Last Updated on 06.03.2025 by Redaktion Digisaurier
Wenn ein Laptop-Display plötzlich von normal zu riesig wird, dann stecken dahinter Produktkonzepte, die Hannes Rügheimer auf dem Mobile World Congress in Barcelona entdeckt hat. Wer nur nach neuen Smartphones sucht, wird hier auch nicht vollends glücklich. Darum sucht Hannes gezielt nach Themen, die darüber hinaus gehen, und hat dabei die wirklich spannenden Innovationen aufgespürt – von faltbaren Business-Notebooks über digitale Butler im Handy bis hin zu Drohnen, die aus der Luft für Mobilfunkempfang sorgen. Dass dabei auch geopolitische Spannungen und die digitale Souveränität Europas eine Rolle spielen, macht den diesjährigen MWC zu wesentlich mehr als nur einer Gadget-Show.
Erstmal für alle die lieber gucken statt zu lesen: Hier ist der Link zu unserem Youtube Video mit der Schalte nach Barcelona.
Lenovos faltbare Zukunft: Eine Sache der Perspektive
Wer denkt, dass bei Laptops alles schon erfunden sei, wird am Stand von Lenovo eines anders belehrt. Der chinesische Hersteller – „für alle, die es nicht wissen: Lenovo ist ja die Marke, die IBM beerbt hat als Notebookhersteller“, wie Hannes erklärt – zeigt, dass Notebooks durchaus noch überraschen können.

„Die haben sehr interessante Konzepte vorgestellt“, berichtet Hannes mit spürbarer Begeisterung. „Das eine ist dieser Flip-PC, ein Gerät mit einem faltbaren Display. Die hatten so was Ähnliches schon mal unter dem Namen Yoga, aber jetzt wird das Konzept viel flexibler.“
Was ist also neu? Statt zwei Bildschirmen gibt es nun einen durchgehenden 18,1-Zoll-OLED-Screen, der nach außen faltbar ist. „Du kannst es aufrecht klappen, dann hast du quasi einen riesengroßen Hochformat-Bildschirm für ein Dokument“, erklärt Hannes. „Du kannst es ganz umklappen für den Präsentationsmodus, um den Leuten, die dir gegenübersitzen, zu zeigen, was du präsentierst.“

Und als wäre das nicht genug, hat Lenovo auch noch ein bisschen Show-Effekt eingebaut: „Man kann auch noch solche Späße machen, wie zum Beispiel es um 90 Grad zu drehen. Dafür haben sie hier diese Wasserfalldemo, die ganz witzig ist. So eine Konfiguration wäre vielleicht auch Games denkbar.“

Auf die Nachfrage von Christian nach dem Preis gibt Hannes die typische Messeauskunft: „Es ist ein Konzept-PC, da gibt es noch keine Preisvorstellungen.“ Aber seine Schätzung lässt erahnen, dass Innovation ihren Preis hat: „Entweder knapp unter oder vielleicht sogar noch ein bisschen über 3.000 Euro. So was in der Richtung würde ich annehmen.“
Natürlich bleibt die Digisaurier-Skepsis nicht aus: So schön das alles klingt, die Praxis wird zeigen müssen, ob die faltbaren Displays bei solchen Notebooks besser und stabiler sind als bei den ersten Smartphones mit dieser Technik. Ohne Hands-on lässt sich nur sagen: Sieht toll aus, klingt toll – aber erst der Alltag wird zeigen, ob es mehr wird als eine beeindruckende Messedemo.
Wenn ein Bildschirm nicht mehr reicht: Lenovos Antwort auf den Second-Screen
Anderes Szenario: Man sitzt im Hotelzimmer, muss noch schnell eine Präsentation fertigstellen und vermisst schmerzlich den zweiten Monitor aus dem Büro. Lenovo hat dafür jetzt eine Lösung – oder besser gesagt, mehrere Lösungen in Form von verschiedenen Zusatzdisplays.

„Lenovo hat hier ein paar Zusatzdisplays vorgestellt und dafür auch eine Schnittstelle definiert“, erklärt Hannes. Die Idee hinter dieser „Magic Bay“: Man diverses Zubehör am Notebook andocken und auch gleich die Datenverbindung dazu herstellen. Zum Beispiel einen schmalen Zweitbildschirm oben am Notebookdisplay – „um vielleicht den E-Mail-Posteingang im Blick zu haben“ – oder zwei vollwertige Displays links und rechts vom Hauptbildschirm als erweiterte Bildschirme.
Das Ergebnis hat selbst den Digisaurier, der schon einiges gesehen hat, durchaus begeistert: „Du hast dann fast schon die veritable Arbeitsumgebung wie von Börsenmaklern oder Grafikdesignern. Und das Ganze ist halt portabel.“
Christian bringt es auf den Punkt: „Also Lenovo erfindet den Second Screen sozusagen neu.“ Gibt es so etwas nicht schon? „Es gibt Ähnliches schon“, räumt Hannes ein. „Rein praktisch ist der Vorteil: Du dockst es an und musst dir keine Gedanken über Kabel machen.“
Hannes klang, als ob er das Ding am liebsten sofort in seinem Hotelzimmer in Barcelona einsetzen würde: „Ich bin hier ja auch noch mit ein bisschen übrig gebliebener Arbeit gelandet. Und wenn du den zweiten Bildschirm gewohnt bist, um dir zum Beispiel Korrekturen im PDF nebendran zu legen – das kannst du ja mobil nicht. Das wäre schon eine Erleichterung.“
KI im Handy: Der digitale Butler der Telekom
Nur wenige Stände vom Lenovo-Messebereich entfernt geht es weiter. „Ich habe das große Glück, das das gleich nebenan ist. Das war natürlich zufällig so, ich habe es überhaupt nicht so geplant“, scherzt Hannes. Aber wir kennen ihn lange genug: In Wahrheit hat er das zweite Thema in der Schalte natürlich sehr bewusst in derselben Halle vorgeschlagen. Und ist natürlich froh, dass er so etwas Fußweg einspart. Denn auf einer Messe zählt jeder Meter – spätestens am dritten Tag ;-) Aber er hat auch inhaltlich recht – denn ein paar Stände weiter präsentiert die Deutsche Telekom ihre Vision der KI-gestützten Mobilfunkzukunft. Und da sollte man schon mal hingucken als Digisaurier.
„Die Telekom hat vor einem Jahr schon ein KI-Smartphone hier als Konzept vorgestellt. Das haben sie jetzt ein Stück weiterentwickelt“, berichtet Hannes. Doch was bedeutet „KI-Phone“ eigentlich konkret? Immerhin gibt es KI-Funktionen ja mittlerweile in fast jedem Smartphone.

„Die Telekom arbeitet mit Perplexity zusammen, was eine der stärkeren und leistungsfähigeren KIs ist“, erklärt Hannes. Der entscheidende Unterschied: Statt zwischen verschiedenen Apps hin- und herzuwechseln, soll der digitale Assistent wie ein virtueller Butler fungieren, der direkt über den Startbildschirm oder den Power-Button erreichbar ist.
Christian hakt mit einer berechtigten Frage nach: „Kannst du mir eigentlich erklären, wo hier der Unterschied liegt? Ich kann doch auch auf meinem Samsung-Handy einfach Perplexity nutzen. Wozu brauche ich ein spezielles Telekom-Handy oder die Telekom-App dafür?“
Eine berechtigte Frage, auf die auch Hannes keine endgültige Antwort hat: „Ich bin gespannt. Ich denke, es wird sich auch noch ein bisschen herauskristallisieren im Markt, was sich da durchsetzt und was nicht.“ Er denkt, dass diese Ankündigung mit viel Aufwand auch ein Statement der Telekom ist. Denn die Telekom positioniert sich dabei als Plattform, die verschiedene Dienste zusammenführt – ein Ansatz, der durchaus Potenzial hat. „Bei KI auf dem Smartphone stellt sich ja nicht zuletzt die Frage, wer das bereitstellt, kontrolliert und somit daran verdient – die Betriebssystemhersteller wie Google bei Android, die Smartphonehersteller oder eben die Netzbetreiber. Das wird noch eine spannende Entwicklung“, prognostiziert Hannes.
„Du kannst dieser KI dann sagen: Finde mir das beste Tapas-Restaurant in Barcelona und frage mal an, ob da ein Tisch für zehn Leute heute Abend frei ist. Und dann navigiert sie dich anschließend dahin“, veranschaulicht Hannes den Mehrwert. Ob dieser Ansatz besser funktioniert als die KI-Lösungen von Samsung, Google oder Apple, wird sich zeigen: „Wer sich da letzten Endes durchsetzt? Das werden wir abwarten müssen.“, sagt Christian.
Gute Nachricht: Die „Magenta AI“ wird nicht nur Besitzern des KI-Phones zur Verfügung stehen, sondern allen Telekom-Kunden über die MyMagenta-App. Neben dem Perplexity-Assistenten sollen bald weitere Anwendungen folgen, darunter Objekterkennung mit der Smartphone-Kamera, die Umwandlung von Texten in Podcasts und KI-gestützte Bildbearbeitung. Claudia Nemat, Vorständin für Technologie und Innovation der Telekom, formuliert den Anspruch so: „Wir gestalten Technologie für alle.“ Die Funktionen, dass müssen wir Digisaurier hier noch einmal festhalten, gibt es alle schon online und auch in Apps auf dem Smartphone. Eine möglichst nahtlose Integration ist also die Aufgabe – und somit möglichst die besten Angebote verfügbar zu machen. Das hat sich die Telekom offenbar vorgenommen, und wir nehmen sie mal beim Wort.
Mobilfunk aus der Luft: Die fliegende Basisstation

Während am Telekom-Stand zahlreiche Besucher die neuesten KI-Funktionen ausprobieren, erregt ein deutlich größeres Exponat die Aufmerksamkeit unseres Reporters Hannes: eine Drohne, die als fliegende Mobilfunk-Basisstation dient.
„Eine Drohne als fliegende Mobilfunk-Basisstation, ein relativ großes Teil“, beschreibt Hannes das ungewöhnliche Gerät. „Das hat eine Spannweite von mindestens zwei Metern.“ Die innovative Flugmaschine soll dort zum Einsatz kommen, wo temporär zusätzliche Mobilfunkkapazitäten benötigt werden.
„Die kann bei Sportveranstaltungen, zum Beispiel Marathonläufen eingesetzt werden, wo dann möglicherweise dort, wo die Massen gerade sind, nicht so viel Mobilfunk zur Verfügung steht“, erklärt Hannes. Noch wichtiger könnte der Einsatz in Notfällen sein: „Sie haben auch von Katastrophenszenarien gesprochen, also wenn es Hochwasser oder andere Notlagen gibt, um dort unabhängig von der landgestützten Infrastruktur relativ schnell Mobilfunk bereitstellen zu können.“
Die technischen Daten können sich sehen lassen: Bis zu 15 Stunden kann die Drohne in der Luft bleiben – „weil sie halt riesengroß ist, auch entsprechend große Batterien da drin hat“ – und strahlt ein Gigabit an Daten ab. „So dass du wirklich dann auch relativ viele Leute zumindest mit Basis-Mobilfunk versorgen kannst“, fasst Hannes zusammen.
Die Telekom hat diese Lösung bereits erfolgreich getestet: Beim Skirennen „Jizerská 50“ im tschechischen Isergebirge sorgte ein unbemanntes Luftfahrzeug aus 2,3 Kilometern Höhe für Empfang auf einem ansonsten unversorgten Streckenabschnitt.
Wenn Tech auf Geopolitik trifft: Das Elefantenproblem in den Messehallen
Der Mobile World Congress ist traditionell eine Schau der neuesten Gadgets und Technologien. Doch in diesem Jahr ist ein Thema allgegenwärtig, das normalerweise eher in Hinterzimmern besprochen wird: die geopolitische Lage und ihre Auswirkungen auf die Tech-Branche.

Christian spricht es direkt an: „Ich hatte heute gelesen, bei anderen Herstellern ist Thema, dass sie sagen: Bei uns kommt auch der Bereich Rüstungsindustrie immer stärker ins Spiel. Und damit auch auf den Mobile World Congress. Hast du davon irgendwas gehört?“
Hannes, der auf der Messe zahlreiche Hintergrundgespräche führt, kann dazu einiges berichten: „Die ganze politische Entwicklung der letzten Tage und Wochen spielt hier natürlich auch eine Rolle.“ Dabei geht es um handfeste wirtschaftliche Sorgen: „Das ist zum einen ganz profan das Thema Lieferketten. Bekommen wir in Europa denn überhaupt die Chips sowohl aus Asien als auch aus den USA, die wir brauchen? Und wie können wir uns aufstellen, um das irgendwie abzusichern?“
Doch es geht um mehr als nur um Komponentenversorgung. Das Beispiel Starlink in der Ukraine zeigt, wie abhängig Europa von einzelnen Anbietern oder Diensten ist. „Im Augenblick wird die Ukraine und die ukrainische Armee ja sehr stark von Starlink versorgt, was Internetanbindung und Navigationsdienste anbelangt“, erklärt Hannes. „Jetzt gibt es nicht ganz ohne Anlass die Überlegung: Was würde passieren, wenn Starlink sich über diesem Land abschaltet?“
Lösungen wie die fliegende Mobilfunkdrohne könnten eventuell ein Element sein in einem Gesamtkonzept für mehr „digitale Souveränität“. Ein Begriff, der auf der Messe häufig zu hören ist. „Digitale Souveränität ist ein riesengroßes Thema hier“, bestätigt Hannes. „Also wie macht sich Europa grundsätzlich unabhängiger von anderen Weltregionen, die ja zuletzt nicht mehr so ganz so freundlich zu uns waren?“
Christian fasst zusammen: „Also wir merken, die tagesaktuelle politische Lage hat auch Einfluss auf den Mobile World Congress, deutlich sichtbar, deutlich spürbar. Da werden auch noch Lösungen kommen, die wir vielleicht gar nicht auf dem Showfloor sehen, die es aber trotzdem geben wird.“
Fazit: Zwischen Innovation und neuer Realität
Der Mobile World Congress 2025 zeigt, wie die Technologiebranche auf die komplexen Herausforderungen unserer Zeit reagiert – mit flexiblen Arbeitsgeräten wie Lenovos faltbarem ThinkBook, mit KI-Assistenten, die den Alltag erleichtern sollen, und mit resilienten Infrastrukturen wie der fliegenden Mobilfunk-Basisstation der Telekom.
Gleichzeitig wird deutlich, dass Technologie nicht im luftleeren Raum entsteht. Die geopolitischen Spannungen, die Sorge um Lieferketten und die Frage nach der digitalen Souveränität Europas prägen die Diskussionen in Barcelona ebenso wie die neuesten Gadgets und Dienste.
Was bleibt, ist die Erkenntnis: In einer Welt voller Unsicherheiten ist Innovation wichtiger denn je – nicht nur für mehr Komfort und Produktivität, sondern auch für die Widerstandsfähigkeit unserer digitalen Infrastrukturen. Der MWC 2025 ist damit mehr als eine Technik-Show – er ist ein Seismograph für die großen Entwicklungen unserer Zeit.
Alle Bilder: © Hersteller / Deutsche Telekom / Lenovo (sofern nicht anders angegeben)