Epson-Drucker (Foto: Namazu-tron via Wikimedia)

Der Drucker war mal der schlimmste Feind der Menschheit…

Die gemeinsame Geschichte von Mensch und Drucker ähnelt der Ko-Evolution von Mensch und Hund: Am Anfang standen sich die beiden Spezies eher misstrauisch gegenüber, aber je näher der Canis an den Homo Sapiens rückte, desto mehr wurde er zum besten Freund des Menschen. Dazwischen stand der lange, schwierige Weg der Domestizierung. Darunter versteht man bekanntlich den Prozess, während dessen das halbwilde Vieh nach und nach gezähmt wird, sodass es am Ende tut, was der Mensch will – meistens… Wer noch lebendige Erinnerungen an Matrixdrucker der frühen Achtzigerjahre hat, darf sich als Pionier fühlen, der sich in diesen harten Kampf mit der Kiste begeben hat und am Ende siegreich hervorging. Denn die heutigen Tintenstrahl- und Laserdrucker sind ganz lammfromme Hausgenossen, die genau das tun, was sie sollen – meistens…

Am Anfang stand der Wunsch, das was der Computer am Bildschirm zeigte, auch auf Papier zu bringen, um es dann frohgemut nach Hause tragen zu können. Damit hatten die Erfinder der Computerei nicht gerechnet und das Thema „Ausdruck“ weiträumig umfahren. Die weißbekittelten Kollegen in den Rechenzentren, die dann irgendwie dafür sorgten, dass alles, was die Maschine errechnete, auch auf Papier kam, standen in der Rudelhierarchie ganz unten – Ausdrucken war was für Weicheier. Daran hat sich bis heute wenig geändert: Wer Mails oder Webseiten druckt oder drucken lässt, wird als „Internetausdrucker“ belächelt. Zumal es heutzutage ja dank der Cloud-Technologie nicht mehr nötig ist, hat man doch überall und mit diversesten Geräten Zugriff auf die Daten, die man braucht.

Aber so weit ist die Menschheit noch nicht. Immer noch steigt der Absatz an Druckerpapier, das aus historischen Gründen fast immer noch „Kopierpapier“ heißt. Das ist mindestens merkwürdig in den Zeiten, in den der papierlose Rechnungsverkehr von der EU hoch subventioniert wird. Kriegt eine Buchhaltung eine solche Rechnung als PDF per Mail, wird sie natürlich flugs ausgedruckt und abgeheftet. Der Fortschritt ist halt eine Schnecke.

Von Buchstaben und ASCII-Zeichen

Der nächste Verwandte des Druckers ist die Schreibmaschine. Die dient(e) auch dazu, Text auf Papier zu klöppeln. Für jeden benötigten Buchstaben, für jede Ziffer und eine kleine Auswahl an Satz- und Sonderzeichen hatten die zunächst einen Typenhebel. Dann erfand IBM den Kugelkopf, und später kam das Typenrad. Immer ging es darum, für jedes zu druckende Zeichen ein Element zu haben. Etwas weiter entfernt in der Familie des Druckens findet sich die Telexmaschine, die Enkelin des Morsefunks. Bei der drückte man eine Buchstabentaste, und eine Mechanik stanzte entsprechende Lochmuster in Papierstreifen. Die Idee war, mit einer Matrix aus neun Nadeln so viele verschiedene Muster piksen zu können, dass sich mehr als die 24 Buchstaben ausdrücken ließen.

Original ASCII-Tabelle von 1972 (via Wikimedia)
Original ASCII-Tabelle von 1972 (via Wikimedia)
Und dann schuf OKI den Nadeldrucker… Das war 1968 und der Beginn jahrzehntelanger babylonischer Verwirrung. Das Prinzip war eine Vermählung von Schreib- und Telexmaschine mit dem Unterschied, dass die Nadeln der Matrix beim Drucker keine Löcher stanzen (was sie trotzdem bisweilen taten…), sondern Pigmente punktweise vom Farbband aufs Papier hämmern sollten. Und weil es eben nicht feste Zeichen waren, konnten aus den neun Punkten allerlei Zeichen zusammengebastelt werden. Soweit die Theorie. In der Praxis fehlte noch eine verbindliche Tabelle der druckbaren Zeichen. Da griff man eben auf den American Standard Code for Information Interchange (kurz: ASCII) zurück, der 1963 definiert wurde. Jetzt war auch dem dümmsten Drucker klar, dass er ein großes A hämmern sollte, wenn ihm der Hexadezimalcode 0x41 übermittelt wurde.

Der tut nix, der will nur spielen…

9-Nadel-Druckkopf, Star NL 10, Foto:  Hinnerk Rümenapf via Wikimedia)
9-Nadel-Druckkopf, Star NL 10, Foto: Hinnerk Rümenapf via Wikimedia)
Nun ist ja die englische Sprache eine der ganz wenigen mit lateinischer Schrift, die keine Umlaute und sonstige Merkwürdigkeiten besitzt – das Dollarzeichen mal ausgenommen. Und weil der Standard Code for Information Interchange eben ein amerikanischer ist, blieben Ä, Ö, Ü und ß sowie die vielen, vielen anderen Sonderzeichen anderer Sprache im ASCII-Code Stiefkinder. So kam es, dass mit dem Einzug der Homecomputer in deutschsprachige Heime der Kampf um die Umlaute zwischen Mensch und Drucker begann.

Weil der Printer in den frühen Achtzigerjahren aber noch nicht vollständig domestiziert war, druckte er Umlaute … oder nicht. Wer sich nicht ganz, ganz genau mit den Macken der Drucker auskannte, hatte keine Chance. Denn selbst der beliebte und unkaputtbare Epson FX-80 beschloss nicht selten, er habe die Schnauze voll von dem Sondergedöns und stickte eigenartige Blockmuster anstelle von Umlauten aufs Endlospapier. Wir wissen heute: Die Drucker haben das nicht böse gemeint, die wollten nur spielen.

Dieses schwierige Kapitel in der Menschheitsgeschichte ist schon seit Langem abgeschlossen. Irgendwann kamen Laserdrucker, irgendwann kam PostScript und irgendwann verschwand der ganze Print-Kram irgendwo in den Betriebssystemen und ward nicht mehr gesehen. Heute ist der putzige kleine Tintenstrahler, der sogar lebensechte Fotos printen kann, zwar nimmersatt was den Tintenverbrauch angeht, aber irgendwo doch der beste Freund des Menschen.

[Titelfoto: Namazu-tron via Wikimedia]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert