Last Updated on 07.09.2015 by Redaktion Digisaurier
Wer selbst als Journalist in der Daterei tätig war oder ist, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die meisten Kollegen den neuen Webbrowser Edge, der in Windows 10 enthalten ist, noch nie wirklich ausprobiert haben. Zu ähnlich sind sich die Texte, zu nah an dem, was Microsoft selbst hat verlauten lassen. Diese milde Ignoranz hat seine Gründe, ist aber jammerschade. Der Grund: Niemand wechselt den Browser wie das Hemd. Wer sich an den Firefox oder Chrome gewöhnt hat, mag andere Browser nicht einmal testen. Im Fall des Edge ist das besonders traurig, denn im Gegensatz zu mancher theoretischen Kritik hat Microsoft hier einen hochmodernen Apparat zum Surfen im Internet geschaffen, der durch Geschwindigkeit und nette Funktionen zu überzeugen weiß. Das haben zehn Tage tägliche Arbeit mit Edge ergeben.
Edge statt Evernote
Zum Beispiel die: Warum zur Hölle nutzen so viele Leute dieses Evernote? Die Antwort lag auf der Hand: Weil viele Leute Dinge, die sie im Web gefunden haben, gern für die spätere Verwendung sichern bzw. langfristig speichern wollen. Ganz klassisch bieten deshalb alle Browser eine Favoriten- bzw. Bookmark-Funktion an, mit der Lieblingsadressen nicht nur abgelegt, sondern auch in Listen sortiert und verwaltet werden können. Ebenfalls Gang und gäbe ist der gespeicherte Verlauf, also die Liste der zuletzt aufgerufenen Webadressen. Bei Edge kommt etwas hinzu, was Evernote „erfunden“ hat: Man kann den Inhalt einer Seite in der sogenannten „Leseliste“ ablegen, um ihn sich später zu Gemüte zu führen. Das bedeutet ganz konkret: Ich finde einen interessanten Artikel in einem Online-Medium und lege ihn ab. Dann kann ich ihn selbst dann noch lesen, wenn er live nicht mehr vorhanden oder nicht mit vernünftigem Aufwand wieder auffindbar ist. Ich selbst bin heftiger Evernote-User, nutze also auch den Webclipper in Firefox und bin ganz angetan davon, bei Edge die entsprechenden Funktionen im Browser selbst zu haben.
Speichern und Teilen mit Edge
Unangenehm ist das in Sachen Facebook, denn die Windows-10-App des sozialen Netzwerks ist eine Katastrophe, die niemand freiwillig nutzen möchte. Ich habe sie also nur deswegen installiert, um Seiten aus Edge heraus dort teilen zu können. Leider ist es auch nicht möglich, per Mail zu teilen, wenn man kein Microsoft-Mailkonto verwendet, sondern zum Beispiel selbstgehostete Mailadressen, die man mit Thunderbird verwaltet. Selbst Outlook kann nicht einfach genutzt werden, sondern nur indem die mit Outlook verwendeten Mailkonten registriert werden. An solchen Stellen ist man dann wieder mit Microsofts Allmachtfantasien konfrontiert…
Fazit
Denn eigentlich ist Edge das Herzstück von Windows 10 – und zwar vom gerätunabhängigen Betriebssystem dieses Namens. Dieser Browser ist natürlich in den mobilen Versionen integriert, und zwar so tief, dass manche Dinge nur mit Edge auf dem Smartphone oder Tablet überhaupt gehen (werden). Außerdem bildet er nicht nur eine Schnittstelle zum weltweiten Web, sondern auch zu allen darin verborgenen Informationen. Ist Cortana, die Sprechassistentin aus dem Hause MS, aktiviert, dient die Adresszeile des Browsers nicht nur als Suchzeile für Bing, sondern per Cortana eben auch zu allen Inhalten: lokal gespeicherten, im Netzwerk vorliegenden und irgendwo im WWW gefundene. Diese tiefe Verwurzelung des Browsers macht ihn also besonders attraktiv für Menschen, die mit Windows 10 in die schöne, neue Windows-Welt eintauchen wollen, also dieses System nicht nur auf dem Desktop-PC und dem Notebook, sondern auch auf allen mobilen Geräten nutzen wollen. Für Freunde von Apple und Android ist das weniger attraktiv; so wenig, dass die kaum einen Grund haben werden, vom gewohnten Lieblingsbrowser auf Edge umzusteigen.