"ViolaWWW" by Source. Licensed under Fair use via Wikipedia - https://en.wikipedia.org/wiki/File:ViolaWWW.png#/media/File:ViolaWWW.png

Kleine Weltgeschichte des Internet-Browsers (1)

Sag mal, wie alt ist denn dieses weltweite Web denn nun genau? Tja, da müssen auch Digisaurier passen, denn alle genannten Geburtsstunden des WWW sind zumindest umstritten. Hat ja auch so um 1998, 1999 keiner daran gedacht, die ganze Sache für die Geschichtsbücher zu dokumentieren. Auch der erste Tag des Internets ist nicht exakt benennbar, aber der liegt ohnehin um mindestens zwanzig Jahre vor dem Beginn dessen, was heute allgemein und fälschlicherweise „das Internet“ heißt. Denn in Wirklichkeit ist des WWW nur ein Teil – neben der E-Mail, der FTP-Übertragung und dem Usenet. Erfunden hat’s übrigens der Tim Berners-Lee in seiner Zeit am Kernforschungsinstitut CERN in Genf, indem er die Idee des Hyperlinks (gab’s schon), das Übertragungsprotokoll http (ganz neu) und die WWW-Sprache HTML (gab’s noch nicht richtig) zusammenführte.

"NCSA Mosaic" by Source. Licensed under Fair use via Wikipedia - https://en.wikipedia.org/wiki/File:NCSA_Mosaic.PNG#/media/File:NCSA_Mosaic.PNG
NSCA Mosaic, der Vorläufer des legendären Netscape Navigator
So sollte es möglich sein, Informationen und Dokumente, die sonst wo gespeichert waren, auf dem eigenen Computer anzeigen zu lassen. Dafür sollte jede Informationsseite eine eigene, unverwechselbare Adresse bekommen; die hieß zunächst anders, ist heute aber als URL oder URI bekannt. Die Angabe einer URL sollte reichen, sich das gewünschte Ding auf den Bildschirm zu holen. Damit alle Leute auf allen Computern mit allen möglichen Betriebssystemen sich eine solche Seite auch ansehen konnten, gab es dann HTML – eine Programmiersprache, die aus Befehlen besteht, die quasi den Inhalt und das Aussehen einer WWW-Seite beschreiben.

Fehlte nur noch ein Bausteinchen, nämlich ein Programm, das aus der HTML-Beschreibung einer per URL übers Web geholten Seite eine sichtbare Darstellung bastelt. Den programmierte Tim auf seiner wunderschönen NeXT-Workstation, diesem UNIX-Desktop-Computer aus der Schmiede, die Steve Jobs gegründet hatte, nachdem man ihm bei Apple den Laufpass gegeben hatte. Und nannte das Ding „WordWideWeb“. Bevor er es aber umbenennen konnte, um Verwechslungen zu vermeiden, war das Programm aber auch schon tot. Stattdessen gab es zwei Browser (der Begriff kam viel später erst auf…), die unabhängig von Einzelpersonen bzw. Teams aus dem Umfeld von Tim entwickelt wurden. So wurde ViolaWWW ab März 1992 der erste populäre Vertreter seiner Art.

"Navigator 1-22" by Source. Licensed under Fair use via Wikipedia - https://en.wikipedia.org/wiki/File:Navigator_1-22.png#/media/File:Navigator_1-22.png
Bis zur Ankunft des Internet Explorers von Microsoft war der Netscape Navigator uneingeschränkter Chef im Browser-Ring
Was heißt schon populär? Diese weltweite Netz für den Austausch von Informationen über (Hyper)Links war nicht im geringsten Maße frei zugänglich. Im Grunde konnten die Mitarbeiter am CERN sowie an verschiedenen US-Unis darauf zugreifen; ja, im Wesentlichen diente dieses Web dem internen Austausch am CERN. Der diesen Beitrag verfassende Digisaurier kam zum Beispiel erst Mitte 1994 an einen Zugang. Für einen Job für die GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung in St. Augustin) gab’s eine Mailadresse am CERN und dadurch eben auch Zugang zu HTML-Seiten per HTTP.
Da war dann aber auch schon Mosaic verfügbar, der erste Allzweck-Browser, der fast alles vorwegnahm, was wir heute so von Browsern kennen. Entwickelt hatte den ein Team des NSCA (National Center for Supercomputing Applications). Rasch waren mehr als zwei Millionen Kopien im Umlauf – was auch bedeutet: Mehr als zwei Millionen Menschen weltweit konnten ins WWW! Teil des Teams war Marc Andreessen, der 1994 ausstieg, um Geld zu verdienen mit dem Internet.

Was ihm auch ganz gut gelang. Denn auf Basis von Mosaic entstand der Netscape Navigator, der bis Ende der Neunzigerjahre der mit Abstand populärste Browser blieb. Der rasanate Erfolg führte 1995 zum Börsengang von Netscape, und der gute Marc war plötzlich das erste Wunderkind des Internet-Zeitalters und ziemlich reich. Später ging er unter die Risikokapitalgeber und unterstützte u.a. Twitter beim Start.

In der nächsten Folge geht es um den großen Browser-Krieg zwischen Netscape und dem Internet Explorer, den der Microsoft-Browser so radikal gewann, dass Netscape aufgab.

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