Der Bastelcomputer für Digisaurier: Raspberry Pi

Was zur Hölle… Macht Basteln mit einem Raspberry Pi wirklich Spaß?

Viele Digisaurier haben sich eine gewisse Affinität zu Platinen bewahrt und immer noch keine Angst vorm Lötkolben. Wer sich in den Neunzigern vielleicht einen eigenen PC aus zusammengekauften Teilen gebaut oder höchstpersönlich EPROMs gebrannt hat, traut sich auch heute noch, mal ein Device aufzuschrauben und nach dem Rechten zu sehen. Der Nachfolgegeneration ist derlei Mut fast vollständig abhanden gekommen. Dabei ist jede Form von Computerbastelei – die softwareseitige eingeschlossen – der Königsweg zum Verständnis des Wie und Weshalb der ganzen Digitalität.
Tatsächlich waren es Pädagogen aus Großbritannien, die schon vor vielen, vielen Jahren die Idee hatten, einen Computer zu entwickeln, die von Schülerhänden erst einmal montiert und anschließend programmiert werden müssten, um nutzbar zu sein. Mit dem BBC Micro wurde diese Idee zu Anfang der Achtziger Wirklichkeit. Gleichzeitig hielten hierzulande die Herren vom WDR Computerclub das Bastelfähnchen bis 2003 hoch.

Und dann kam der Raspberry Pi. Es war und ist eine Stiftung, die seit 2012 diesen winzige Computer mit einem Ein-Chip-System anbietet und weiterentwickelt – mit genau demselben Ziel, das auch mit dem BBC Micro verfolgt wurde. Der Raspberry Pi (phonetisch übersetzt: Himbeerkuchen) besteht aus einer Platine von der Größe einer Kreditkarte, dem Ein-Chip-System und den allerwichtigsten Schnittstellen zur Außenwelt. Da muss nichts gelötet oder gesteckt werden, obwohl das Ding selbst kaum 40 Euro kostet.

Gebraucht wird dann noch ein Steckernetzteil, ein Wlan-USB-Adapter und eine SD-Karte mit 4, besser 8 GB sowie ein HDMI-Kabel, um das Computerchen mit einem Bildschirm bzw. Fernseher zu verbinden sowie eine USB-Tastatur und –Maus. Empfehlenswert ist es, gleich ein passendes Gehäuse mit zu bestellen, damit das Platinchen immer gut geschützt arbeiten kann. Das Betriebssystem lädt man sich am PC aus dem Internet herunter und schreibt es auf die SD-Karte. Dann kann’s auch schon losgehen. Weil der Raspberry Pi sofort startet, wenn er Strom kriegt, wird er als Letztes mit der Steckdose verbunden. Vorher kommt die SD-Karte dran, der Wlan-Adapter und natürlich Maus und Tastatur. Dann wird per HDMI die Verbindung zu einem Bildschirm hergestellt – das kann auch der heimische Fernseher sein.

Ja, es ist ein waschechter, vollwertifer Linux-PC!
Ja, es ist ein waschechter, vollwertiger Linux-PC!
Was dann zu tun ist, wird in haufenweise Tutorials beschrieben – teils in Textform, teils in Form von Videos. Je nachdem sind diese Anleitung sehr, sehr technisch orientiert oder nutzerfreundlich kurz und knackig gebaut. Am Ende hat man auf jeden Fall einen lauffähigen Raspberry Pi, einen waschechten kleinen Linux-Computer, der die Basis für allerlei Basteleien bildet. Auch für mögliche Projekte existieren im Netz buchstäblich Hunderte Vorschläge und Anleitungen. Aber was kann man denn überhaupt mit einem solchen Winzling anfangen?

Der Raspberry Pi als waschechter Webserver
Ohne weiteres Zubehör eignet sich der Himbeerkuchen dank seiner Wlan-Verbindung ins Internet als Server und/oder Client für alle möglichen Aufgaben rund um das Netz. Weil das Ding minimal viel Strom verbraucht, eignet sich vor allem als Gerät, das immer an ist und dabei ständig mit dem Internet verbunden bleibt. So kann es zum Beispiel als waschechter Webserver fungieren. Vorausgesetzt, dem Raspberry-Pi-Besitzer steht eine einigermaßen schnelle Verbindung zur Verfügung, wird das Ding persönlichen Rechenzentrum fürs Web. Die Software dafür ist übrigens eigentlich schon an Bord und muss lediglich um die üblichen LAMP-Module (Linux, Apache, MySQL und PHP) ergänzt werden.

Der Raspberry Pi tut Dienst als MediaCenter
Der Raspberry Pi tut Dienst als MediaCenter
Wer keinen SmartTV und auch keine Streamingbox bzw. keinen Streamingstick besitzt und auch keinen anschaffen will, kann mit dem Raspberry Pi mit minimalem Aufwand ein waschechtes Media-Center realisieren, das alles aus dem Internet auf den Fernseher und die Anlage streamt, was dort angeboten wird. Dafür gibt es eine spezielle (kostenlose) Betriebssystemversion namens Raspbmc, die am flottesten von einem USB-Stick läuft. Nach der Zehn-Minuten-Installation kann’s sofort losgehen. Übrigens: Dies ist die mit Abstand häufigste Nutzung des Einplatinencomputers. Wer auch die zuhause angesammelten Videos, Fotos und Songs so verteilen will, macht aus dem kleinen Computer ein extrem stromsparendes NAS. Das allerdings durch die geringe LAN-Geschwindigkeit des zuständigen Bauteils ein bisschen langsam läuft.

Sensoren und andere Hardwarezusätze
Viele weitere Möglichkeiten bieten Sensoren, die angeschlossen werden. Die zugehörigen Programme zur Steuerung und Auswertung findet man in diversen Foren und Raspberry-Pi-Fanseiten. Das Prinzip hier: Der Winzling wertet per Sensor etwas aus, berechnet oder verwertet das Ergebnis und wirft es aus. Mit einem Utraschallsender und -empfänger kann man so zum Beispiel ein sehr exaktes Entfernungsmessgerät bauen. Man braucht wenig Fantasie um sich vorstellen, was der Kleene anstellen kann, wenn man ihm einen Bewegungsmelder verpasst. Und geradezu galaktisch sind die Variationen mit Mikrofonen und Spannungsmessern. Inzwischen hat sich eine eigene Szene entwickelt, die Analog-Digital-Musikinstrumente auf Raspberry-Pi-Basis entwickelt.

Im Internet gibt's jede Menge Zusatzplatinen und -module
Im Internet gibt’s jede Menge Zusatzplatinen und -module
Für Lötkolbenartisten eigenen sich alle Projekte, bei denen die Anschlüsse des Zwergen nicht ausreichen, also zusätzliche Elemente auf der Hauptplatine aufgesteckt oder fest verdrahtet werden müssen. Aber für den einzigen Steckplatz des Maschinchens werden auch schon wieder Dutzende Module für sehr kleines Geld angeboten. Und wer wirklich komplexe Projekte mit Sensoren, Schaltern und dergleichen verwirklichen will, kauft für knapp 35 Euro mit dem PiFace oder der RaspiComm eine Zusatzplatine, die eine ganze Fülle an Anschlüssen bietet.

Die nächste Stufe sind dann komplexe Hardware-Zusätze, für die der Raspberry Pi nur noch als Rechner fungiert. So können Hifi-Gourmets sich für schlappe 70 Euro einen DAC-Aufsatz ordern, der den Winzling in einen Digital-Analog-Converter verwandelt, der den Vergleich mit Highend-DACs für mehrere Hundert Euro nicht scheuen muss. Weil solch ein Raspberry Pi bei vielen Projekten gar nicht mit einem Monitor oder Fernseher verbunden werden kann, ohne den eigentlichen Nutzen einzubüßen, gibt es eine Reihe von Display, die direkt angeschossen werden können – für unter 40 Euro werden sogar passende Touchscreens angeboten.

Natürlich kann der Raspberry Pi aber auch einfach als sehr strom- und platzsparender Linux-Computer genutzt werden. Dazu spendiert man ihm eine flotte externe SSD für die Daten und eventuell eine richtig gute Tastatur samt Maus. Wer als Besitzer eines aktuellen Raspberry Pi mit QuadCore-CPU dann noch zu Ubuntu wechselt (das sich problemlos installieren lässt) hat Zugriff auf eine gigantische Bibliothek toller Software für alle Lebenslagen.

Und? Macht der Raspberry Pi wirklich Spaß?
Kommen wir zur Ausgangsfrage. Ja, das Basteln und Experimentieren mit dem Raspberry Pi kann einen Höllenspaß machen, ohne dass einen das Hobby finanziell auffrisst. Besonders altgediente Elektronik-Freaks werden viel Freude mit dem Kleinen haben. Spannend für buchstäblich jedermann wird es, wenn man einen Raspberry Pi für einen ganze bestimmten Zweck (Webserver, Media-Center, DAC etc.) anschafft, weil man dann für kleines Geld oft eine optimale Lösung bekommt, die anderswo richtig teuer wäre.

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