Ein halbwegs modernes RS232-Platinchen

Verlorenes Wissen – von RS232, ASCII und anderen fast vergessenen Dingen (1)

Verrückt genug: Fragt man einen dieser digital Geborenen mit dem an der Handfläche angewachsenen Smartphone, was denn ein GB sei, dann wird er antworten: Na, was wohl? Datenvolumen! Möglicherweise, aber nicht sicher, wird die Testperson wissen, dass GB die Abkürzung für Gigabyte ist – aber bei weitergehenden Fragen wird er passen, der junge Mensch. Wir Digisaurier wissen dagegen noch sehr genau, was ein Byte ist und dass es aus acht Bit besteht, von denen jedes einzelne den Wert 1 oder 0 annehmen kann. Muss man nicht wissen, entgegnet die Jugend, denn für die hat die Geschichte der Digitalisierung am Tag der eigenen Geburt begonnen. Wir Älteren aber wissen: Wer die Historie kennt, beherrscht die Zukunft. Und damit das so bleibt, sollten wir unser Wissen weitertragen. Zum Beispiel über die kryptischen Fachbegriffe, die früher jedem Besitzer eines Home- oder Personal Computers völlig geläufig waren.

Ein Segen, dass es ASCII gibt!

Alles ASCII, oder was?
Alles ASCII, oder was?
Nehmen wir einmal diesen ASCII – mit vollem Namen heißt der American Standard Code for Information Interchange, und er war und ist das Mittel gegen die chaotische Sprachverwirrung im digitalen Kosmos. Wir Veteranen der Textverarbeitung haben uns damals in den mittleren Siebzigerjahren schon gefragt, woher weiß der Bildschirm eigentlich, welches Zeichen er zeigen soll, wenn eine bestimmte Taste gedrückt wird, wo doch nur Nullen und Einsen über die Schnittstellen gejagt werden. Im Ur-ASCII von 1963 werden alle (damals) druckbaren Zeichen durch einen 7-Bit-Code beschrieben. Heißt: Drücke ich die Taste mit dem „A“ (ohne Hochstelltaste!), wird mit sieben Bit der Wert 1011111 gebildet, der auf hexadezimalisch 5F heißt und der Zahl 95 entspricht. Dieses nicht ganz vollständige Byte flitzt nun über allerlei Kabel, Stecker und Leiterbahnen zu dem Teil im Computer, der für die Darstellung von Zeichen auf dem Bildschirm zuständig ist. Ah, sagt diese Unit, ich soll also das Zeichen mit dem ASCII-Wert 95 anzeigen… Moment, das ist doch das kleine „a“.

Und weil das doch mit Druckern funktioniert, werden aus Tastendrücken ganze Texte, die man am Bildschirm sehen und auf Papier ausdrucken kann. Um ehrlich zu sein: ASCII ist auch nicht mehr da, was er mal war. Erstens hat man ihn flächendeckend auf 8 Bit aufgerüstet, und zweitens hat man ihm allerlei Modifikationen verpasst, sodass er auch mit Sprachen funktioniert, die nicht zeichenbasiert arbeiten. Aber letztlich wirkt ASCII auch dann, wenn ein Digital-Kid mit seinem Däumchen auf der Display-Tastatur herumschmiert, um seinem Best Buddy eine WhatsApp zu übermitteln.

Parallel, seriell? Hauptsache übertragen…

So einfach funktioniert RS232...
So einfach funktioniert RS232…
Interface? Schnittstelle? Was ist das denn, fragen sich Menschen, die einfach nur mit ihrem Notebook im Netz surfen wollen. Erzählt man was davon, dass ja Daten zwischen Computern und ihrer Peripherie ausgetauscht werden müssen, schlackern sie verständnislos mit den Ohren. Heute hat man USB, basta! Und wie wir jüngst schrieben, ist dieser Universelle Serielle Bus auch ein echter Segen, denn früher herrschte großes Durcheinander. Denn die Lösungen für den Austausch von Daten zwischen den verschiedenen digitalen Geräten war nicht wirklich standardisiert. Oder, sagen wir: Nicht alle waren gleich, manche waren ein bisschen gleicher als die anderen. Das galt sehr lange in sehr besonderem Maße für den Drucker – ohnehin viele Jahre lang der natürliche Feind des Menschen. Einem nadelnden oder lasernden Gesellen die Daten nach dem Gänsemarsch-Prinzip, also Bit für Bit, zu schicken, erwies sich oft als quälend langsam. Dabei war die sogenannte serielle Übertragung in Gestalt des empfohlenen(sic!) Standards 232 schon in den frühen Sechzigerjahren formuliert worden – und sie hatte sich bei Verbindungen zwischen gewissen Geräten auch bestens bewährt – nur nicht beim Drucken.

Ein antikes Centronics-Parallelkabel
Ein antikes Centronics-Parallelkabel
Also erfanden die genialen Düsentriebs beim längst verstorbenen Druckerhersteller Centronics die parallele Schnittstelle, über die der Computer immer gleich ein komplettes Byte in voller Schönheit an den Drucker schicken konnte. Also nannte man das ganze eben Centronics-Schnittstelle und erklärte den Leuten, dass sie nun ein paralleles Druckerkabel bräuchten, damit das Ganze klappt. Für den Datenaustausch taugte die parallele Centronics-Angelegenheit nicht, sie war eine Einbahnstraße. Erst Mitte der Neunzigerjahre wurde ein Allzweckstandard namens IEEE 1284 für das parallele Datenübertragen verabschiedet, aber dann kam USB…

Für feine Finger: Switches und Jumper

Mit feinen Fingern einen Jumper setzen...
Mit feinen Fingern einen Jumper setzen…
Hand aufs Herz: Wann haben Sie zuletzt an einem Motherboard herumgewerkelt? Lautete die Antwort „Nie“, haben Sie auch noch nie Switches mit winzigen Schraubendreher geschaltet oder mit der Pinzette Jumper gesetzt. Apple-Mac-User wissen ohnehin nicht, wovon die Rede ist, denn die hat man schon immer weiträumig von solchen Frickeleien ferngehalten. Wie der Namen schon andeutet, handelt es sich bei Switches um winzigste Schalter auf elektronischen Dingern, mit denen man deren Verhalten ändern kann. Nun kommt in der Praxis ein Switch selten allein, und der erfahrene Bastler weiß, dass man stundenlang Kombinationen von zwei, drei und mehr Schalterchen ausprobieren muss, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Jumper sind noch einen Hauch archaischer, weil sie im Prinzip zwei Pins, die aus dem Board wachsen, kurzschließen kann … oder nicht. In den längst vergessenen Zeiten, in denen Otto Digitalfreak seine Maschine noch nach dem eigenen Willen konfiguriert hat, war das Switchen und Jumpern noch tägliches Brot, heute befassen sich nur noch Experten mit den Dingern, wenn sie das Letzte aus ihrem Computer holen wollen. Aber, wer will das schon?

Leute, die angesichts dieses Textes gequält aufstöhnen, sei gesagt: In der zweiten und letzten Folge dieser kleinen Serie wird es noch lustiger. Denn so richtig ernstgemeint ist das Ganze eigentlich nicht; es soll halt nur zeigen, was wir früher wussten und konnten und was in zwei, drei Nutzergenerationen vermutlich völlig in Vergessenheit geraten sein wird.

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