Digitalisier mich, Teil 4: VHS-Videos digitalisieren

Alte Urlaubsvideos voll schöner Erinnerungen verstauben auf Schmalfilm im Keller? Sie haben noch alte TV-Serien auf VHS, die Sie Ihren Kindern zeigen wollen? Ihren alten Lieblingsfilm gibt es nicht als DVD? Dann hilft nur eines: Digitalisieren Sie die alten Schätze – egal ob Super-8-Filme oder VHS-Bänder. Alles lässt sich auf Festplatte vor dem Verfall retten.  René Wagner und Martin Goldmann haben ihre Erfahrungen zusammen geworfen…

„König der Löwen“ ist ein Meisterwerk von Disney, das ich schon lange auf VHS-Kassette habe. Vor ein paar Jahren wollte ich mir den Film dann auf DVD kaufen. Es folgte der Schock: 300 Euro sollte die DVD kosten. Ein unfassbarer Preis, aber zu jener Zeit war „König der Löwen“ auf DVD wohl nur als Sammlerstück zu haben.

Für so einen Preis kaufe ich keine DVD. Aber weil wir „Der König der Löwen“ ansehen wollten und nur analoges VHS-Material hatten, habe ich meinen alten VHS-Rekorder aus der hintersten Kellerecke geholt. Der machte seine Sache sogar erstaunlich gut. Beim Abspielen kam selbst der Ton gut rüber – und der ist bei diesem Film sehr wichtig. Nicht auszudenken, wenn der Affe Rafiki sein berühmtes „Nan ts’ngonya“ nur zäh leiern statt kräftig schmettern würde.

Aus der hintersten Kellerecke: Der Videorekorder. (Bild: Markus Schraudolph)
Aus der hintersten Kellerecke: Der Videorekorder. (Bild: Markus Schraudolph)

Der Entschluss: Digitalisieren

Also habe ich mich entschlossen, den Film von VHS zu digitalisieren. Um mir das Leben leicht zu machen, wollte ich zuerst den Weg über einen Dienstleister gehen. Dem schickt man alle Videos oder Filmspulen und bekommt ein später alles auf DVD, Blu-Ray oder Festplatte zurück.

Im folgenden Video zeigt ein Anbieter, wie er die die analogen Schätze seiner Kunden konserviert:

Allerdings geht das Digitalisieren beim Dienstleister ganz schön ins Geld – je nach Anbieter und Länge der vorhandenen Sammlung. Die meisten verlangen zwischen 1 und 2 Euro pro Minute. Bei einem abendfüllenden Spielfilm landet man also bei 100 bis 200 Euro.

Aber selbst wenn man die Freizeit opfert, um das Ganze selbst in die Hand zu nehmen: Jeder, der altes Filmmaterial digitalisieren (lassen) möchte, sollte sich vorher fragen, welche Inhalte wirklich so wichtig sind, dass man sie nur auf diesem Wege bewahren will. Denn viele Filme zum Beispiel gibt es ja günstig auf DVD oder Blu-ray. Außer „König der Löwen“. Damals zumindest gab’s den nicht.

Okay, für mich war die Entscheidung klar: Selbst ist der Mann. Zuerst musste ich den Videorekorder an den Computer anschließen. Dabei half mir ein Video Grabber.

Video-Grabber

„Grabber“ (Umsetzer) digitalisieren das analoge Signal vom Videorekorder über dessen Video- und Audioausgang auf eine USB-Box. Als ich „König der Löwen“ digitalisiert habe, gab es schon Dutzende Hardware-Lösungen. Bei der Auswahl kam mir ein Ratgeber-Beitrag der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2010 zugute, der mittlerweile ohne Kosten abrufbar ist: https://www.test.de/Filme-digitalisieren-Alte-Streifen-ganz-neu-1854525-0/

Ein einfacher Videograbber, der das Signal per USB an den Computer weiterreicht.
Ein einfacher Videograbber, der das Video-Signal via Composite oder S-Video per USB an den Computer weiterreicht.

Ich habe mich seinerzeit für das Terratec G3 entschieden. Hier liegen alle notwendigen Verbindungskabel bei, ebenso wie die Software. Unter Windows setzt Terratec auf eine angepasste Version von „Video Easy“ des Herstellers Magix.

Dann habe ich los gelegt, zuerst die Box über USB-Kabel an den PC angeschlossen, dann den Videorekorder an die Box.

Üblicherweise gibt es drei Anschlussmöglichkeiten:
• Cinch-Kabel (maue Qualität)
• S-Video (sehr gut)
• SCART (nicht so gute Bildqualität wie der S-Video-Anschluss, oft lockerer Stecker)
Mein Tipp für alle, deren Videorekorder nur einen Scart-Anschluss hat: Scart-Adapter mit S-Video-Ausgang kaufen!

Ein Adapter von SCART auf S-Video und Cinch.
Ein Adapter von SCART auf S-Video und Cinch.

Soweit lief alles glatt. Doch dann kam ein Problem: Bildsprünge machten das digitalisierte Material unbrauchbar. Ursache war ein alter Grafiktreiber. Nach dem Aktualisieren lief alles gut. Eine zweite Lehre aus der Digitalisieraktion: Unbedingt dafür sorgen, dass genügend Speicherplatz frei ist und zur Sicherheit die Festplatte mal defragmentieren (nicht nötig bei einer SSD).

Alles andere lief besser. Beim Aufnehmen habe ich einfach die Anweisungen der Software befolgt: Für die Aufnahme musste ich nur auf „Neues Projekt“ klicken, die Einstellungen anpassen (hohe Qualität) und dann die Übertragung vom VHS-Rekorder (Wiedergabe) zum Computer (Start-Button der Software) starten. Ziemlich coole Sache nach der Aufnahme: Ich konnte sogar Werbeblöcke automatisch entfernen lassen.

Nur Geduld musste ich aufbringen, denn die Digitalisierung lief parallel zur Wiedergabe. Ich hatte also die Gelegenheit, das Filmmaterial noch einmal in voller Länge zu erleben.

Exkurs: Super 8 digitalisieren

Was mit VHS-Kassetten und Grabbern ziemlich einfach ist, ist mit Super-8-Material deutlich schwieriger. Denn dafür braucht man einen Projektor (zum Abspielen), eine Digitalkamera (zum Abfilmen) und ein Stativ (damit nichts verwackelt). Außerdem braucht man einen Winkel, den so genannten Telescreen – damit die Kamera das Bild formatfüllend und scharf vom Projektor abgreifen kann.

Der Nachrichtensender n-tv hat neben Fotos und Dias die Digitalisierung von Super 8 getestet – unter www.n-tv.de/mediathek/videos/ratgeber/Alte-Fotos-und-Filme-digitalisieren-article14522251.html können Sie den Test ansehen.

Dessen Fazit: Super-8-Filme lieber von einem erfahrenen Dienstleister digitalisieren lassen, denn das Ganze ist sehr umständlich – und der Ton muss ja auch noch mit in die Datei, idealerweise hochwertig und lippensynchron!

Ab auf den Medienserver

Alle meine digitalisierten Filme – mittlerweile auch zahlreiche Urlaubserinnerungen – habe ich im platzsparenden MPEG4-Format auf die Festplatte des Medienservers gelegt, der ins Heimnetzwerk eingebunden ist. Von da aus kann ich sie über unsere Smart-TVs, das Smartphone oder Tablet und über den Beamer im Wohnzimmer abspielen.

Übrigens: Hätte ich damals ein Jahr gewartet, hätte ich mir die ganze Arbeit sparen können. Kaum zu glauben, aber die DVD war wieder im Handel. Zum Normalpreis!

4 Gedanken zu „Digitalisier mich, Teil 4: VHS-Videos digitalisieren“

  1. Ignorieren Grabber eigentlich die Macrovision-Signale? „König der Löwen“ war als Kaufkassette doch bestimmt mit diesem Kopierschutz versehen.

    Bei Filmen könnte ich mir auch vorstellen, dass Dienstleister eine Überspielung aus rechtlichen Gründen ablehnen.

  2. Hallo Herr Spanik,
    einen tollen und informativen Beitrag haben Sie da veröffentlicht. Der „Erklärfilm“ der Medienrettung aus Berlin passt da thematisch auch sehr gut rein, beschreibt er doch das Problem ganz gut. Die Preise und Versprechen der einzelnen Dienstleister gehen in der Tat sehr weit auseinander. Wir digitalisiern seit mehr als 13 Jahren alle analogen Bild-u.Tonträger und das zu fairen Preisen. Die Kosten für die Digitalisierung einer VHS-Videokassette liegen bei uns zwischen 8,95€ und 12,95€. Das entspricht bei durchschnittlich 90 Minuten Spielzeit einem Minutenpreis von 10 – 15 ct.
    Eine Bemerkung noch zum Kommentar von Hr. Müller-Bruhnke.
    Jeder verantwortungsvolle und seriöse Dienstleister wird sich an die Regeln des Urheberrechts halten und die Digitalisierung einer Videokassette mit entsprechendem Vermerk ablehnen.

    1. Hallo Herr Michels, danke für die Ergänzungen. Grundsätzlich gilt immer: sich umschauen – auch im Internet – ist der beste Weg den Dienstleister zu finden der passt.
      Beste Grüsse
      Christian Spanik

    2. Guten Tag Herr Michels,
      ich habe 20 private VHS Cassetten, die ich gerne digitalisiert haben möchte. In welches Format? Ich denke mir, dass das Ganze auf einem USB Stick am praktischsten wäre. Rein in meinen Mac und dann mit iMovie bearbeiten. Ihr Vorschlag?
      Vielleicht rufen Sie mich ja an 0172 6634833.

      Beste Grüsse, A. Buchholz

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