John C. Dvorak, 2004 auf der DIMA

Computerhelden (9): John C. Dvorak – der Godfather des PC-Journalismus

John C. Wer? Nie gehört? Wer ist denn das? Okay, ich gestehe, diesen genialen Fachjournalisten kennen außerhalb der USA nur Kollegen innerhalb der schreibenden Zunft. Ich persönlich habe ihn über Jahre verehrt, den Mr. Dvorak, der so herrliche Kolumnen im PC Magazine und in der Infoworld verzapft hat. Und als ich während der Comdex 1987 in Las Vegas zum ersten Mal drei Stühle neben ihm während eines Presse-Events saß, war ich ganz schön aufgeregt. Dabei ist der gute John vom gleichen Jahrgang wie ich und hat in etwa zur selben Zeit (ab ca. 1983) begonnen, über diese neuen persönlichen Computer zu schreiben. Ähnlich wie ich kommt John vom anderen Journalismus her: er war zuvor Weinschreiber, ich wirkte im Feuilleton. Und selbst die Motivation, sich schreibend mit den kleinen Kisten auseinanderzusetzen, ähnelt sich. Es ging John C. Dvorak bis weit in die Neunzigerjahre immer darum, endlich das optimale System als WERKZEUG für die Arbeit auf dem Schreibtisch zu haben. Außerdem hat er es – wie ich – so gar nicht mit dem Spielen auf dem PC…

Seine Artikel im PC Magazine habe ich verschlungen. Im Grunde handelte es sich um Erfahrungsberichte mit diesem oder jenem Stück PC-Technik aus der Sicht eines anspruchsvollen Anwenders. Der Rest dieser zentimeterdicken Computerzeitschrift bestand dagegen aus Techie-Kram, PR-Bejubelungen und vor allem Anzeigen, Anzeigen, Anzeigen. Der Herr Dvorak aber, der KAUFTE die Computer, die Monitore, Drucker, Festplatten und was er sonst noch für brauchbar hielt, nutzte das Zeug tagtäglich und entwickelte seine Meinung dazu – und wenn John C. Dvorak eines ist, dann meinungsfreudig (auch darin sind wir Brüder im Geiste). Innerhalb von nur drei Jahren wurde er zu DER Instanz in Sachen PC-Hardware-Anwendung. Die Hersteller zitterten vor seinen Urteilen, und die schlauen unter ihnen änderte ihre Produkte umgehend, wenn Dvorak etwas auszusetzen oder Verbesserungsvorschläge hatte.

Typisch John...
Typisch John…

Ähnlich wie einige bekannte Digisaurier hierzulande, kam John C. Dvorak auch sehr schnell ins Fernsehen. Ab etwa 1987 war er Dauergast in ungezählten Sendungen Dutzender Sender, trat als Experte auf, als Sachenerklärer oder auch als Interviewer. Letzteres vor allem in Sachen IT-Industrie, denn durch seine Kolumnen in der Infoworld hatte er sich auch als profunder Kenner der Irrungen und Wirrungen diverser IT-Unternehmen profiliert. Ja, ab ungefähr 1990 wurde er auch in Börsenkreisen bekannt, weil er (meist ungefragt) Informationen und Bewertungen von börsennotierten IT-Companies veröffentlichte.

Als das Internet wichtiger wurde als diese ganze Hardware, trat John C. Dvorak nur kurz in den Hintergrund. Zwischen 1996 und 2004 – in dieser Zeit sanken die Auflagen der klassischen PC-Zeitschriften drastisch – wurde es vergleichsweise still um ihn. Auch wenn er wieder einer der Ersten war, der (ca. 2001) mit dem Bloggen anfing. Das macht er bis heute – und nicht nur rund um Digitalien. Im Gegenteil: John ist aktives Mitglied der Universal Life Church, einer überkonfessionellen Freikirche, die auch Prominente wie alle Beatles, David Byrne, Tom Hanks, Benedict Cumberbatch und eine ganze Reihe an Musikern, Schauspielern und TV-Leuten zu ihren Mitgliedern und Predigern zählt. Diese Kirche hat nur einen Grundsatz: „Do that which is right“ – also etwa „Tu das Richtige“, ein Statement des absoluten Liberalismus, der bei Dvorak über alles gesehen eher in die konservative, republikanische Richtung schlägt.

Das Drama um den TWiT.tv-Rausschmiss geht weiter
Das Drama um den TWiT.tv-Rausschmiss geht weiter

Ohne dies 1987 in Las Vegas zu ahnen oder zu wissen, war er mir damals auch nicht besonders sympathisch, denn ich habe in dieser Branche selten jemanden kennengelernt, der mit Kollegen herablassender umsprang. Ich geriet in eine Gesprächsrunde, an der drei andere US-Fachjournalisten teilnahmen und in der es um die Zukunft der IBM-AT-Klone ging; damals ein spannendes Thema, zu dem es durchaus unterschiedliche Meinungen gab. Einer der Diskutanten vertrat die These, dass IBM auf lange Sicht keine Chance gegen Apple habe, wegen der intuitiven Bedieneroberfläche. Mit einer an Bosheit grenzenden Arroganz teilte Dvorak dem armen Mann mit, er möge gern bei seinem Spielzeug bleiben, sich dann aber bitte heraushalten, wenn sich richtige Männer unterhalten. Als damals glühender Mac-Fan fühlte ich mich davon ko-beleidigt. Las aber weiter alles, was John C. kolumnierte mit großer Begeisterung.

Immer wieder ist Dvorak mit Industriegrößen und mit Kollegen überkreuz geraten. Jüngstes Beispiel: Als Gründungsmitarbeiter von TWiT.tv ließ er es sich nehmen, den Chef Leo Laporte per Twitter zu beleidigen, wurde von diesem gefeuert, was einen bis heute glühenden Krieg voller Verleumdungen und Beschimpfungen nach sich zog. Ursache war der sogenannte „Ahmed-Hoax„, den Laporte und übrigens auch der allgegenwärtige Jeff Jarvis als Teil einer rassistischen Kampagne einordneten. Dem widersprach Dvorak vehement und nannte die Sache einen Medien-Hype – nicht ohne seinen Auftraggeber dabei heftig zu beschimpfen. Wie gesagt: Meinungsfreudig ist er, der John…

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