Peter Thiel 2014 in Berlin (Foto: Dan Taylor - Heisenberg Media - CC BY 2.0)

Internethelden (3): Peter Thiel, der Superreiche, der uns Paypal bescherte

Das beunruhigendste und von ihm autorisierte Zitat aus dem Munde von Peter Thiel besagt, dass er Freiheit und Demokratie für miteinander unvereinbar hält („Most importantly, I no longer believe that freedom and democracy are compatible“). Das passt perfekt zu diesem Libertären, der immer schon Republikaner war, die Tea-Party-Bewegung mit in Gang gesetzt hat und zu einem der stärksten Unterstützer des aktuellen US-Präsidenten Donald Trump zählt. Nun darf man sich einen Libertären nicht im Sinne des Anarchismus europäischer Prägung vorstellen, sondern als jemanden, der jegliche Form der Regulierung durch einen Staat ablehnt, weil aus dieser Sicht nur so das freie Spiel der Kräfte in der Wirtschaft ermöglicht wird. Peter Thiel glaubt daran und handelt auch danach. Er setzt sein Milliardenvermögen deshalb voll und ganz nach eigenem Wunsch und Willen ein; wenn es sein muss, auch um sich zu rächen oder gesellschaftliche Bewegungen zu behindern und zu unterdrücken.

Wie im wilden Westen

Heroes and Villains - wie im Wilden Westen
Heroes and Villains – wie im Wilden Westen
Das gesellschaftspolitische Bild, das Thiel vertritt, hat viel mit dem wilden Westen zu tun, mit der Ära der Vereinigten Staaten, in dem in kaum vorhandenen staatlichen Strukturen immer wieder Helden und Schurken („Heroes and Villains„) miteinander rangen. Kein Wunder, dass er schon 1998 das Internet als einen Raum für sich entdeckte, in dem er sich wie ein Westernheld (oder -schurke) bewegen konnte. Von Hause aus ist der in Frankfurt am Main geborene Mann, der mit einem Jahr mit den Eltern in die USA kam, studierter Philosoph und Jurist. Und es war ein Zufall, der ihn mit dem Informatiker Max Levchin zusammenbrachte, der wiederum als Erster eine Idee vom Zahlungsverkehr im Internet hatte. Mit dem Prinzip von Paypal, der von Levchin entwickelten und in eine Firma gleichen Namens gebrachten Methode, wurde der Online-Handel, wie wir ihn heute kennen, überhaupt erst möglich. Thiel investierte 280.000 US-Dollar in Paypal und beteiligte sich an der praktischen Umsetzung der Methode mit.

Woher das Geld kam? Nach nur einem Jahr als Angestellter bei einem Bundesrichter und später in einer New Yorker Anwaltskanzlei zog Peter Thiel nach Kalifornien, wo er zuvor schon an der Stanford Universität studiert hatte, und wurde Derivate-Händler bei der Credit Suisse. Der hochbegabte Mann, der schon als Sechsjähriger das Schachspiel lernte und in seiner aktiven Zeit auf einen ELO-Wert von fast 2200 kam, lernte schnell und setzte bald darauf für sein neu gegründetes Unternehmen einen höchst erfolgreichen Anlagefonds auf. Man kann auch sagen: Thiel lernte das Spiel mit dem Kapital rasch und gründlich und hat seitdem eigentlich nie etwas anderes betrieben.

Die PayPal-Mafia

Das ist die sogenannte "PayPal-Mafia"
Das ist die sogenannte „PayPal-Mafia“
Mitinvestor bei Paypal war übrigens Elon Musk, der Multiunternehmer mit den irrwitzigen Visionen, mit dem Thiel über all die Jahre immer wieder zusammenarbeitete; ob sie je Freunde geworden sind, ist unklar. Unklar ist überhaupt, ob Peter Thiel so etwas wie Freunde hat und nicht nur Geschäftspartner. Man sagt ihm eine tiefsitzende Distanzhaltung nach und einen Hang zur Gnadenlosigkeit – bis hin zur Böshaftigkeit. Wie wir heute wissen, beste Voraussetzungen dafür, im Internet-Business superreich zu werden. So betrachtet ist Thiel das exakte Gegenteil von Mac Andreessen, der zwar ebenfalls aus einer Rolle auf dem technologischen Gebiet ins Fach eines Investors wechselte. Ob Thiel überhaupt je Interesse an den technologischen Aspekten des Internets hatte, darf bezweifelt werden. Eigentlich drehen sich alle seine Projekte in der Nach-Paypal-Ära um ganz andere Dinge.

Kollegen: Peter Thiel und Elon Musk (Foto: Nasa.tv)
Kollegen: Peter Thiel und Elon Musk (Foto: Nasa.tv)
Peter Thiel spielt nach eigenen Regeln. 2007 outete ihn das Tratsch-Magazin Gawker als homosexuell, was ihn sehr verletzt und wütend gemacht haben soll. Als dann der berühmte Wrestler Hulk Hogan – übrigens auch ein glühender Trump-Verehrer – gegen den Gawker prozessierte, übernahm Thiel nicht nur die Kosten in Höhe von mehr als 10 Millionen US-Dollar, sondern forderte öffentlich dazu auf, ihn über mögliche Schadenersatzprozesse gegen den Gawker und ähnliche Blogs zu informieren, um Prozesse einzuleiten. Hulk Hogan wurden rund 115 Millionen US-Dollar an Schadenersatz zugesprochen, der Gawker war pleite und musste schließen. Peter Thiel unterstützt außerdem eine obskure Organisation für „Pressefreiheit“, die ganz im trump’schen Sinn gegen „Fake News“ vorgeht.

Anhänger kruder Theorien

Der unter Evangelikalen großgewordene Christ bekannte sich später, inspiriert durch sein Philosophiestudium, zu den Theorien von René Girard zu. Danach besteht die Aufgabe von Religionen vor allem darin, die Menschen von der Gewaltanwendung durch Nachahmung abzubringen, indem sie grundlegende Wahrheiten verschleiern. Nur so könne verhindert werden, dass Individuen und Gruppen als Sündenböcke missbraucht und die Wut unkontrolliert auf diese gerichtet würde. Thiel bezieht seine Vorstellung vom Begriff „Philanthropie“ aus diesen Theorien, indem er vor allem für philanthropisch erklärt, was Menschen und Gruppen vor Eifersucht, Neid und Wut anderer schützt. Man kann vermuten, dass er sich selbst oft in der Rolle eines Sündenbocks gesehen hat und sieht, und so seine Reaktionen rechtfertigen will.

Das ganz große Geschäft machte Peter Thiel mit seinem sehr frühen Investment in Mark Zuckerbergs Plattform „Facebook“, indem er zu verschiedenen Zeitpunkte kleinere und größere Aktienpakete abstieß und dabei Profite in der Größenordnung von mindestens 2 Milliarden US-Dollar einstrich. Manches an Thiels öffentlich bekannten Aktionen erinnert an einen der klassischen Bond-Film-Schurken. So unterstützt er mit Geldern in unbekannter Höhe eine Idee namens Seasteading. Dabei geht es um die Gründung und den Betrieb von Kolonien für Superreiche auf dem Meer, die der Kontrolle durch Staaten vollkommen entzogen sind. Dass Peter Thiel das Prinzip der Nationalstaaten vollständig ablehnt, zeigt sich auch daran, dass er nicht nur einen deutschen (von Geburt her) und einen US-amerikanischen Pass besitzt, sondern durch das Ausnutzen einer Gesetzeslücke auch Staatsbürger Neuseelands ist – was er vor allem dafür brauchte, als „Ausländer“ riesige Ländereien zu erwerben und der staatlichen Kontrolle zu entziehen.

Schwimmende Staaten und Lebensverlängerung

So stellt sich Thiel die Zukunft der Reichen vor (Foto: Seasteading.org)
So stellt sich Thiel die Zukunft der Reichen vor (Foto: Seasteading.org)
So wie Elon Musk viel, viel Geld in die private Raumfahrt steckt, gibt Thiel ungeheure Summen für Projekte rund um das Thema „Verlängerung der Lebenszeit“ aus, weil er daran glaubt, dass der Mensch durch den Einsatz von Technik und Medizin ein sehr viel höheres Lebensalter erreichen könne als heute. Deshalb unterstützt er das Wirken des heftig umstrittenen Biogerontologen Aubrey de Grey, dem vor allem vorgeworfen wird, dass seine Theorien letztlich nur den „chosen few“ zugutekämen, die wohlhabend genug wären, die nötigen Maßnahmen bezahlen zu können. In letzter Zeit hat Thiel massiv in den legalen Cannabis-Anbau und -Handel investiert und mehrfach öffentlich erklärt, dass Kryptowährungen ganz im Sinne einer libertären Weltordnung als zukunftsträchtig zu betrachten seien. Was massive Gerüchte aufbrachte, er halte Bitcoins im Werte von mehreren hundert Millionen US-Dollar.

Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern, die an eine geheime Weltregierung der Superreichen glauben, ist die Tatsache, dass Thiel zu allem Überfluss auch noch Mitglied im Steuerungskommitee der Bilderberg-Konferenzen ist. Warum aber kann Peter Thiel trotz allen Merkwürdigkeiten als Internetheld gelten? Vielleicht deshalb, weil er aktiv und visionär daran mitgewirkt hat, grundlegende Methoden (Zahlungsverkehr, Social Media), die für die heutige Bedeutung des Internets von erheblicher Bedeutung sind, zu entwickeln und in die Realität zu übersetzen – aus welchen Motiven auch immer…

Und hier ein Video, in dem Peter Thiel über die libertäre Weltordnung und die Zukunft der Kryptowährungen speicht:

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