Alexa und ihr Hund - eine Symbiose

Die Faulheit und der Köter. Oder: KI ist auch bloß ein Hund – eine Glosse

Kürzlich zeigte uns Google mal eben die hässliche Fratze der sogenannten „künstlichen Intelligenz“ (KI). Der google’sche Telefonierroboter streut Äähs und Mmmhs ein, macht Kunstpausen und verspricht sich auch schon mal – alles, um der Person am anderen Ende der Leitung vorzugaukeln, sie telefoniere mit einem echten Menschen. Nehmen wir zugunsten des Suchkonzerns an, man habe mit dem Duplex genannten System bloß den Turing-Test bestehen wollen, um zu demonstrieren, dass man echte KI könne. Wie so oft handelt Google technisch halbwegs sauber, aber moralisch jenseits bisher gültiger Grenzen. Und seien wir ehrlich: Mit Intelligenz hat es nichts zu tun, wenn ein angebliches KI-System versucht, sein Gegenüber zu verschaukeln. So richtig wissen aber ohnehin nur wenige, was genau denn künstliche Intelligenz ist. Dabei sollten Hundehalter und Nutzer von Fernbedienungen aus der Praxis Bescheid wissen.

Die Faulheit

Ein Mann in Orange fernsteuert einen Rasenmähroboter
Ein Mann in Orange fernsteuert einen Rasenmähroboter
Schon seit den Babytagen der industriellen Revolution strebt der Mensch nach Faulheit und sucht Wege, Maschinen die Arbeit machen zu lassen … während er selbst irgendwo nett sitzt, was isst und trinkt, sich Gedanken macht oder mit Kollegen schwätzt. Alle wesentlichen Erfindungen von mechanischen Maschinen im 19. Jahrhundert sind Ausdruck davon: Mühsam immer wieder mit der Nadel in der Hand auf und ab fahren und den Stoff durchstechen? Öde. Da erfand Thomas Saint eben die Nähmaschine. Zu Fuß von Cannstatt nach Stuttgart? Aaaanstrengend. So baute Gottlieb Daimler rasch die Motorkutsche. Klamotten von A nach B schleppen? Unzumutbar. Grund genug für George Stephenson, die Dampflok aufs Gleis zu setzen.

Die Fernsteuerung

Schicke Fernbedienung: Der Zenith Space Commander
Schicke Fernbedienung: Der Zenith Space Commander
Auch in der Neuzeit machen es sich die Menschen nach Möglichkeit komfortabel. 1950 bringt Zenith eine Fernbedienung für den Fernseher auf den Markt und nennt sie „Lazy Bones“ (sic!). Das Kästchen ist per Kabel mit der Glotze verbunden, und die faule Socke muss das Sofa nicht mehr verlassen, um lauter oder leiser zu machen oder auf einen anderen Kanal umzuschalten. Drahtlos verringerte sich das Risiko, über das Kabel zu fallen und sich die Knochen zu brechen. Darauf muss man erst einmal kommen. Und: Was ist Alexa eigentlich anderes als eine sehr universelle Fernbedienung, die aufs Wort hört?

Das Prinzip ist immer dasselbe: Der Mensch will, dass die Maschine tut, was er möchte. Aber ohne dass er dafür sein Hinterteil in Bewegung setzen, zum Apparat gehen und dort an Knöpfe drehen oder auf selbige drücken muss. Womit wird endlich beim Canis lupus familiaris, dem gemeinen Haushund sind. Denn auch bei dem möchte der Halter, dass er tut, was Herrchen oder Frauchen will. Meistens aber, dass der Köter NICHT tut, was er nicht tun soll.

Der Hund

Ergriffen lauscht die Töle der Stimme seines Herrn
Ergriffen lauscht die Töle der Stimme seines Herrn
Ein sehr großer Tierfreund schrieb einmal, der Mensch hindere seinen Haushund daran, erwachsen zu werden, weil er ständig über ihn bestimmen will. Nun ist es auch im Sinne des Hundes, ihn daran zu hindern, auf die Autobahn zu rennen; denn einen Crashtest würde er lebend nicht überstehen. Also hat Mensch ihn an der Leine – quasi das Kabel zur hündischen Fernsteuerung. Mit dieser Verbindung lenkt der Halter das Tier, kann es stoppen und wieder beschleunigen. Das wäre dann Hundefernbedienung für Anfänger. Der fortgeschrittene Vierpfotenbeherrscher verzichtet auf den Draht und steuert den Fiffi… ja, genau: mit Sprachbefehlen! Nun hat es die Evolution schlauerweise so eingerichtet, dass der Hund gesprochene Anweisungen in Aktionen umsetzen kann. Nein, der Köter versteht einen nicht, wenn man „Halt!“ brüllt. Genauso wenig wie Alexa versteht, wenn der Echo-Dot-Eigentümer sagt „Alexa, spiel Lieder von ABBA.“ Nein, die technische Evolution der Spracherkennung hat dafür gesorgt, dass ein Stückchen KI in der Amazon-Wolke das Wort „spiel“ mit Musik und „ABBA“ mit einer bestimmten Playlist in Verbindung bringt.

Wie wir inzwischen wissen, sind Mensch und Hund durch eine Jahrtausende lange Ko-Evolution miteinander verbunden, was im Klartext heißt: Der Canis lupus hat sich im Laufe seiner Domestizierung an den Menschen angepasst, aber auch der Homo erectus ist seinem besten Freund seit der Steinzeit erheblich entgegengekommen und hat einen Teil seiner Verhaltensweise dem Zusammenleben mit Hasso, Waldi und Fiffi angepasst.

Mensch und KI

Der Schachroboter war getürkt -klassischer Fall von Fake
Der Schachroboter war getürkt -klassischer Fall von Fake
Was lernen wir daraus? Zunächst: KI ist auch bloß ein Hund. Also ein artifizieller, virtueller, dezentraler und digitaler Organismus, der a) unserer Faulheit dient und b) auf uns hört bzw. hören soll. Technisch funktioniert das ja schon einigermaßen sauber. Kulturell liegt aber noch Etliches im Argen. Wenn nun die Google-Nerds glauben, dieses Arge durch noch mehr Technik ausmerzen zu können, liegen sie voll daneben. Und sollten vom Dreamteam „Mensch + Hund“ lernen. Nämlich, dass sich beide Seiten aufeinander zu bewegen müssen, damit es mit der Intelligenz auch klappt. Will sagen: Der Homo sapiens muss sich so verändern, dass ihn KI nicht mehr verschaukeln kann und dass sie ihm gehorcht.

So könnte der Mensch auch Fakes erkennen – wie den kleinwüchsigen Schachgroßmeister, der im sogenannten „Türken“ steckte. Das war angeblich eine Maschine (heute würde man eher Roboter oder Android sagen), die Schach spielen konnte. Und zwar so gut, dass sie ambitionierte Amateure serienweise schlug und auch so manchen Großmeister in die Klemme brachte. Hätten Menschen auf breiter Front die Fähigkeit, solche Fakes zu durchschauen, würden sie auch auf Dinger wie dieses Duplex von Google nicht hereinfallen.

[Fotonachweis – Titebild „His Masters Voice“: Holger Ellgaard (Phonomuseum) via Wikimedia unter der CC-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert„; Foto “His Masters Voice“ gemeinfrei via Wikimedia; Foto „Zenith Space Commander“: Jim Rees via Wikimedia unter der CC-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“; Abb. „Der Türke“: gemeinfrei via Wikimedia]

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