Und noch eine UMTS-Versteigerung... (2019)

Verrückte Zeiten: Als das Internet mobil wurde

Auf der Münchner Computermesse Systems erregten noch in den mittleren Neunzigerjahren mobil telefonierende Menschen ernsthaft Aufsehen. Da stellten Business-Männer kleine Koffer neben sich ab, griffen zum Hörer und führten öffentlich Ferngespräche. Damals ahnte niemand, dass nur wenige Jahre später alle Welt nicht mehr nur mobil telefonieren, sondern auch surfen wollte. Bis das aber für jedermann möglich wurde, waren ziemlich verrückte Zeiten durchzustehen – mit der UMTS-Versteigerung vom August 2000 als hysterischem Höhepunkt.

Christian Spanik mit seinem Apple Newton 1992
Christian Spanik mit seinem Apple Newton 1992
Mobil waren die Early Adopters da schon länger. Neben dem Handy, das so genannt wurde, weil es in die Hand passte, hatten sich vor allem Handheld-Computer in die Herzen der technikaffinen Menschen gespielt. Leute, die viel unterwegs waren, fanden Gefallen an ebenfalls handflächengroßen Gadgets, die man als mobile Terminkalender, Adressverzeichnisse und Notizbücher nutzen konnte – Personal Digital Assistants (PDA) nannte man sie. Beliebt waren vor allem die Geräte von Palm; Mac-Fans dagegen quälten sich mit dem Apple Newton herum. Später galten die Compaq-PDAs unter dem Namen iPaq als Statussymbole.

Nokia 9000 - PDA und Handy wachsen zusammen
Nokia 9000 – PDA und Handy wachsen zusammen
Als klar wurde, dass man mit einem Handy auch im Internet würde surfen können, wurde der Wunsch immer größer, dies mit dem PDA tun zu können. Aber bis zur Markteinführung des Nokia Communicators mussten die Anwender eben doch mit zwei Kistchen in den Jackentaschen herumlaufen. Und erst die Premiere des iPhones von Apple löste das Dilemma final – das Smartphone war geboren, und ab da ging es nicht mehr darum, irgendwie mobil Zugang zum Internet zu haben, sondern dies mit maximaler Bandbreite und Geschwindigkeit tun zu können. Aber in der Zwischenzeit, vor allem in den Jahren zwischen 1999 und 2002, ging es in Sachen „mobiles Internet“ drunter und drüber.

Verwirrende Grafik zur Wlan-Sicherheit und WPA2
Verwirrende Grafik zur Wlan-Sicherheit und WPA2
Denn auch die Wlan-Technologie hatte ihren Weg aus den Laboren in die Praxis der Computer gefunden. Wer zuvor sagte „Ich geh mal eben ins Internet“, meinte damit, dass er nun seinen Rechner per Kabel an ein Modem und/oder einen Router anschließen und sich mit dem Telefonnetz verbinden würde, um so Zugang zu E-Mails und Websites zu bekommen. „Wireless“ hieß das Zauberwort, denn den Computer nicht mehr per Kabel mit irgendetwas verbinden zu müssen, bedeutete Freiheit. Dabei dienten die drahtlosen Netzwerke zunächst gar nicht in erster Linie dem Internet-Zugriff, sondern bildeten die kabellose Alternative zum klassischen Local Area Network (LAN), also dem (in den meisten Fällen) Firmennetzwerk.

Und dann kam da auch noch Bluetooth. Dieser Standard war (und ist) gedacht für die Datenübertragung zwischen Geräten auf kurze Distanz, und zwar Point-to-point und nicht in Form von Netzen. Da konnte man so um 2000, 2001 schon mal durcheinander kommen mit den ganzen Funktechnologien. So gab es Menschen, die meinten, man könne das Laptop oder den PDA doch am einfachsten per Bluetooth mit einem Router verbinden und dann surfen. Pustekuchen!

Mobilfunkmasten fast auf jedem Haus - ich hab's geahnt...
Mobilfunkmasten fast auf jedem Haus – ich hab’s geahnt…
Also hieß es in jenen Tagen: UMTS oder Wlan. Dabei erinnere ich mich an eine Reihe spannenden Diskussionen mit einem gewissen Stefan Schimansky, damals seines Zeichens CEO der finnischen Internet-Company Satama. Der war absoluter iPaq-Fan und hatte gar nichts dagegen, sowohl seinen PDA, als auch ein Handy bei sich zu haben. Wir debattierten darüber, wie denn die Zukunft des mobilen Internets in der Realität aussehen könnte, wobei Schimansky die Vision einer flächendeckenden Versorgung mit Wlan-Stationen entwarf. Man könne doch, so seine Idee, in jedem Kilometerpfosten an den Autobahnen und Bundesstraßen einen (freien) Wlan-Access-Point installieren; die PDAs könnten dann dauerhaft mit dem Internet verbunden sein.

Meine Vorstellung war eine andere. Ich war davon überzeugt, dass in Zukunft auf jedem Haus eine UMTS-Empfangsantenne stünde, die das Gebäude vollständig mit Internet-Zugang versorgen würde. Wlan bliebe, so meine Meinung, eben nur der drahtlose Standard für Computer-Netzwerke. Wir lagen beide falsch, denn heute, 20 Jahre später, sind die Rollen klar verteilt. Für die mobile Verbindung zum Internet sind 3G und 4G eher zweite Wahl, denn wann immer man mit dem Smartphone Zugang zu einem Wlan hat, wird man es nutzen – einfach, weil es schneller ist. Kann gut sein, dass uns noch einmal verrückte Zeiten rund ums mobile Internet bevorstehen; schließlich steht 5G mit seiner enormen Verbindungsgeschwindigkeit vor der Tür.

[Titelbild: Olaf Kosinsky via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Nokia 9000 Communicator: krystof.k via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]

Ein Gedanke zu „Verrückte Zeiten: Als das Internet mobil wurde“

  1. Ich erinnere mich noch lebhaft, als UMTS so richtig gehypt wurde: „Ehrlich? So viel? Damit kann ich dann ja schneller ins Internet als daheim mit meinem Modem!“. Nun… im Prinzip ja. Aber dann wurden die Festnetzanschlüsse halt schneller schnell und haben gegenüber dem Mobilfunk seither immer noch die Nase vorn gehabt. Und erst mit LTE haben wir überhaupt eine problemlos nutzbare Mobildatenabdeckung und -rate, selbst die späteren UMTS-Erweiterungen waren da noch nicht der Knüller (naja, für Blackberry-Mail reichte es).
    Ob 5G hier erstmals überholt? Warten wir’s mal ab. Und selbst wenn, wird es anfangs wieder Expresszuschlag kosten :)

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