1diggi auf einem DAB-Radion

Was zur Hölle … muss es jetzt auch noch DAB+ sein?

Plötzlich und ein bisschen unerwartet ist DAB bzw. DAB+ in aller Munde – besser gesagt: in vielen Medien. Es ist zu vermuten, dass dies am Weihnachtsgeschäft und den nicht ganz so guten Prognosen für den Abverkauf von Hardware im Bereich der Unterhaltungsindustrie liegt, denn Digital Audio Broadcasting ist eigentlich ein ziemlich alter Hut, der ja bereits seit 1987 zu haben ist. Und seitdem angeboten wird wie sauer Bier. Auf einmal häufen sich Empfehlungen, auf das digitale Radio umzusteigen – und das insgesamt sogar zu Recht.

Ein schickes DAB-Taschenradio von Sony
Ein schickes DAB-Taschenradio von Sony
Selbst nach dem sogenannten „Neustart“ des DAB-Systems hielten sich die bekannten Hersteller der braunen Ware noch zurück, aber seit etwas mehr als einem Jahr sind sie plötzlich (fast) alle dabei. War der Markt zuvor fest in den Händen von Nonames oder Anbietern aus den Bereichen „Autoradio“ und „Sat-TV“, haben auch Philips, Panasonic und Sony die Arena betreten. Die Auswahl ist auch schon ziemlich groß: Es gibt Taschenradios, Radiowecker, Kofferradios, Autoradios und sogar Hifi-Komponenten, die Rundfunk per DAB-Standard empfangen. Man kann sogar sagen: Schon lange war das Angebot an Radioapparaten nicht mehr so breit wie heute.

Was bringt DAB wirklich?

Was ist eigentlich so toll am digitalen Rundfunk? Man kann es in einem Satz zusammenfassen: Die Soundqualität ist um ein Vielfaches besser als beim guten, alten UKW-Empfang. Außerdem kann man mit einem geeigneten Empfänger sehr viel mehr Sender empfangen – zumindest theoretisch. Mit den Top-Geräten erreicht man leicht CD-Qualität, besonders, wenn das Signal an einen AV-Receiver verfüttert und über richtige Boxen ausgespielt wird. Allerdings nur dann, wenn die Antenne die Töne aus dem Äther sauber abfangen kann. Schließlich handelt es sich um ein terrestrisches System – ganz ähnlich wie DVB-T bzw. DVB-T2.

Beispiel: Die DAB-Senderliste für NRW
Beispiel: Die DAB-Senderliste für NRW
Das mit den Sendern ist so eine Sache. Tatsächlich stehen alle öffentlich-rechtlichen Radiosender digitale zur Verfügung. Aber nicht überall, weil die Bundesrepublik im DAB-System in Regionen eingeteilt ist und jeder Region ein sogenannter „Block“ zugeteilt wurde. In Nordrhein-Westfalen ist es der Block 11D, und der bringt ausschließlich die WDR-Kanäle. Überall zu empfangen sind die Sender, die man als „Bundesmux“ zusammenfasst, also beispielsweise die verschiedenen Kanäle des Deutschlandfunks. Nur knapp zwei Händevoll privater Anbieter haben sich bisher Lizenzen für Bundesmux gesichert – u.a. sunshine live, Energy Digital und auch das Klassik Radio.

Das Ende von UKW naht…

Alle, die ein Interesse an der größeren Verbreitung von DAB haben, hoffen nun, dass sich Radioliebhaber in Massen passende Empfänger beschaffen, dass also die Reichweite wächst und es sich für Privatradios lohnt, eine Bundesmux-Lizenz zu beantragen. Experten erwarten zudem, dass sich Anbieter, die bisher im Bereich Internet-Radio unterwegs sind, ermutigt fühlen, ihre Spartenangebote ins DAB-Netz zu bringen. Platz genug gäbe es, weil theoretisch mehrere Hundert Sender im Bundesmux unterzubringen wären.

Auch so etwas gibt es: Baustellen-Radio mit DAB (Foto: Sangean)
Auch so etwas gibt es: Baustellen-Radio mit DAB (Foto: Sangean)
Viele passionierte Radiohörer greifen derzeit aber aus einem ganz anderen Grund zu DAB-Geräten: Es droht früher oder später die komplette Abschaltung der Ultrakurzwelle, ein Prozess, den man vom Übergang vom Antennenfernsehen zu DVB-T her kennt. Um den Übergang beim Rundfunk zu erleichtern, sind durchweg alle aktuellen DAB-Geräte weiterhin UKW-fähig. Wer also seinen persönlichen Lieblingssender im digitalen Radio nicht findet, kann ihn sich immer noch über die Ultrakurzwelle reinholen. Übrigens: Ein spannender Test ist es, diesen Lieblingssender (falls verfügbar) kurz nacheinander digital und analog zu hören – der Unterschied ist eklatant.

Autoradio umrüsten – nicht ganz problemlos

DAB+ zum Nachrüsten fürs Auto von Albrecht (Foto: reichelt.de)
DAB+ zum Nachrüsten fürs Auto von Albrecht (Foto: reichelt.de)
Nicht ganz einfach wird es, wenn man auch unterwegs im Auto per DAB radiohören will. Am einfachsten geht das noch bei Neuwagen, weil alle relevanten, vor allem europäische Hersteller, schon jetzt optional DAB-Empfänger anbieten bzw. ihre Standardradios DAB-fähig sind. Fein raus sind auch Besitzer von älteren Karren, bei denen das Radio nicht fest in der Instrumententafel verbaut ist, sondern in einem Standardschacht steckt. Da kann man es dann leicht gegen ein neues, aktuelles Gerät mit DAB austauschen. Nicht durchgehend gut sind die Praxiserfahrungen mit Adaptern, die das vorhandene Autoradio mit dem digitalen Empfang aufrüsten; das Problem ist, dass der nachgerüstete Empfänger eine eigene Antenne braucht, die als aufgeklebte Scheiben- oder gar zusätzliche Außenantenne daherkommt.

Im alltäglichen Gespräch wird der digitale Rundfunk bisweilen mit dem verwechselt, was wir als „Internetradio“ kennen. Tatsächlich streamen ja buchstäblich Tausende Sender und Spartenkanäle ihr Programm live aus. Dabei handelt es sich aber um eine Datenübertragung per Internet; empfängt man also Internetradio per Smartphone, wird das zur Verfügung stehende Datenvolumen belastet. Das ist bei DAB nicht der Fall. Es läge nahe, DAB-fähige Smartphones anzubieten, aber bisher hat nur LG ein Modell im Portfolio, das auch als DAB-Empfänger nutzbar ist.

An DAB führt kein Weg vorbei

Fazit: An DAB, genauer: DAB+ führt mittelfristig kein Weg vorbei, weil die analoge Ultrakurzwelle irgendwann wegfällt. Bei der Bedienung gibt es so gut wie keine Umstellung. Da bietet es sich an, als erstes ein altes Küchenradio oder den betagten Radiowecker gegen ein entsprechendes DAB-Gerät auszutauschen – quasi um sich schon einmal daran zu gewöhnen. Da gerade der DAB+-Standard auf lange Sicht hin definiert wurde, sind die heute angeschafften Digitalradios mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zukunftssicher. Geräte der tragbaren Klasse in vernünftiger Qualität gibt es im Fach- und Online-Handel schon für weniger als 40 Euro.

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