#NeuDig: „Microsoft hatte immer dieselbe Strategie um zu gewinnen“ Ex-MS-Chef Rudi Gallist

Was hat Microsoft in der Zeit von Windows 95 oder beim großen Kampf mit Novell um den Markt der Computernetzwerke eigentlich so erfolgreich gemacht? Wie schaffte es das Software-Unternehmen aus Redmond Marktführer im Bereich Tabellenkalkulation gegen Lotus zu werden? Wie gelang es WordPerfect mit dem Microsoft Produkt Word abzuhängen? Rudi Gallist, damals Top-Manager bei Microsoft und dann auch Deutschland Chef, weiß es aus allernächster Nähe. Er gehörte zum engsten Kreis um Bill Gates in diesem Momenten. Er hat mit entschieden und erzählt wie es hinter den Kulissen wirklich war. Ein spannender Zeitzeuge der mitten drin statt nur dabei war. Wir haben ihn im Rahmen der #NeuDig Reise durch die Digitalisierungs-Geschichte Deutschlands mit der Kamera getroffen.

Rudi Gallist von Microsoft erzählt wie man Novell, Lotus, Wordperfect und viele andere schlug
Wenn einer weiß wie die Schlachten wirklich waren, dann Rudi Gallist. Rund 9 Jahre war er Deutschland Chef bei Microsoft.

Viele fragen sich heute noch, wie es möglich war, dass der Netzwerk-Niemand Microsoft dem Platzhirschen Novell den damals komplett von Novell beherrschten Markt der Computernetzwerke so einfach abnehmen konnte.

Die Wahrheit ist: das war nicht einfach. Aber am Ende simpel. Denn es war eine ganz klare, wenn auch einfache Strategie: Vorbereitung und Gelegenheit. So hieß das Konzept, das Gallist der bis zum Jahr 2000 im Vorstand von Microsoft war, bis heute bewundert. Und das er heute sicher bei so manchem der neuen Player wie Google, Amazon und Co  wieder erkennt. Das Verrückte war, dass diese Strategie immer und immer wieder aufs neue eingesetzt wurde. Und immer und immer wieder mit Erfolg.

Von Lotus 123 bis Wordperfect – im Video erzählt Rudi Gallist wie Microsoft vorging

In diesem Video erzählt Rudi Gallist unter anderem wie Redmond mit Excel die Tabellenkalkulation Lotus 123 verdrängte. Welche Fehler Lotus machte und wie Bill Gates die ausnutzte. Und von weiteren Opfern: WordPerfect, dBase… Die Zahl der „Opfer“ in diesem Wirtschaftskrimi um die Vorherschaft im Software-Markt ist zahlreich. Umso spannenden einem Zeitzeugen in unserer Playlist auf Youtube zuzuhören.

Übrigens: diese Playlist ist in dieser Form in dieser Woche exklusiv für die Leser hier beim Digisaurier – denn erst im Lauf der Woche werden diese Videos auf unserem Youtube Kanal für alle Nutzer freigeschaltet. Also: viel Spaß und ein wenig Spannung beim gucken.

„Ich habe damals aus nächster Nähe erlebt, wie das Microsoft System >>Vorbereiten und Gelegenheit nutzen funktioniert<<. NT war ein Trojaner, dBase machte Fehler, WordPerfect war mit anderen Dingen beschäftigt. Das hat Bill jedesmal erkannt und genutzt.“

Rudi Gallist,
MS-Deutschland Chef  1991 bis 2000

Übrigens: wer sich die oben eingebettete ganze Playliste anschaut, erfährt auch noch ein paar andere Microsoft-Geschichten. Zum Beispiel wie Bill Gates damals Deutschland in Sachen Digitalisierung einschätzte oder warum das Produkt LexiRom ein echtes Problem für Microsoft zu werden drohte,  dass buchstäblich erst in letzter Sekunden abgewendet werden konnte. Also: dran bleiben beim gucken.

Das Gates-System: vorbereiten und sofort Gelegenheit nutzen

Auch bei WordPerfect war es im Grunde gar nicht so kompliziert: die Gelegenheit, so erzählt Rudi Gallist, kam als Wordperfect verkauft wurde. Das nutzte der eigentlich deutlich abgeschlagene Konkurrent aus Redmond direkt aus. Der Marktführer Wordperfect konnte sich nicht wehren. Bill Gates gewann.
Und in beiden Fällen – bei Lotus durch die Portierung der Software auf andere Systeme und bei WordPerfect durch den Verkauf – waren die Ressourcen der Unternehmen an der falschen Stelle gebunden.

Windows NT - auf den ersten Blick kein Netzwerkbetriebssystem
Windows NT: da stand nichts von Netzwerk-Fähigkeiten. Und darum merkte es auch keiner. Bildquelle: http://toastytech.com/guis/nt31.html

„Bill Gates hingegen steckte stattdessen mit seinen Entwicklungsteams in Redmond alle Kraft immer frühzeitig in diese Kernprodukte und ihre Weiterentwicklung:“ , erinnert sich Gallist.

Und auch Ashton Tate wurde Opfer dieser Strategie: dBase war die Datenbank schlechthin. Microsoft hatte zuerst „nur“ FoxPro und dann Access. Der de facto Standard war am Anfang der Auseinandersetzung also damals ganz klar dBase. Der Gewinner am Schluss hieß: Access und Microsoft
Das Rezept von Gates: Man erkenne die stark fehlerhafte Softwareversion bei dBase schnell – und den Frust der Nutzer. (Gelegenheit). Man kaufe vorher den besten dBase Klon namens FoxPro (Vorbereitung) und zack – ausnutzen was sich bietet mit den Mitteln die man hat. So wurde Access am Schluß zur Erfolgsgeschichte, die keiner Redmond zugetraut hatte. Wahre Geschichten aus der IT Geschichte. Wirtschaftskrimi pur.

„Microsoft hatte halt das Betriebssystem!“ Nein – das war nicht das Erfolgsgeheimnis

Willy Söhngen damals Novell Chef bestätigte uns die Microsoft Trojaner Geschichte in Sachen Windows NT
Willy Söhngen, ehemaliger Novell Chef, im Interview bei #NeuDIg „Die Geschichte die Rudi Gallist erzählt stimmt. Und auf uns wollte in USA keiner hören…“

Es war also nicht einfach nur der Punkt: die aus Redmond haben halt das Betriebssystem Windows – darum gewannen die solche Kämpfe immer wieder. Das war sicher ein Teil der Basis des Erfolges. Aber es ist wenn man sich die Erzählungen von Rudi Gallist anhört eben nicht die ganze Geschichte. Wie man bei der Novell-Story gut sehen konnte ist hier die Betriebssystemfrage ein großer Vorteil. Aber die Wahrheit ist: Novell ist einfach auf eine Namensgebung reingefallen.

Eine Geschichte die uns übrigens Willy Söhngen, damals Chef bei Novell, auch bestätigte. Er und Rudi Gallist waren sich privat freundschaftlich verbunden – aber im Kampf um den Softwaremarkt in Deutschland gab es keine Pardon. Eben deshalb eine Geschichte die wir bei #NeuDig und unserer Reise durch die Digitalisierungsgeschichte in Deutschland auch erzählen wollen. Der Bill Gates Trick in diesem Fall:  ein Microsoft-Trojaner!

Eine Frage änderte die Lage schlagartig – und schon schlug Microsoft Novell

Im Interview mit Rudi Gallist während unserer #NeuDig Reise ist eine der spannendsten Geschichten die, wie Novell erstmal nicht merkte, dass Microsoft mit Windows NT in Wahrheit ein Server-Betriebssystem auslieferte. Nur weil Microsoft es nicht so nannte.

Und das besondere: auch den Kunden war das nicht klar. Windows NT wurden ihnen einfach nur als hochstabiles Enterprise Betriebssystem angeboten. Über Netzwerk-Fähigkeiten redete man nicht. Bis zu dem einen Moment, nachdem der Kunde auf NT migriert hatte.

„Der spannende Moment war die Frage an die Kunden: Und wie vernetzt ihr jetzt eure NT Computer. Da erst begriffen die Leute: Windows NT ist ein Netzwerk-System. Es braucht kein weiteres mehr.“

Rudi Gallist, Ex MS-Chef & Zeitzeuge

Kann das alles wirklich wahr sein? War es möglich, dass Novell es verabsäumte das neue Produkt Windows NT aus Redmond nicht auf Netzwerkfähigkeiten zu prüfen, nur weil der Begriff Netzwerk nicht drauf stand? Konnte es sein, dass man der Konkurrenz sowenig Beachtung schenkte?

Denn sie wissen nicht was der andere tut – eine Erfahrung bei „Neues… die Computershow“

Ganz ehrlich: auch nach meinen eigenen Erfahrungen bei den Dreharbeiten zu „Neues – die Computershow“ bei 3Sat glaube ich das. Nicht nur weil der damalige Novell-Chef Söhngen die Geschichte bestätigte in unserem Interview. Sondern auch weil ich ähnliches selbst erlebte: einmal luden wir zwei Verwantwortliche für Textverarbeitungs-Software ein. Einer von Microsoft einer von Wordperfect. Sie sollten mit einer Textverarbeitung ein ganz bestimmtes Dokument erstellen in einer vorgegeben Zeit. Der Knackpunkt – den beide erst erfuhren als wir sie vor laufender Kamera an die PCs setzten – war: sie sollten das mit dem jeweiligen Konkurrenzprodukt machen. Beide mussten zugeben, dass sie noch nie mit der Software der anderen auch nur gearbeitet hatten.

Alle haben gesagt, dass sie besser sind als die anderen. Aber wirklich gewusst haben sie es offenbar des öfteren nicht. Auch das ist ein Stück Geschichte der Digitalisierung in Deutschland und sicher auch weltweit.

Der Kampf von Microsoft und gegen Microsoft – eine Geschichte aber viele Teilnehmer

Es ist – wenn man es heute betrachtet – schier unglaublich was das Softwareunternehmen aus Redmond unter der Führung von Bill Gates und auch Rudi Gallist in Deutschland gelang. Alleine gegen alle. Wer Lust hat mehr zu Thema zu lesen: Es gab da einen Einzelgänger, der Microsoft schlagen wollte. Vermutlich weil er das Konzept durchschaute und den Ehrgeiz hatte sich denen in Redmond und insbesondere Bill Gates zu stellen. Es war ein Computerhändler. Aber nicht irgendeiner, sondern der deutsche Platzhirsch. Hier ist eine Geschichte dazu, die ich selbst mit ihm erlebt habe. Theo Lieven von Vobis.

Als Theo Lieven Bill Gates angriff…

Und wusstet ihr das Bill Gates den deutschen Konrad Zuse, den Vater des Computer sehr schätzte? Auf einer unserer #NeuDig Reisen haben wir „ihn“ besucht:

Tag 4 #NeuDig: Besuch bei Konrad Zuse

Und ganz interessant als Erweiterung der Geschichte: Erinnerungen eines damaligen Microsoft Partners beim CIO Kurator unter diesem Link:

https://ciokurator.com/2017/08/17/damals-wie-microsoft-wurde-was-es-ist-und-ein-ausblick-auf-heute/

Ein Gedanke zu „#NeuDig: „Microsoft hatte immer dieselbe Strategie um zu gewinnen“ Ex-MS-Chef Rudi Gallist“

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