Apple Macintosh Portable - der mit dem Trackball

Kleine Weltgeschichte der Touch-Bedienung (2)

Aufmacherbild: (c) Wikimedia Commons

Im ersten Teil dieses historischen Abrisses haben wir ja gesehen, dass die mittlerweile durchgehend angewöhnte Touch-Bedienung überhaupt erst in den menschlichen Denkkreis kam, weil sich Doug Engelbart die grafische Benutzeroberfläche und die zugehörige Maus erfunden hat. Und dass das Grafiktablett mit dem Stift die zweite Wurzel dieser Sache ist. Grundsätzlich ging es mit dem Siegeszug der GUIs (Graphical User Interface) immer darum, einen Zeiger auf das Objekt der Begierde zu bewegen und es durch eine zweite Aktion auszuwählen, zu markieren, zu öffnen und wasauchimmer. Eigentlich ein Wunder, dass Milliarden Menschen die Auge-Hand-Koordination hinbekommen, einen Pfeil auf einer vertikal angebrachten Fläche (Display) durch bewegen eines Gerätes auf einer horizontalen Fläche (Mousepad) mehr oder weniger fehlerfrei hinbekommen. Aber die Maus wurde innerhalb von nicht einmal zehn Jahren zum Standardzubehör fast aller Computer. Als dann aber auch transportable Rechner mausbedürftig wurden und die Nutzer der Kisten und Klappdinger ein weiteres Zubehör mitschleppen mussten, da dachten die Ingenieure mal wieder nach – heraus kam dabei der Trackball.

Die Idee dahinter (die vermutlich mehrere schlaue Köpfe zu annähernd gleicher Zeit hatten): Wenn wir die Maus umdrehen und in die Tastatur integrieren, dann wird die Handfläche des Anwenders zum Mousepad, und er bewegt den Zeiger durch Drehen der Kugel. Das funktionierte auf Anhieb. Bekanntlich war Apple in Sachen Laptop eher ein Nachzügler – vielleicht weil seinerzeit der große Innovator Steve Jobs nicht an Bord war. Aber im glücklosen Macintosh Portable von 1989 war am rechten Rand ein solches Rollkugeleingabegerät integriert. Genau wie im ersten wirklich schoßfähigen Laptop aus selbem Hause, dem Powerbook.

Inzwischen in Salt Lake City…

Dr. George E. Gerpheide
Dr. George E. Gerpheide – der Erfinder des Touchpads, der völlig zu Unrecht in der Computerwelt so gut wie unbekannt ist

Die Geschichte der Computerei ist voller genialer Erfinder, deren Geist nie stillstand und die ständig neue Dinge erdachten und meist sogar in die Echtwelt brachten. Der bereits erwähnte Doug Engelbart war einer von ihnen, der Commodore- und Atari-Entwickler Shiraz Shivji ein anderer, Steve Wozniak, Chuck Peddle, Sir Clive Sinclair, um nur ein paar zu erwähnen.

Aber Dr. George E. Gerpheide, wer kennt den? Der begeisterte Skifahrer, Bergfex und Weltreisende aus Utah hatte bereits eine Spur verschiedener mehr oder weniger nützlicher Dinge entwickelt – u.a. einen Seitenwagen für den Macintosh mit eingebautem IBM PC, damit man am Würfel auch MS-DOS-Programme nutzen konnte.

Der Erfinder des Touchpad – Dr. George E. Gerpheide

Und dann kam ein Tag im Jahre 1988: da meldete George Gerpheide etwas zum Patent an, das er die Glidepoint-Technologie nannte. Und die beschrieb er in Gestalt dessen, was wir heute als Touchpad kennen. Seine Idee war es, den ominösen Zeiger ganz ohne Mechanik steuern zu können. Zu diesem Zwecke brachte er das Prinzip der Maus mit dem Prinzip des Grafiktabletts zusammen.

Denn ein solches Touchpad ist nichts anderes als ein ziemlich kleines Tablett, das einen menschlichen Finger erkennt und dessen Bewegungen auf den Cursor überträgt. Aber wie funktioniert so ein Touchpad? Das zugrunde liegende Prinzip ist das eines kapazitativen Näherungssensors. Ein solcher Näherungsschalter reagiert auf die Veränderung des elektrischen Feldes in seiner Umgebung – zum Beispiel durch das Eindringen eines Fingers in seinen Luftraum. Die einschneidende Idee von Gerpheide war es, ein sehr engmaschiges Netz solcher Sensoren zu bauen, wobei jede Elektrode durch XY-Koordinaten in einem Raster eindeutig zu identifizieren ist. Gleitet ein Finger über ein solches Grid, kann ständig ausgewertet werden, wo er sich befindet. Und mit einem bisschen schlauer Elektronik kann bis auf die einzelne Elektrode genau bestimmt werden, welcher Sensor am stärksten beeinflusst wird.

Vom Trackpad zum Touchpad – Apple erwarb eine der ersten Lizenzen

Im IBM ThinkPad gab es zuerst nur den sogenannten Trackpoint
Der Außenseiter: Im IBM ThinkPad gab es zuerst nur den sogenannten Trackpoint

Das Trackpad, später eher Touchpad genannt, war geboren. Das Patent wurde 1988 bestätigt, und schon 1990 oder 1991 erwarb Apple eine Lizenz auf dieses Patent. Die führenden Laptop-Hersteller jener Zeit folgten rasch, sodass das Powerbook ab 1994 nicht einmal der einzige Laptop mit einem solchen Steuergerät war. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Touchpad am Tragbaren zum Standard.

Nur IBM scherte bei den ersten Generationen des ThinkPad aus und baute den sogenannten Trackpoint ein – einen winzigen roten Hebel zwischen den Tasten, mit dem man den Cursor nach Art eines Joysticks bewegen konnte.

Vom Touchpad zum Touchscreen – wer war zuerst da? Nein – falsch geraten

Ab 1994 wurde also großflächig getouched. Es gab sogar etliche Nutzer von Desktop-Rechnern, die sich so sehr in die Touchpads verliebten, dass sie sich ein extern angeschlossenes als Mausersatz anschafften. Selbst in der Welt der Großrechner-Terminals hielt die Glidepoint-Technologie Einzug. Und das von Gerpheide mit gegründete Unternehmen Circque ist bis heute wichtiger Entwickler und Anbieter von Lösungen, die auf dieser Technologie basieren. Der Erfinder selbst hat sein rastloses Leben beibehalten und firmiert jetzt als c2mw4 („Creating To Move the World Forward“) und wirkt als technischer Berater.

E.A. Johnson und sein Touchscreen (Foto: arstechnica.com)
E.A. Johnson und sein Touchscreen (Foto: arstechnica.com)

Aber jetzt kommt’s: Der Touchscreen ist deutlich älter als das Touchpad! Unglaublich, aber wahr. Denn schon 1965 beschrieb der Ingenieur E.A. Johnson, damals tätig am britischen Radar-Forschungsinstitut (Royal Radar Establishment), ein entsprechendes Gerät:

„A novel input/output device for computer systems has wires, sensitive to the touch of a finger, on the face of a cathode-ray tube on which information can be written by the computer. This device, the ‘touch display’, provides a very efficient coupling between man and machine.“

[Quelle: Electronics Letters, Volume 1, Issue 8, October 1965, p. 219 – 220]

Das dann auch bald realisiert wurde. Wie die Beschreibung schon andeutet, handelte es sich um einen Bildschirm mit resistiver Touch-Technik, also um eine druckempfindliche Oberfläche, die sich mit den damals verfügbaren Mitteln prima erzeugen ließ.

Ein Raster aus feinen Drähten, eingebettet in eine Folie wirkt als Schalter, wenn durch Druck ein Kreuzungspunkt die Kathodenstrahlröhre berührt. Zum Auswählen von Buttons auf dem Bildschirm hat diese Technik bis auf den heutigen Tag – u.a. in Geldautomaten – überlebt. Um die Bewegung von Fingern auf der Oberfläche zu verfolgen, eignet sich diese Konstruktion allerdings eher schlecht.

Viele Ideen – ein Ergebnis: die Touch Bedienung

Erst als alle bisher beschriebenen Elemente zusammenkamen, konnte sich die Touch-Bedienung durchsetzen. Und zum Ende der Neunzigerjahre fanden weitere schlaue Leute heraus, dass das Touchpad der Maus in Sachen Vielseitigkeit weit überlegen ist.

Zum Beispiel weil natürlich auch zwei oder mehr Annäherungen von Fingerspitzen ausgewertet werden können , sodass Gesten möglich werden. Ja, das inzwischen allbekannte Prinzip, ein Bild durch Auseinanderziehen zweier Fingerspitzen zu vergrößern, wurde prinzipiell schon für Touchpads erfunden – genau wie die Geste des Wischens. Weil diese Gesten aber nie in den Betriebssystemen Windows und MacOS verankert wurden, blieb ihre Nutzung auf einige wenige Anwendungen im Grafik- und Bildbearbeitungsbereich beschränkt.

Es war das 1998 gegründete Unternehmen FingerWorks, das für sein TouchStream LP, eine Tastatur mit Touchpad, einen kompletten Satz an Gesten entwarf, mit dem per Touch jede Aktion am Computer ausgelöst werden konnte – selbst die virtuelle Tastatur war schon vorhanden.

Das iPhone, der erste Held der Touch-Bedienung

Das iPhone der ersten Generation von 2007
Das iPhone der ersten Generation von 2007 brachte den Durchbruch für die Touchbedienung

Bis dann aber die Touch-Bedienung ihren wirklichen Durchbruch erzielte, dauerte es noch ein paar Jahre. Erst 2007 brachte Apple nach jahrelanger Geheimnistuerei sein Mobiltelefon auf den Markt – das iPhone.

Bei diesem Gerät setzte man komplett auf die Bedienung über ein berührungsempfindliches Display und reduzierte die Navigation per Taste auf genau eine: den legendären Home-Button.

Schon die Touchscreens hatten es vorgemacht: Statt mit dem Finger (Touchpad), einem Stift (Grafiktablett) oder der Hand (Maus) auf einer waagerechten Ebene herumzurühren, um eine Markierung auf dem senkrecht angeordneten Display zu steuern, bewegt sich nun der Finger auf derselben Ebene, auf der auch die Elemente der Benutzeroberfläche zu sehen sind.

Weiter lässt sich die Auge-Hand-Koordination nicht vereinfachen. Das Ganze ist so unmittelbar einleuchtend, dass – dies haben Feldversuche ergeben – bereits zweijährige Kinder in aller Regel mit der Touch-Steuerung bunte Bildchen auswählen und über den Bildschirm bewegen können.

Mehr als zwei Dutzend Gesten bringen uns der Technik näher

Inzwischen existieren mehr als zwei Dutzend Gesten, die sich mit einem, zwei oder mehreren Fingern realisieren lassen und die definierte Aktionen auslösen; die meisten davon sind intuitiv nachvollziehbar. Aber möglicherweise ist damit die Entwicklung dieser Mensch-Maschinen-Schnittstelle noch nicht am Ende. Denn Apples ForceTouch-Technologie bringt die dritte Dimension in die Touchbedienung, indem die Stärke und Dauer eines Fingerdrucks ebenfalls ausgewertet wird.

Am Ende bleibt die Frage, ob diverse Science-Fiction-Fantasien über die Steuerung von Devices über Gesten im Raum, über die Sprache oder pure Gedankenkraft die Kooperation zwischen Mensch und Maschine überhaupt noch entscheidend verbessern würden. Aber das haben sich viele damals auch gedacht, als die Maus noch das Non-plus-Ultra der Computerbedienung war.

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