Erinnerungen an Amiga, Commodore und ein unglaublicher Amiga-Fan

40 Jahre nach der ersten Amiga-Präsentation in New York schwelgen wir in Erinnerungen. An die Zeit, als Hannes bei der Bundeswehr Lkw fahren lernen musste, während ich das erste Amiga-Buch schrieb. An legendäre Buchhandels-Touren quer durch Deutschland. Und an einen Zuschauer namens Lukas, der uns mit seiner Geschichte sprachlos machte: Er bediente seinen Amiga lange Zeit nur mit Pfeiltasten und Amiga-Taste – ohne Maus. Eine Geschichte, die wir anfangs gar nicht glauben konnten.

Es gibt Geschichten, die erzählt man immer wieder gerne. Und es gibt Geschichten, die einem erst Jahre später jemand erzählt – und dann sitzt man da und denkt: „Das kann doch nicht wahr sein!“ Beides haben wir erlebt, als wir vor kurzem in unserem Livestream über 40 Jahre Amiga sprachen und in Erinnerungen schwelgten.

Wo alles begann: Ein CBM-Computer im ehemaligen Sprachlabor

„Das hier ist unsere alte Schule in Würzburg“, erkläre ich, während ich das Foto von Hannes und mir vor dem Computerraum zeige. „2015 war das, ein Abi-Treffen. Wir hatten das Vergnügen, durch die Schule geführt zu werden.“

Was wir da sehen, ist eigentlich der Ort, wo für uns alles anfing. „Der Raum, vor dem wir da stehen, war ursprünglich mal das Sprachlabor“, erzählt Hannes. „Da haben wir tatsächlich noch mit Headset irgendwelche Bänder abgehört, die uns englische Aussprache beibringen sollten.“

Aus dem Sprachlabor wurde später der Computerraum – und der CBM-Computer, der da oben steht, war tatsächlich der erste Computer, den sich diese Schule angeschafft hatte. „Ich hatte den damals im Wahlkurs Informatik dann auch traktieren dürfen oder kennengelernt“, erinnert sich Hannes.

Der Raum der heute ein Computer-Raum in unserer alten Schule ist…

Der Lehrer – man muss es ihm hoch anrechnen, dass er sich das überhaupt angetan hatte – war ein Mathe-Mensch. „Sein Zugang zu dieser ganzen Thematik war halt eher: Oh, jetzt können wir ganz tolle Sortieralgorithmen, tolle Integralberechnungen am Computer machen“, beschreibt Hannes die damalige Herangehensweise. „Was natürlich für uns Schüler nicht so wahnsinnig spannend und motivierend war.“

„Ich glaube, ich habe ihm da und dort auch mal die Show gestohlen, indem ich dann halt in Basic irgendwas gemacht hatte, was mit Integralen und Sortieralgorithmen eher nichts zu tun hatte“, gesteht Hannes mit einem Lächeln.

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Würzburg – ein zentraler Ort für unsere IT-Karrieren

Hier, an diesem Gymnasium in Würzburg, waren wir damals Klassenkameraden – und das war tatsächlich der Anfang von allem. „Wir waren ja in einer Klasse. Wir haben zusammen in der Schule gesessen, und der Ort, von dem Ihr gerade die Bilder gesehen habt, da hat tatsächlich alles begonnen, was wir dann später beruflich gemacht haben. Bis heute zu unserem Kanal Digisaurier. Auch wenn keiner meiner damaligen Mathelehrer je gedacht hätte, dass ich mal mit Computern… Aber lassen wir das“, erkläre ich die Verbindung.

Christian, einige Jahre später, auf einer der Digisaurier-Radreisen im Rahmenb von #NeuDig mit dem Rad in Würzburg

Hannes war damals der Computerfreak, der mich in diese Welt hineinzog: „Hannes hat angefangen, mich jedes Mal in der Schule zu nerven mit irgendwas Neuem, was er an einem Computer gesehen hatte. VC 20, C64, und der kann dieses und kann jenes. Hat mich in Kaufhäuser geschleppt, damit ich mir dort mit ihm zusammen angucke, was der Computer kann.“

Das waren unsere ersten gemeinsamen Computererfahrungen – in Kaufhäusern oder Computershops. Denn wir konnten uns die Geräte noch nicht leisten. „Also Hannes nicht – ich hätte mir damals eh keinen gekauft“, stelle ich heute schmunzelnd fest. „Und die Geräte konnten am Anfang eigentlich nicht sonderlich viel, man musste alles selbst programmieren.“, schmunzele ich über unsere damaligen Experimente.

Hannes‘ Hartnäckigkeit war legendär: „Ich war zwar nie ein echter Gamer, aber der Einstieg in diese ganze Computerei hatte schon mit Spielen zu tun. Der VC-20 war natürlich weit davon entfernt, in meinem Schülerbudget zu sein, aber ich bin immer in den Kaufhof Würzburg gegangen, um da so etwas Ähnliches wie Space Invaders nachzuprogrammieren.“ Das Problem: „Das führte zu der etwas ungünstigen Zeitaufteilung, dass ich immer zwei Stunden Basic-Listings eingetippt habe, um dann noch mal fünf Minuten mit dem Programm zu spielen.“

Die Rettung kam durch einen hilfsbereiten Verkäufer: „Irgendwann hat mir der Verkäufer dann ein Kabel geschenkt, mit dem ich den Kassettenrekorder zum Abspeichern nutzen konnte.“ Das änderte alles – und später bat der Kaufhof uns sogar, Demos für sie zu schreiben.

So ungefähr sahen wir damals aus – und ein Computershop im Hintergrund. Was Ihr seht, sind unsere „jungen“ Comic Avatare

Diese Schulzeit war wirklich der Grundstein: „Das ist schon eine spannende Zeit gewesen, als wir damals anfingen, diese ersten Schritte zu gehen, die später zu all dem führen sollten, was wir gemacht haben.“

Ein paar Tage Unterschied – wie Christian sich in den Amiga verliebte, während Hannes Lkw fuhr

Eigentlich hätten wir das erste Amiga-Buch zusammen schreiben sollen. Eigentlich. Aber Hannes hatte keinen Bock auf den Amiga.

„Der Aussage ,keinen Bock‘ würde ich natürlich vehement widersprechen“, wehrt sich Hannes gegen meine Behauptung. „Der wesentliche Grund war, dass ich gerade mit dem Abi fertig und zur Bundeswehr gewechselt war. Und zumindest in den ersten drei Monaten war man da ziemlich eingespannt. Für nebenher Bücherschreiben war einfach keine Zeit.“

Die Ironie der Geschichte: Während ich in Frankfurt bei der Commodore-Präsentation saß und von diesem revolutionären Computer begeistert war, musste Hannes „Lastwagen fahren lernen“. So unterschiedlich kann der Alltag ausfallen.

„Ich hatte meine Informationen größtenteils aus den Fachzeitschriften, 64’er und Data Welt und anderen“, erzählt Hannes über seine damalige Amiga-Einschätzung. „Und da war halt die Redaktionsmeinung: Eigentlich ist der Atari ST das heiße Ding, das da kommen wird.“ Als er dann auch noch las, der Atari sei „ein bisschen so wie der Macintosh, nur halt günstiger“ sei, fand er das, was Christian ihm vom Amiga vorschwärmte, zwar interessant, aber war noch nicht vollends überzeugt.

Hier erzählt übrigens der damalige Data-Welt-Chefredakteur und Digisaurier Rainer Bartel, warum er und seine Redaktion nicht an den Amiga glaubten:

Ich war da schon völlig begeistert. „Du warst vollkommen begeistert von dem Ding und ich sagte ja, okay, aber alle anderen meinen doch, der ST ist viel interessanter“, erinnert sich Hannes. Bis er ihn dann das erste Mal in Aktion gesehen hatte: „Danach habe ich es dann auch verstanden.“

Aber das dauerte eben ein bisschen. Darum schrieb ich „Amiga für Einsteiger“ allein. Später, als die Begeisterung auch Hannes gepackt hatte, schrieben wir gemeinsam weiter.

Die Bundeswehr-Episode hat übrigens ein skurriles Detail: „Ich kann mich erinnern, dass ich in der heißen Phase unseres ersten Buches, Amiga Basic, meinen Amiga 1000 tatsächlich auch am Wochenende, während ich da irgendeine Präsenzpflicht hatte, irgendeine Wache oder so, einfach mitgenommen hatte.“

„Aber du hast ihn nicht versteckt, oder?“, frage ich nach.

„Nein, das wäre ja auch gar nicht gegangen. Nein, ich hatte den auf den Tisch der ,Stube‘ gestellt. Und da war er dann halt auch ein Wochenende lang. Und hat auch meine ,Kameraden‘ durchaus begeistert.“

Ein Amiga 1000 in der Kaserne – das muss ein Bild gewesen sein.

Übrigens, vor zehn Jahren, zum 30-jährigen Jubiläum des Amiga, hat Hannes seine Perspektive auf diese Zeit aufgeschrieben:

Mit Amiga auf Tour – die große Zeit der Buchhandels-Rundreisen

Meine Begeisterung für den Amiga führte dann auch dazu, dass ich mehr als einmal für ihn in die Bresche sprang:

Was später folgte, waren wirklich unvergessliche Momente. „Wir haben ja ganz viele Rundreisen gemacht in Deutschland mit dem Amiga damals, diese Präsentationen bei den Buchläden“, schwelge ich in Erinnerungen.

Das waren keine gewöhnlichen Autorenlesungen. „Statt Autorenlesungen haben wir da wirklich große Buchhandlungen besucht.“ Und die waren voll! „Da kamen richtig viele Leute und wollten gezeigt bekommen, was so ein Amiga kann, was man damit machen kann.“

Die Vielfalt der Menschen, die kamen, war unglaublich. „Wir haben wirklich die unterschiedlichsten Leute kennengelernt. Wir haben Ärzte kennengelernt, die etwas damit machen wollten für ihre Praxis. Und wir haben tatsächlich schon Musiker kennengelernt, die den Amiga für ihre Auftritte nutzen wollten.“

Eine Begegnung ist mir besonders in Erinnerung geblieben: „Es war der Chef-Lichttechniker von der EAV, der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Der hat den Amiga zum ersten Mal gesehen und gesagt: ‚Mensch, damit müssen wir auch etwas machen können.'“ Die EAV war damals eine österreichische Kultband, die für ihre spektakulären Bühnenshows bekannt war.

„Also es war schon irre, wie viele Leute kamen, den Amiga sehen wollten und Freude daran hatten, dass es ihn gibt“, fasse ich zusammen. „Und das war auch eine tolle Zeit, weil wir wirklich eine Community hatten. Die alle auf den Amiga abfuhren und sagten: ‚Was für ein tolles Gerät.'“

Diese Rundreisen waren mehr als nur Buchpromotion – sie waren ein Stück Computergeschichte. Da trafen sich Menschen, die alle von derselben Vision begeistert waren: dass Computer mehr sein können als nur Rechenmaschinen. Dass sie kreativ, bunt und begeisternd sein können.

Der unglaublichste Amiga-Fan: Lukas und seine Heldentat

Während unseres Livestreams hatten wir auch unsere Zuschauer um ihre Amiga-Erinnerungen gebeten. Und da kamen wirklich schöne Geschichten zusammen.

Ein Zuschauer namens Christian schrieb: „Mein erstes Amiga-500-Spiel war Baby Joe, und ich habe es bei meinem Onkel gespielt. Von da ab war ich Fan des Computers.“ Eine nostalgische Amiga-Erinnerung, wie sie viele von uns haben.

Doch dann meldete sich Lukas – und seine Geschichte machte uns zunächst sprachlos: „Meinen ersten A500 hatte ich 2012, da war ich 15, und als ich 16 in dem Jahr wurde, kam endlich Hardware wie Maus und Joystick dazu und einige Spiele, dazu noch ein A1200 und ein A500+“, schrieb er.

„Ich hoffe, es gab vorher schon eine Maus“, reagierte ich spontan. „Amiga ohne Maus ist ja schwierig.“

Aber Lukas setzte einen drauf: „Leider nicht! Mit Pfeiltasten und Amiga-Taste“ habe er das Gerät bedient.

„Also tatsächlich am Anfang echt den Amiga ohne Maus bedient. Wow“, staunte Hannes.

Hier erzählt uns Lukas in der Sendung seine unglaubliche erste „Amiga-Erfahrung“

„Wer wollte dich denn ärgern?“, war meine erste Reaktion. „Das ist ja brutal.“

Hannes ergänzt: „2012 dürfte das ja ein gebrauchter Amiga gewesen sein. Vielleicht war die Maus kaputt und wurde darum gar nicht mitgeliefert. Das kam damals durchaus vor.“

Ich brachte es auf den Punkt: „Also Lukas, du verdienst die goldene Digisaurier-Flosse – die wir zwar nicht haben, aber wenn wir sie hätten, hättest du sie verdient. Wer über längere Zeit einen Amiga mit Pfeiltasten und Amiga-Tasten bedient, der ist wirklich ein Held. Ganz, ganz großes Kino.“

Die Geschichte von Lukas zeigt: Wahre Amiga-Liebe überwindet alle Hindernisse. Selbst fehlende Mäuse.

Den Mitschnitt der kompletten Live-Sendung, in der Lukas per Zuschauer-Chat von einen speziellen Amiga-Erfahrungen berichtete, findet Ihr hier:

Amiga 40 in Mönchengladbach – die Vergangenheit trifft die Zukunft

„Mit 90-prozentiger Sicherheit werden wir beide, Hannes und ich, auf der Amiga 40 in Mönchengladbach dabei sein“, kündige ich an. „Die findet am 18. und 19. Oktober statt, Samstag und Sonntag.“

Der Plan: „Wir werden dort vermutlich ein kleines Studio aufbauen, wenn alles klappt. Und wir werden von dort berichten.“ Eventuell gibt es auch wieder Bühnenprogramm: „Ich bin mit dem Markus, der das organisiert, gerade im Gespräch, dass wir eventuell auch was auf der Bühne machen, so Talks, wie ich sie 2019 auf der Bühne schon mal gemacht habe. Wir würden gerne einfach so eine kleine Digisaurier-Sendung auf der Bühne machen.“

Sehen wir uns auf der Amiga 40 in Mönchengladbach im Oktober – wir überlegen noch mit dem Veranstalter was wir genau vor Ort machen – aber mindestens einer von uns wird dabei sein

Für alle, die uns treffen wollen: „Irgendjemand hat in einem Kommentar vor kurzem geschrieben, er wünsche sich schon lange ein Autogramm von mir. Wir haben tatsächlich keine Autogrammkarten. Vielleicht machen wir zur Amiga welche oder Ihr bringt etwas mit, was wir unterschreiben können.“

Besonders freuen würden wir uns, Lukas dort zu treffen. Nach seiner heroischen Amiga-ohne-Maus-Geschichte würden wir gerne mehr über seine frühen Amiga-Erfahrungen hören.

40 Jahre später: Was bleibt

Während wir zurückblicken, wird klar: Der Amiga war mehr als nur ein Computer. Er war ein Versprechen. Das Versprechen, dass Technologie nicht kompliziert und grau sein muss, sondern bunt, kreativ und begeisternd.

Diese Begeisterung spüren wir heute noch – in unseren eigenen Erinnerungen, in den Geschichten unserer Community und besonders in unglaublichen Geschichten wie der von Lukas, der beweist, dass wahre Technik-Liebe alle Hindernisse überwindet.

40 Jahre Amiga bedeuten 40 Jahre Erinnerungen, 40 Jahre Kreativität und 40 Jahre einer Community, die bis heute lebt. Von den ersten CBM-Computern im Schulsprachlabor über Hannes‘ Bundeswehr-Erfahrungen mit dem Amiga bis zu Lukas‘ heroischer Tastatur-Navigation – der Amiga hat uns alle geprägt.

Habt ihr auch solche Amiga-Erinnerungen? Erzählt uns Eure Geschichten! Und wer weiß – vielleicht sehen wir uns im Oktober in Mönchengladbach und können gemeinsam in Erinnerungen schwelgen.

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