Am offenen PC-Herzen

Verlorenes Wissen (4): Von Slots, Jumpern und DIP-Switches

Ja, doch, es gibt tatsächlich noch Menschen, die sich ihren PC selbst bauen. Die sich also alle Komponenten einzeln kaufen, ein schickes Gehäuse dazu wählen und den Kram dann zusammenbasteln. Es soll sogar Zeitgenossen geben, die können den Speicher ihres Notebooks ohne fremde Hilfe erweitern. Der Inhaber des chinesischen Elektronikkramladens meines Vertrauens, bei dem ich seit mehr als 20 Jahren Bauteile für persönliche Computer kaufe, weiß zu berichten, dass nur noch ein, zwei Händevoll Leute zu ihm kommen, weil sie sich einen Rechner nach Wunsch zusammenstellen wollen. Er lebt inzwischen vor allem von Reparaturen an allem, was irgendwie elektronisch ist, sowie vom Verkauf obskurer Notebooks und Tablets.

Ein aussterbende Minderheit

Weil aber nur noch Wenige die Mühe auf sich nehmen, ein Motherboard mit CPU, RAM, Grafikprozessor und Schnittstellen zu bestücken, geht langsam auch das Wissen rund um die klassischen Bestandteile verloren. Wer weiß schon noch, was Jumper sind? Oder DIP-Switches? Dass ein Slot ein Steckplatz ist, in den man eine Karte stopft, dürfte auch nur noch Eingeweihten geläufig sein. Und weil heutzutage ohnehin die meisten Anwender ein Notebook nutzen, dessen Gehäuse zu öffnen bei Strafe (Garantieverlust!) verboten ist, schwindet langsam auch die Freude daran, sich einen persönlichen Computer nach Maß zu schneidern. Ausnahmen gibt es noch in der Gamer-Szene, wo teils skurrile Eigenbauten zu finden sind, und beim Modden, wo es darum geht, aus dem PC ein Kunstwerk zu machen.

Gern in Gelb - Pin-Leisten mit Jumpern
Gern in Gelb – Pin-Leisten mit Jumpern
Das Besondere am IBM-PC, der Mutter aller persönlichen Computer, war ja von vornherein, dass man ihn erweitern konnte. Zu diesem Zweck waren Steckplätze vorgesehen, also Schnittstellen zum Bus – der allumfassenden Datenleitung innerhalb des Rechners. Weil der Bus genormt war (und bis heute in verschiedenen Geschmacksrichtungen ist), konnten fleißige Entwickler – seinerzeit vorwiegend in Taiwan – alle möglichen Zusatzfunktionen auf Steckkarten packen. Weil es anfangs ein bisschen an Schnittstellen mangelte, gab es beispielsweise Karten mit einer Parallelschnittstelle zum Anschluss eines Druckers. Grafikkarten waren (und sind es in bestimmten Bereichen immer noch) enorm wichtig, um aus den Möglichkeiten des Monitors grafisch das Optimum herauszuholen.

Pin-Leiste und Mäuseklavier

Eine klassische Leiste mit DIP-Switches
Eine klassische Leiste mit DIP-Switches
Oft aber musste man einer Hauptplatine (Motherboard) aber beibringen, wie sie mit dem ganzen Zusatzkram umgehen sollte – und umgekehrt. Dazu verfügten Motherboards und Steckkarten in der Regel über spezielle Schalterelemente – sogenannte Jumper und DIP-Switches. Jumper waren dazu da, zwischen den Pins einer Doppelreihe bestimmte Verbindungen herzustellen. Es handelte sich um winzige Brücken, mit denen der Stromkreis zwischen einem Paar solcher Pins hergestellt werden konnte. Oft hatten diese Leisten sechs, acht oder mehr nummerierte Pin-Paare, und aus dem Manual des betreffenden Teils konnte man entnehmen, welche Paarungen erzeugt werden mussten, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Weil die Stecker gern verlorengingen, steckten Profis die nicht genutzten Jumper jeweils auf einen Pin, ohne den mit seinem Pendant zu verbinden.

Etwas fortschrittlicher waren da schon DIP-Switches, winzige Schalter, die auf An oder Aus gestellt werden konnten. Diese Schalter waren und sind aber so winzig, dass man sie gern „Mäuseklavier“ nennt und mit den Fingern kaum schalten kann, sondern ein Werkzeug dazu braucht. Und je nachdem, wo im Computer sie zu finden waren, benötigte man Licht und Lupe, um die richtigen Stellungen hinzubekommen. Apropos Werkzeug: Noch vor rund 20 Jahren hatte jeder engagierte Computerfreund ganz selbstverständlich eine Auswahl an geeigneten Instrumenten für diese Arbeiten – aber hat heute noch einen Chip-Zieher?

Wie wär’s mit einem Raspberry Pi?

Der Bastelcomputer für Digisaurier: Raspberry Pi
Raspberry Pi im Gehäuse
Uninteressant? Mag sein. Wer aber immer noch den Ehrgeiz hat, den Geheimnissen der Computerei auf die Spur zu kommen, aber gerade keinen PC selbst bauen möchte, kann sich mit Slots, Jumpern und DIP-Switches vertraut machen, indem er die Welt des Raspberry Pi zu seinem Hobby macht. Der ist zwar klein, aber eben ein richtiger Computer mit Motherboard und dem ganzen Kram, den die meisten Anwender schon gar nicht mehr kennen.

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