Paul Flaherty erfand mit Altavista die Internet-Suchmaschine

Internethelden (6): Paul Flaherty, der Mann, der uns Altavista gab

Als im Dezember 1995 mit AltaVista die allererste Suchmaschine online ging, gab es weltweit gerade einmal 23.500 Websites. Die waren noch weitgehend textbasiert und durchweg nicht besonders umfangreich. Mit ein wenig Fleiß und einer Menge Helfer hätte man da vielleicht noch den Überblick behalten können. Wie visionär muss jemand schon anderthalb Jahre zuvor gewesen sein, die vollständige Indizierung alle Websites anzuregen – mit der Vorstellung, den Usern eine Suchfunktion anzubieten, mit der jeder alles finden würde, was er im Web sucht. Der Visionär hieß Paul Flaherty und arbeitet damals bei DEC (Digital Equipment Corporation).

Sehr frühes Layout der AltaVista-Suche
Sehr frühes Layout der AltaVista-Suche
Knapp 30 Jahre alt war der begeisterte Funkamateur und Eisenbahnliebhaber, der mit seiner Liebsten aus Studientagen verheiratet war, zu diesem Zeitpunkt als kaum jemand auch nur einen Gedanken daran verschwendete, das World Wide Web können so riesig werden wie es heute mit ungefähr 1,8 Milliarden Websites ist. Dass DEC ihn mit zwei Kollegen ein entsprechendes Forschungsprojekt durchführen ließ, kann man dem Unternehmen, das in der folgenden Internet-Ära nie wieder eine derart wichtige Rolle spielen würde wie in den Siebziger- und Achtzigerjahren, nicht hoch genug anrechnen.

Indizierung per Bot und Algorithmus

Tatsächlich dauerte es nach dem offiziellen Start der AltaVista-Suchmaschine weitere dreieinhalb Jahre bis ein anderes Unternehmen eine indexbasierte Web-Suche an den Start brachte. Viele Protagonisten der Branche, Web-Erfinder Berners-Lee, waren nämlich der Ansicht, dass man eher so etwas bräuchte wie ein WWW-Telefonbuch oder einen oder mehrere Kataloge. Diesen Weg schlugen zunächst auch Mitspieler wie Lycos und Yahoo. Ja, es gab sogar WWW-Kataloge in gedruckter Form. Aber mit der wachsenden Anzahl Angebote – im Jahr 2000 waren es dann schon rund 17 Millionen – wurde es selbst für große Redaktionen schier unmöglich, die Inhalte zu sichten, zu ordnen und Empfehlungen auszusprechen. AltaVista aber schickte weiterhin fleißig seine Bots durch Netz und indizierte Seiten.

AltaVista im Stil der späten Neunzigerjahre
AltaVista im Stil der späten Neunzigerjahre
Ob und in welchem Maße sich die Stanford-Studenten Larry Page und Sergey Brin (Auch Flaherty hat an dieser Uni Informatik studiert) von AltaVista haben inspirieren lassen, ist unklar. Immerhin brachten sie im Mitte 1996 ebenfalls eine Volltextsuchmaschine fürs Web heraus, die sich BackRub nannten. Sie wurde die Urmutter der Google-Suche, die seit dem 15. September 1997 unter dem heutigen Namen aktiv ist. Sowohl AltaVista, als auch Google basieren auf jeweils einem Algorithmus, der die erfassten Inhalte auswertet und in Form eines Rankings nach Relevanz auflistet. Der große Unterschied ist – zumindest aus heutiger Sicht – die Idee von Page und Brin, Werbung auf der Google-Suchergebnisseite auszuspielen, die entsprechend er Suche ausgewählt wird.

Von Google in kurzer Zeit überholt

Überhaupt: Bis Mitte 1999 blieb AltaVista ein kostenloser Service von DEC. Dann gründete man eine eigene Firma und entließ die Suchmaschine auf den freien Markt. Da hatte sich Google aber bereits das dickste Stück vom Werbekuchen abgeschnitten – und das deutlich bessere Angebot: Die fleißigen Google-Bots hatten wesentlich mehr Websites indiziert, und der geniale, von Larry Page persönlich entwickelte Algorithmus lieferte deutlich mehr und besser bewertete Ergebnisse. Im Jahr 2000 startete AltaVista deshalb mit „Raging Search“ eine weitere Suchmaschine, die denselben Hauptindex nutzte wie die Mutter, aber einen von Google inspirierten Algorithmus verwendete. Ans Laufen kam das Ding nie, und mit AltaVista ging es schnell bergab.

Als AltaVista versuchte, so schlicht wie Google zu wirken
Als AltaVista versuchte, so schlicht wie Google zu wirken
Übernommen wurde das Unternehmen samt der Technologie im Jahr 2003 von Overture, das kurz danach wiederum von Yahoo aufgekauft wurde. Da war Google bereits zum Quasi-Monopolisten angewachsen; kein Mitbewerber konnte noch nennenswert Geld mit Werbung auf Suchergebnisseiten verdienen. Im Jahr 2010 wurde die eigentliche Maschine stillgelegt und alle Suchanfragen an Yahoo weitergeleitet, und 2013 stellte Yahoo AltaVista dann endgültig ein. Das bittere Ende seines Babys erlebte Paul Flaherty nicht mehr; im März 2006 starb er mit nicht einmal 42 Jahren an einem Herzinfarkt. Nach seinem Ausstieg als technischer Direktor von AltaVista und dem Wechsel in die IT-Consulting-Branche im Jahr 2000 hat er – nach allem, was wir wissen – mit dem Thema „Search Engine“ nie wieder etwas zu tun gehabt.

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