Alle erwarteten eine „Siri-Box“ im Stil von Amazon Echo und Google Home, aber Apple präsentierte anlässlich der Keynote zum WWDC 2017 … ta-taaaaa! – den (oder heißt es das?) HomePod. Ja, auch der HomePod ist ein Lautsprecher mit Mikrofonen. Ja, auch im HomePod stecken Mikros. Und, ja, drinnen wohnt tatsächlich Siri und lauscht, ob das Herrchen oder das Frauchen was zu befehlen hat. Aber, wer glaubt, Apple würde das Teil als KI-Dose vermarkten, sieht sich getäuscht. Will man der zugehörigen Präsentation glauben, geht es beim HomePod vor allem um Musik, Musik, Musik.
Angenommen, ein Unternehmen kommt mit seinem Produkt für ein neues, heißes Marktsegment später als die Mitbewerber, dann werden die Marketingleute natürlich ganz verzweifelt nach dem USP suchen, nach dem, was das eigene Gerät von der Konkurrenz unterscheidet. Und so sieht das im Falle Apple vs Amazon und Google (und auch Microsoft) wirklich aus. „Wie jetzt, wir können doch nicht AUCH die künstliche Intelligenz featuren!“ hört man die Verantwortlichen sagen, „Das machen doch die andern schon. Und zwar nicht schlecht.“ Tatsächlich machen es Alexa und der Google-OK-Assistent nicht nur nicht schlecht, sondern ziemlich gut. Aktuell sogar einen Hauch besser als Apples Siri. Tatsächlich kann die KI-Tante im HomePod kaum mehr als Termine eintragen und an Dies und Das erinnern. Dafür hat man sie aber darauf getrimmt, diese quälenden Fragen zur gehörten Musik zu beantworten.
Die intelligente Anpassung an den Raum
Im Ernst: Kommt Otto Normalmusikhörer wirklich bei einem Stück auf die Frage, wer dabei am Schlagzeug sitzt? Oder wann die zugehörige Schallplatte aufgenommen wurde? Wohl eher selten. Immerhin kann Siri in punkto Musikangebot mindestens dasselbe wie Alexa und der Kollege bei Google. Doch das kann einem Innovationsmonster, wie Apple es über lange Zeit war, nicht reichen. Also hat man einfach die eine wunderbare Eigenschaft des HomePod in den Vordergrund geschoben, die es bei Echo und Home so nicht gibt: Die intelligente Anpassung der Box an die Raumverhältnisse. Man kennt das aus der Sonos-Welt; und die haben’s eigentlich bei fortschrittlichen Dolby-Surround-Systemen abgeguckt.
Der Lautsprecher misst den Raum aus, den er beschallen soll und stellt die verbauten Chassis entsprechend ein, damit der Sound so gut wie nur möglich klingt. Während man die Messung bei Dolby-Receivern meist manuell vornehmen muss und sie bei Sonos-Boxen halbautomatisch geschieht, ist solch ein HomePod in der Lage, in ECHTZEIT die Lage zu peilen und die insgesamt sieben verbauten Chassis entsprechend anzusteuern. Rückt man den HomePod beispielsweise näher an eine Wand, berechnet das Gerät die Möglichkeiten der Reflektion und nutzt sie zur Sound-Optimierung. Ganz schön clever… Aber ob das 349 US-Dollar pro HomePod wert ist? Zumal natürlich Hifi-Puristen aus dem Grinsen kaum noch herauskommen werden, wissen sie doch, dass ein noch so soundstarker HomePod ja doch vorwiegend komprimierte Musik, die zudem auch noch per Wlan an die Box gestreamt wird, spielen wird. Und die genügt audiophilen Ansprüchen ja nicht im mindesten.
Dose nicht schöner als Säule und Vase
Vermutlich war es so, dass die Entwickler das Echtzeit-Sound-Forming gar nicht als zentrales Feature des HomePod betrachtet haben, aber die Marketing-Strategie nichts anderes übrigließ. Denn der HomePod hat ein paar Nachteile: der Name ist ein bisschen bescheuert, und schöner als die Amazon-Säule und die Google-Vase ist die Apple-Dose auch nicht.