaggschiff-Modell ist.“

Die S25-Familie wurde bereits Mitte Januar vorgestellt, aber die neueste Entwicklung war die Erweiterung in der Modellpalette mit KI-Funktionen: „Es kam eine Pressemitteilung, dass auch die A-Serie jetzt renoviert wird und dass die alle auch KI bekommen“, erklärt Hannes. Eine wichtige Entwicklung, denn damit stehen die Galaxy-AI-Funktionen nun auch in günstigeren Geräten zur Verfügung – zumindest theoretisch, denn zu sehen waren sie in Barcelona nicht.

Samsung A-Serie: Diese Features verspricht der Hersteller

Auch wenn die Geräte am Samsung-Stand nicht zu sehen waren, lohnt ein Blick auf die offiziell angekündigten Modelle: Galaxy A56 5G, Galaxy A36 5G und Galaxy A26 5G. Laut Samsung sollen alle drei Modelle mit „Awesome Intelligence“ ausgestattet sein – der KI-Plattform für die Mittelklasse, die auf OneUI 7 basiert.

Die A-Serien (Foto: Samsung)

Zu den KI-Funktionen gehört laut Herstellerangaben eine verbesserte Version von „Circle to Search with Google“, die nun auch Telefonnummern, E-Mails und URLs auf dem Bildschirm erkennen und Aktionen mit einem Klick ausführen kann. Auch die Musikerkennung soll erleichtert werden – ohne App-Wechsel können Songs identifiziert werden.

Die technischen Eckdaten lesen sich beeindruckend: Das A56 5G und A36 5G sollen mit 6,7-Zoll FHD+ Super AMOLED-Displays mit bis zu 1.200 Nits Helligkeit, Stereolautsprechern und 5.000-mAh-Akkus mit 45W-Schnellladetechnologie kommen. Das A56 5G bekommt einen Exynos 1580-Chipsatz, während das A36 5G auf die Snapdragon 6 Gen 3 Mobile Platform setzen soll.

Die Kameras klingen ebenfalls vielversprechend – ein 50-MP-Hauptobjektiv ist in allen Modellen verbaut, während das A56 5G zusätzlich ein 12-MP-Ultraweitwinkelobjektiv besitzen soll. Die KI-Funktionen umfassen laut Samsung einen „Object Eraser“ zum Entfernen unerwünschter Elemente aus Fotos, und das A56 5G soll mit „Best Face“ aufwarten – eine Funktion, die die besten Gesichtsausdrücke aus einem Bewegungsfoto von bis zu fünf Personen auswählt und kombiniert.

Mit sechs Generationen Android-Updates und sechs Jahren Sicherheitsupdates will Samsung zudem die Langlebigkeit der Geräte sicherstellen.

KI in der Hosentasche: Lokal oder Cloud?

Was bedeutet eigentlich „KI im Smartphone“? Diese Frage stellte Christian – und Hannes lieferte die Erklärung zur Unterscheidung zwischen lokaler KI und Cloud-basierten Diensten.

„Bei Mobiltelefonen macht es natürlich ein Stück weit Sinn, so viel wie möglich lokal zu machen, weil du ja nicht davon ausgehen kannst, immer einen perfekten Empfang zu haben“, erklärt Hannes. Die Smartphones sind so konzipiert, dass sie Basis-Funktionalitäten lokal zur Verfügung stellen und bei Bedarf zusätzliche Ressourcen aus der Cloud holen können.

Gerade bei Bildbearbeitung wie dem Entfernen störender Elemente im Hintergrund oder bei Übersetzungen ist diese lokale Verfügbarkeit wichtig. „Bevor du ganz ohne dastehst, hast du eben immer auch kleinere lokale Language Models oder eben auch Spezialfunktionen wie dieses Freistellen von Objekten in der Bildverarbeitung.“

Zwar ohne neue Samsung Handys – aber trotzdem gut gelaunt. Hannes & Christian bei der Schalte vom MWC25

Christians launige Zusammenfassung trifft irgendwie den Nagel auf den Kopf: „Das heißt also, ich habe so eine Art KI für die Hosentasche, die im Zweifelsfall schlechte Ergebnisse liefert, aber zumindest verfügbar ist. Und ich habe eine KI, die im Netz ist, wenn ich Zugang entsprechend zum Netz habe, die die Sachen besser machen kann.“

Hier springt Hannes – ganz der erfahrene Tech-Journalist – sofort ein: „Alle Pressesprecher hier würden dir natürlich sofort dazwischenspringen, wenn du sagst ’schlechte Ergebnisse‘. Wie soll ich sagen… Es sind dann irgendwie einfachere Ergebnisse oder weniger elaborierte Ergebnisse“, grinst Hannes. Christian fasst die Situation nochmal ganz digisauriermässig zusammen: „Ich habe also gelernt, es gibt KIs und es gibt KIs – und die eine liefert Ergebnisse und die andere liefert Ergebnisse. Und irgendwie sind die Nutzer in beiden Fällen ganz glücklich, aber manche vielleicht noch ein bisschen glücklicher mit dem anderen Ergebnis.“

Eine PR-konforme Umschreibung für die einfache Tatsache: Manchmal ist die lokale KI eben nur die zweitbeste Lösung – aber immerhin eine, die auch im Funkloch noch funktioniert.

Xiaomi oder „Schao-mih“? Die beeindruckende Kamera aus China

„Wir müssten ja alle jetzt ein bisschen Chinesisch lernen in dieser Computer- und Telekommunikationsbranche“, scherzt Hannes, als es um den Besuch beim chinesischen Hersteller Xiaomi geht. „Es heißt nicht Hu-a-wei, sondern Ua-wey. Und nicht nicht ‚Ksia-omi‘, sondern ‚Schao-mih‘, aber das bekommst du dann halt so im Laufe der Zeit mal mit.“

Was Xiaomi auf dem MWC zeigte, beeindruckte nicht nur unseren Hannes, sondern auch unseren Kollegen Thomas Kuhn von der Wirtschaftswoche. Der Grund: die außergewöhnliche Kamera des neuen Xiaomi 15 Ultra, die in Kooperation mit Leica entwickelt wurde.

Die Kooperation mit Leica schafft immer wieder erstaunliche Foto-Möglichkeiten bei Xiaomi

„Dieses Topmodell Xiaomi 15 Ultra hat drei Kameras mit unterschiedlichen Brennweiten, alle mit 50 Megapixeln – also weit weg von nur 12 oder 13 Megapixel“, berichtet Hannes. „Und die vierte, die eigentlich die spannendste ist, ist eine Periskop-Kamera, also eine Zoomkamera, die längs im Gerät liegt und dann über ein Prisma umgelenkt wird.“

Diese clevere Konstruktion ermöglicht einen physischen Zoom-Faktor von 4,3 – ohne dass ein Objektiv aus dem Gehäuse herausragen muss. Mit einem dahinterliegenden 200-Megapixel-Sensor bietet das Smartphone beeindruckende Möglichkeiten für digitales Zoomen.

Christian – ein bißchen traurig weil sein aktuelles Samsung nur drei Linsen und nicht vier hat wie das Xiaomi

Technisch legt Xiaomi mit dem 15 Ultra die Messlatte hoch: Ein 6,73-Zoll WQHD+ AMOLED-Display mit 3200 x 1440 Pixeln (522 ppi) und einer beeindruckenden Spitzenhelligkeit von 3200 Nits sorgt für hervorragende Sichtbarkeit selbst bei direkter Sonneneinstrahlung. Die 1-Hz-Always-On-Technologie spart gleichzeitig Akku, wenn keine hohe Bildwiederholrate benötigt wird.

Im Inneren arbeitet Qualcomms neuester Snapdragon 8 Elite Prozessor, der besonders die KI-Funktionen beschleunigt. Die neue Android-Bedienoberfläche Xiaomi HyperOS 2 bringt eine Reihe von KI-Features mit: AI Writing für Texterstellung, AI Image Enhancement für verbesserte Fotos, AI Interpreter für Echtzeitübersetzungen und HyperConnect für nahtlose Gerätekonnektivität im Xiaomi-Ökosystem.

Für die Zukunftssicherheit verspricht Xiaomi vier Jahre Android-Updates und sechs Jahre Sicherheitspatches. Auch ein Ultraschall-Fingerabdrucksensor, der laut Hersteller 56% schneller arbeiten soll als Vorgängermodelle, ist an Bord. Was genau diese 56% im Bereich von Millisekunden bedeuten, bleibt allerdings unklar – entsperrt das Gerät etwa schon, bevor der Finger richtig aufgelegt ist? Die Marketing-Abteilung dürfte jedenfalls zufrieden sein mit dieser griffigen Zahl.

Computational Photography: Wenn KI Fotos berechnet

Die fortschrittliche Kamera-Technologie, die Xiaomi gemeinsam mit dem namhaften Optik-Spezialisten Leica entwickelt hat, basiert auf KI-gestützter Bildverarbeitung, auch bekannt als „Computational Photography“. „Da werden Bildsignale von mehreren Sensoren miteinander verrechnet“, erklärt Hannes. Wichtig zu verstehen: Diese Technologie ist keine Xiaomi-Erfindung, sondern ein branchenweiter Trend. „Das ist jetzt keine Erfindung von Xiaomi, die auch diese Pixel-Binning machen. Wenn mehr Licht gebraucht wird, dann werden zu diesem Zweck Pixel zusammen kombiniert“, stellt Hannes klar. In dieser Berechnung der Bildsignale scheint Xiaomi jedoch besonders stark zu sein.

Bei ersten Tests zeige sich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Samsung: „Manche sehen Samsung im direkten Vergleich vorne, andere Xiaomi.“ Eine Beobachtung gibt es allerdings beim maximalen Ausreizen des 200-Megapixel-Zooms: „Dann siehst du zwar kein Rauschen, aber dann siehst du, dass diese Bildberechnung wahnsinnig eingreift. Und das sieht eigentlich mehr wie gepinselt aus, wie so ein Maleffekt in Photoshop.“

Besonders bei schlechten Lichtverhältnissen trennt sich die Spreu vom Weizen, und hier spielt Xiaomi seine Stärken aus. Der große Sensor und die bereits erwähnte Pixel-Binning-Technologie, bei der mehrere Pixel in dunklen Situationen zusammengeschaltet werden, liefern auch bei wenig Licht beeindruckende Ergebnisse.

Chinesische Technik in geopolitisch unruhigen Zeiten

Christian wirft eine wichtige Frage auf: „Ist es denn sinnvoll, sich auf einen chinesischen Hersteller einzulassen? Wir wissen ja nicht, wer morgen wen wann und wo verbietet.“

Eine berechtigte Sorge, wie Hannes bestätigt: „Bis dato war die Einschätzung, die US-Administration hat gezielt Huawei auf dem Kieker, weil sie eben auch sehr viel Netzwerkausrüstung machen. Das macht Xiaomi zwar nicht, dafür aber flotte Elektroautos.“ Ob die Amerikaner das besser finden?

Die geopolitische Ungewissheit bleibt: „Ganz ehrlich, ich kann dir keine belastbare Antwort darauf geben, was der Trump-Administration morgen einfällt, wen oder was sie verbieten oder abschießen wollen.“

Die Alternative? „Unter diesem Aspekt ist vielleicht der südkoreanische Hersteller Samsung die etwassicherere Wahl. Dafür versuchen die Chinesen natürlich trotzdem, technisch besonders Herausragendes zu bieten. Und sie sind auch ein bisschen günstiger als die entsprechenden Pendants.“

Nebenbei: Xiaomi SU7 Ultra – ein Supersportwagen aus Smartphone-Hand

Übrigens: Xiaomi zeigt auf dem MWC auch ein Elektroauto – das sportliche SU7 Ultra, das offenbar „die Porsches und BMWs dieser Welt so ein bisschen attackieren will.“ Und tatsächlich: Mit beeindruckenden 1548 PS, einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 1,98 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h ist der SU7 Ultra laut Xiaomi das schnellste viertürige Serienfahrzeug der Welt.

Flottes E-Auto – vom Hersteller Xiaomi (Foto: Xiaomi)

Das Dreifach-Motorsystem besteht aus zwei V8s-Motoren und einem V6s-Motor. Der V8s-Motor erreicht dabei beachtliche 27.200 U/min – was ihn laut Hersteller zum stärksten Hauptantriebsmotor in der Produktion macht. Das aerodynamische Design mit Kohlefaser-Heckflügel soll einen maximalen Anpressdruck von 285 kg erreichen.

Im Innenraum finden sich Sportsitze, ein flaches Lenkrad im Rennsport-Stil mit gelber Mittelmarkierung, gelbe Sicherheitsgurte und ein roter Boost-Knopf. Die Benutzeroberfläche und der Sound wurden speziell für das sportliche Fahrerlebnis optimiert – mit drei „Electric Sport Sound“-Profilen und einem externen 40W-Lautsprecher für verbesserte Klangprojektion.

Auch Innen sehr ansprechend – wenn man die Farbe mag ;-) (Foto: Xiaomi)

Beeindruckend: Mit dem SU7 Ultra Prototyp (kaufen kann man den Elektro-Boliden noch nicht) soll Xiaomi bereits einen sieben Jahre alten Rekord auf der Nürburgring-Nordschleife gebrochen haben – mit einer Zeit von 6’46″874 für die schnellste Runde eines viertürigen Autos.

Fazit: KI kommt jetzt überall rein – wenn die Geräte dann mal da sind

Der MWC 2025 zeigt zwei wichtige Entwicklungen: Zum einen rückt KI in Smartphones immer mehr in den Mittelpunkt – und zwar nicht nur in teuren Premium-Geräten, sondern auch in der Mittelklasse. Zum anderen bleibt das Kamera-Wettrüsten zwischen den Herstellern ein zentrales Thema, bei dem chinesische Anbieter wie Xiaomi technologisch auf Augenhöhe mit Etablierten wie Samsung agieren.

Die Frage nach der geopolitischen Zukunft bleibt jedoch unbeantwortet – ein Faktor, den technikbegeisterte Verbraucher beim Kauf neuer Geräte zunehmend berücksichtigen sollten. Denn was nützt das technisch überlegene Smartphone, wenn es durch politische Entscheidungen plötzlich von wichtigen Diensten abgeschnitten wird?

Samsung oder Xiaomi, lokal oder Cloud, Sicherheit oder Innovation – es bleibt spannend auf dem Smartphone-Markt. Wir Digisaurier werden die Entwicklung für euch weiter verfolgen.

Alle Bilder: © Hersteller (sofern nicht anders angegeben)

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