Last Updated on 04.04.2025 by Redaktion Digisaurier
Eine mysteriöse Mappe aus den 80er Jahren, ein neugieriger Chef und ein junger Werbetexter, der seinen Computer zum „Dialog“ bewegen musste: Christians Geschichte aus der Frühzeit der Computer-Kommunikation zeigt nicht nur, wie weit die Technik gekommen ist – sondern nimmt auch eine erstaunliche Wendung. Und am Ende zieht Hannes ein überraschendes Fazit: „Du warst deiner Zeit deutlich voraus“, stellt er fest, „da hast du wirklich mal 40 Jahre Geschichte vorausgesehen.“
Mit einer geheimnisvollen Mappe stürmt Christian ins Studio – und nimmt uns mit auf eine Zeitreise in die frühen 80er Jahre. In der Mappe: Seine original Bewerbungsunterlagen aus der Zeit als Werbetexter, gefüllt mit Anzeigen für eine besondere Dialog-Kampagne von Apple. Die Motive für Apple II, Apple III und Apple Lisa suggerierten etwas, das damals noch pure Science Fiction war – oder doch nicht?
Es ging um die Vision von Computern als Freund und Helfer. Computer, mit denen man einfach sprechen konnte und die wie selbstverständlich antworteten. „Das war eine Art Dialog-Kampagne“, erinnert sich Christian. Die Werbung suggerierte einen Computer, mit dem man sich wie mit einem Menschen unterhalten konnte – eine Vision, die ihrer Zeit weit voraus war. Die Geschichte nahm eine amüsante Wendung, als einer von Christians damaligen Chefs sich von den Werbeversprechen beeindrucken ließ und den Apple II ausleihen wollte.

Weil man den Dialog schlecht lesen kann auf der Anzeige hier der Text:
Fritz von Bodenstein: „Ha, erst vier Uhr.“
Lisa von Apple: „Na und?“
Fritz von Bodenstein: „Also hör mal. Nach kaum 2 Stunden kann ich mit Dir arbeiten, als hätte ich Dich schon seit Wochen. Das muß ich morgen den Vorstandskollegen erzählen.“
Lisa von Apple: „Würde ich nicht tun. Herr von Selden hat dasselbe in anderthalb Stunden geschafft…“
Jeder sollte einen Freund wie Apple haben.
Zwischen Erwartung und Realität
Als einer der Chefs den Apple II ausleihen wollte, geriet Christian in eine Zwickmühle. Der Computer im eigenen Büro war zwar nicht unverzichtbar, aber durchaus praktisch – und man hatte sich an ihn gewöhnt. Die größere Herausforderung war jedoch eine andere: Die Werbekampagne hatte selbst bei einem erfahrenen Werbeprofi wie dem Chef eine gewisse Erwartungshaltung geweckt. Der Umgang mit dem Computer müsste doch zumindest einigermaßen intuitiv sein. Doch das war – mit Ausnahme der damals brandneuen Apple Lisa – bei Computern Anfang der 80er Jahre noch pure Zukunftsmusik.
Eine kreative Notlösung
Nach einigem Nachdenken kam Christian eine Idee – allerdings eine, die ihn vor eine doppelte Herausforderung stellte. „Programmieren war nie meine große Stärke“, erinnert er sich, „aber ich musste ja irgendeine Lösung finden.“ Also schrieb er ein kleines Programm, das den Computer beim Start wenigstens „Hallo Michael“ sagen und „Was wollen wir zusammen machen?“ fragen ließ. Dann bot es zwei oder drei Optionen an aus denen man auswählen konnte und die wiederum Programme aufriefen. Klar – wer will schon dass der eigene Chef enttäuscht wird, wenn er sich schon für das Thema interessiert zeigt.
Der Moment der Ernüchterung
„Kann ich mir den für einige Zeit ausleihen?“ Das war ja die Frage gewesen, die der Chef Christian gestellt hatte. Aber kaum drei Tage später stand der Apple II wieder in Christians Büro. Was war passiert? „Ich vermutete, der programmierte Begrüßungsdialog hat zwar zunächst funktioniert, aber dann kam irgendwann der unvermeidliche Moment: Die freundliche Begrüßung war vorbei, alle Optionen des Auswahlmenüs waren durchprobiert. Und so holte recht rasch die Realität der damaligen Computerbedienung meinen Chef ein“. Die Erkenntnis war eindeutig: Zwischen Werbeversprechen und tatsächlicher Benutzerfreundlichkeit lagen noch Welten.
Eine überraschende Wendung
„Endlich wieder da“, dachte Christian, als der Apple II nach der kurzen Chef-Episode wieder in seinem Büro stand. Doch die Freude währte nur kurz. „Der Chef der Buchhaltung stand plötzlich in der Tür. Ob ich ihm mal zeigen könnte, was dieser Computer eigentlich so kann?“ Vermutlich war beim Geschäftsleitungs-Jour-fixe über den gescheiterten Dialog-Versuch gesprochen worden – und hatte unerwartetes Interesse geweckt.
Von Dialog zu Tabellen
Die Demonstration der Tabellenkalkulation Visicalc wurde zum Schlüsselmoment. Wo der eine Chef noch vom „sprechenden“ Computer geträumt hatte, leuchteten dem Finanzchef sofort die Augen: Keine handschriftlichen Berechnungen mehr auf riesigen Papierbögen, kein mühsames Addieren endloser Zahlenkolonnen. Stattdessen automatische Berechnung, sofortige Aktualisierung bei Änderungen – ein Traum für jeden Buchhalter. Der Computer wanderte ein zweites Mal aus Christians Büro.
Ende gut, alles gut
„Tja, da war er wieder weg“, erinnert sich Christian schmunzelnd. „Aber diesmal entwickelte sich die Sache anders: Die Finanzabteilung merkte schnell, dass sie für ihre komplexen Berechnungen einen noch leistungsfähigeren Computer brauchte und bestellte einen Apple III.“ Und so kehrte der Apple II schließlich doch an seinen ursprünglichen Platz zurück. Eine Geschichte, die zeigt: Manchmal steckt der wahre Fortschritt nicht in visionären Werbeversprechen, sondern in der puren Rechenkraft eines Computers.
Ein überraschendes Fazit
Als Christian von seinem kleinen selbstprogrammierten Dialog-System erzählt – der Begrüßung, den Auswahloptionen, der simulierten Kommunikation – muss Hannes schmunzeln: „Du warst deiner Zeit deutlich voraus. Da hast du wirklich mal 40 Jahre Geschichte vorausgesehen.“ Tatsächlich: Was damals als improvisierte Notlösung begann und mit einem kleinen Programm die Vision der Werbekampagne wenigstens ansatzweise simulieren sollte, ist heute mit Siri, Alexa und Co. längst Alltag geworden. Auch wenn der Weg dorthin länger war als die Marketing-Abteilungen der 80er Jahre vermuteten.