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Hundert Jahre vor dem Computer: Der erste Programmierer war… eine Frau!

Man nehme: viele dänische Klötzchen und einen Raspberry Pi – fertig ist die moderne Heimversion der mechanischen Rechenmaschine von Charles Babbage. Schon 9000 LEGO-Fans wünschen sich die legendäre „Analytical Engine“ als Set zum Nachbauen, und die Chancen für einen Marktstart stehen gut. Doch das Set wäre kein Set, wenn die wahre IT-Heldin fehlen würde: Etwa 100 Jahre, bevor der erste echte Computer erfunden wurde, brachte Ada Lovelace Notizen zu Papier, die sie zum ersten Programmierer der Welt machten.

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Babbage steht im Bild zu Recht im Hintergrund – und das, obwohl der englische Erfinder und Ökonom (lebte von 1791 bis 1871) mit der Analytical Engine immerhin den Vorläufer des modernen Computers entworfen (aber nie funktionstüchtig fertiggestellt) hatte.

Für den Marktstart dieses LEGO-Sets werden gerade weltweit Unterstützer gesucht. (C) ideas.lego.com
Für den Marktstart dieses LEGO-Sets werden gerade weltweit Unterstützer gesucht. (C) ideas.lego.com

In der Foto-Illustration des möglichen LEGO-Projekts, für das momentan weltweit Unterstützer gesucht werden, steht jemand im Vordergrund, der den Computer in gewisser Weise schon programmiert hat, noch bevor er gebaut war:

Sie war die erste Computerfrau der Geschichte: Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace, genannt Ada Lovelace (1815-1852). (C) Margaret Sarah Carpenter - object page. Original upload was at English wikipedia at en:File:Ada_Lovelace.jpg, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=354077
Sie war die erste Computerfrau der Geschichte: Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace, genannt Ada Lovelace (1815-1852). (C) Margaret Sarah Carpenter – object page. Original upload was at English wikipedia at en:File:Ada_Lovelace.jpg, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=354077

Ada Lovelace (1815-1852), eigentlich Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace, war die Tochter des berühmten romantischen Dichters Lord Byron und gilt als erste Computerwissenschaftlerin der Geschichte. Den Grundstein dafür legte ihre mathematisch interessierte Mutter, die Ada eine Ausbildung in Naturwissenschaften ermöglichte.

„Am Anfang war Ada“, konstatiert das Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn und widmete (nicht nur) dieser engagierten Vordenkerin bis zum Sommer diesen Jahres eine eigene Ausstellung. Mit dem Untertitel „Frauen in der Computergeschichte“ wurden Pionierinnen porträtiert, die sich auf besondere Weise um die Entwicklung der Informationstechnik verdient gemacht haben.

Ausstellung zu wichtigen Computerfrauen der Geschichte im Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn; Screenshot der Webseite. (C) hnf.de
Ausstellung zu wichtigen Computerfrauen der Geschichte im Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn; Screenshot der Webseite. (C) hnf.de

Die Ausstellung verdeutlichte nicht nur die immense geistige Leistung der Protagonistinnen, sondern auch eine gewisse Ignoranz der Gesellschaft. Bill Gates, Steve Jobs, Konrad Zuse als Beispiele – diese Männer und ihre Erfindungen sind hinreichend bekannt, doch die rasante Entwicklung der IT-Welt war erst durch Frauen möglich, deren Namen aber den wenigsten bekannt sein dürften. Das will die Ausstellung ändern, und wir schließen uns mit der Beitragsreihe „Computerfrauen“ an.

Erster Programmierer durch komplexe Notizen

Am Anfang war also Ada – nach der übrigens auch eine Programmiersprache in den 1970er-Jahren benannt wurde. Aber wie konnte die Mitarbeiterin von Babbage „programmieren“, wenn dessen Maschine noch gar nicht lief? Die britische Mathematikerin knöpfte sich einen Artikel des italienischen Wissenschaftlers Frederico Luigi Menabrea vor, der 1842 die Funktionsweise der Babbage-Maschine beschrieb; seine Darstellung der Verkettung von Rechenoperationen gilt als erstes wissenschaftliches Werk der Informatik. Schon wenige Monate später erweiterte Lovelace diesen Artikel mit vielen Kommentaren auf den doppelten Umfang und legte die Veröffentlichung neu auf.

Computerfrau Ada Lovelace war ihrer Zeit weit über 100 Jahre voraus

Im Alter von 26 Jahren stellte sie Tabellen für die Berechnung von Bernoulli-Zahlen auf, schwärmte von der möglichen Verarbeitung von Musik und Sprache (!), ja, im Grunde zeigte sie, wie die Maschine arbeiten und für was sie alles verwendet werden könnte. In ihren Tabellen definierte sie algebraische Operationen und deren Auswirkungen auf Variablen, beschrieb Verzweigungen in Diagrammen, formulierte den ersten Algorithmus. Zehn Jahre vor ihrem viel zu frühen Tod durch Krebs hatte Ada Lovelace quasi das erste „Computerprogramm“ zu Papier gebracht.

Dass ihr Name in der heutigen Zeit so wenig bekannt ist, erscheint umso erstaunlicher, wenn man sich die vielen Inspirationen anschaut, die ihre Lebensgeschichte aufgreifen. Die erste Programmiererin der Welt (nein, der erste Programmierer überhaupt) ist Gegenstand zahlreicher Sachbücher, aber auch von Romanen, Comics und Hörspielen, und im Film „Conceiving Ada“ wurde sie von Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton gespielt.

Auch einen Sammelband gibt es, der die Ausstellung im Paderborner Museum begleitet: „Ada Lovelace. Die Pionierin der Computertechnik und ihre Nachfolgerinnen“ befasst sich – neben der Protagonistin – allgemein mit Frauen und Computertechnologie im 20. Jahrhundert, aber auch mit aktuellen Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung.

Diese Computerfrauen muss man einfach kennen

Unter welchen Bedingungen Lovelace und ihre „Mitpionierinnen“ ihre Leistungen vollbrachten, macht die Ausstellung auf 700 Quadratmetern so spannend. Gesellschaftliche Barrieren in ihrer jeweiligen Zeit hielten die Frauen von technischer und naturwissenschaftlicher Bildung fern und reglementierten ihr Handeln immens. Dabei sei Ada Lovelace die Ikone der Informationstechnik, schreibt das Museum auf der Webseite zur Ausstellung. „Mit ihrem Kampf gegen Konventionen, ihren wegweisenden Überlegungen zur Programmierung und den visionären Ideen einer universell einsetzbaren Rechenmaschine steht sie heute stellvertretend für viele Frauen, denen eine gleichwertige Anerkennung bisher versagt blieb.“

Bitte, LEGO, bringt dieses Set heraus!

Kommt die Analytical Engine als LEGO-Set? (C) ideas.lego.com
Kommt die Analytical Engine als LEGO-Set? (C) ideas.lego.com

Der Verfasser dieses Beitrags hat sich übrigens schon – natürlich – einen Eintrag im Kalender gemacht. Im Mai 2017 steht fest, ob der Klötzchen-Konzern sich dazu durchringen wird, die Analytical Engine samt Lovelace & Babbage zum Nachbauen auf den Markt zu bringen.

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