Das Nokia 7110 mit WAP-Browser (Foto: Nokia)

Fast vergessen (25): Der kurze Sommer von WAP und i-Mode – Websites für Handys

Als Ende 1999 ein Kollege von WAP schwärmte, dachte nicht nur ich: „Ha, ha, ha – das Internet auf dem Handy…“ Wo Mobiltelefone doch – nach, was wohl? – zum Telefonieren unterwegs unabhängig von der Telefonzelle da waren. Und ob sich dieses Internet durchsetzen würde, war ja auch noch nicht ganz klar. Immerhin nutzten wir, die wir heute Digisaurier sind, das World Wide Web doch schon sei etwa 1997 ziemlich oft und gern; es war die Netscape-Ära, und Bill Gates dachte darüber nach, sein eigenes WWW zum Standard zu machen. Und dann kam WAP und ein bisschen später i-mode.

Dies zu Zeiten, in denen die meistens Handys noch mit kleinen, monochromen Displays ausgestattet waren, und das kleine Klapp-Handy als letzter Schrei galt. Das Internet war vom Mobiltelefon so weit weg wie die deutsche Bundesregierung vom Silicon Valley. War ja noch nicht mal Neuland, dieses weltumspannende Digitalnetz, denn dazu erklärte es die damalige Kanzlerin Angela Merkel bekanntlich erst 2013.

Das i-mode-Konzept (Abb.: NTT Docomo)
Das i-mode-Konzept (Abb.: NTT Docomo)

Die Idee hinter dem Wireless Application Protocol (WAP) war es, die den Weg für das Smartphone ebnete, also für das allgegenwärtige Internet-Terminal in Hosentaschenformat. Dazu musste aber erst einmal eine eigene Sprache gefunden werden, in der „Webseiten“ beschrieben werden konnte, sodass sich die Inhalte auf den winzigen Displays darstellen lassen konnten und User:innen in die Lage versetzt wurden, auf und zwischen den Seiten zu navigieren. Der erste Wurf namens Handheld Device Markup Language (HDML), mit dem WAP 1.0 arbeitete, erwies sich als Flop. Erst WAP 1.2, dessen Markup-Language XHTML-konform funktionierte, ließ – nein, nicht die Anwender:innen – potenzielle Anbieter aufs Thema einsteigen.

Damals dachte die Macher:innen des Internets noch in Portalen, also Webseiten mit einem breiten Fächer an Content, auf dem sich die User:innen möglichst lange aufhalten sollten, um das bisschen Werbung darauf auch oft genug zu sehen. Deshalb führte WAP nie zu tragfähigen Geschäftsmodellen, außer dem von Dienstleistern, die Firmen dabei halfen, aus ihren Homepages WAP-Portale zu basteln.

i-mode: quietschbunte Games (Screenshot YouTube)
i-mode: quietschbunte Games (Screenshot YouTube)

Und dann kam i-mode aus Japan über uns. Quietschbunt und wild bewegt. Die PR-Agentur, in der für Geld ich damals gezwungen war, bekam 2002 den Auftrag, dieses System in Deutschland populär zu machen. Gar nicht so einfach, denn i-mode konnte man nur auf i-mode-Handys nutzen. In Japan hatte das gut funktioniert. NTT DoCoMo, bis heute größter Mobilfunkanbieter im Land der aufgehenden Sonne, hatte das Ding unter der Leitung von Keiichi Enoki bauen lassen, und bot es exklusiv an. Und zwar als Service für Content-Anbieter, die ihre Inhalte nach den strenge i-mode-Regeln verfassten und die entgeltpflichtigen Leistungen von NTT DoCoMo abrechnen ließen.

i-mode-Screen: Hauptsache bunt (Screenshot: YouTube)
i-mode-Screen: Hauptsache bunt (Screenshot: YouTube)
In Deutschland hatte sich e-plus (die Älteren unter uns Digisauriern werden sich an dieses Telekommunikationsunternehmen erinnern…) die Lizenz gesichert und gedachte mit i-mode Millionen zu scheffeln, denn das war NTT DoCoMo in Japan gelungen, aber auch Lizenznehmern in Australien und Israel waren später halbwegs erfolgreich. Der deutsche i-mode-Sommer war kurz. Schon 2005 kündigte e-plus an, den Dienst einzustellen. Und 2008 wurde der Service dann auch für die paar Bestandskund:innen eingestellt, die dem merkwürdigen Internet für ganz wenige Handymodelle die Stange gehalten hatten. Für den asiatischen und den amerikanischen Markt wurde das Gros der Devices von NEC gefertigt; i-mode-Handys in Europa stellte vorwiegend Nokia her.

WAP hielt sich dagegen länger. Das lag auch daran, dass fast alle wichtigen Handy-Anbieter einen WAP-Browser in ihre Systeme integriert hatten. Das machte es einfach, mit dem Mobiltelefon WAP-Seiten zu nutzen. In vielen Fällen gab es von populären Websites WAP-Ableger, auf denen zumindest ein Teil des Contents zu sehen war.

Aber dann kamen 2007 Apples i-Phone und 2008 das Betriebssystem Android von Google; wer aufs Smartphone umstieg, brauchte kein i-mode und auch kein WAP mehr, weil man nun die echten Websites auf dem Display anzeigen lassen und zwischen den Seiten navigieren konnte. Damit wurde den beiden Systemen innerhalb kürzester Zeit das Lebenslicht ausgeblasen.

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