Sirene (Foto: Thomas Schulze - Wikimedia)

Was zur Hölle… Brauchen wir jetzt alle auch noch Warn-Apps?

(Aufmacherfoto: Thomas Schulze via Wikimedia, lizensiert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Fast jeder Bundesbürger bekommt ein mulmiges Gefühl, wenn bei einem Probealarm die Sirenen ihre schaurigen Töne über dem Ort erschallen lassen. Man muss keinen Krieg persönlich miterlebt haben, um bei diesen Geräuschen an Bombennächte zu denken. Dabei hat es in Deutschland seit 1945 Gottseidank keinen Luftschutzalarm gegeben – nur Warnungen bei Natur- und Industriekatastrophen. Aber immer noch bilden in einigen Großstädten und Landkreisen die Sirenen das Rückgrat des Katastrophenalarms. In Österreich besteht übrigens immer noch ein geschlossenes Netz aus über 8.200 Sirenen, in der Schweiz sind es rund 7.500. Ein Probealarm beginnt üblicherweise mit einem langen Dauerton, der nach einem Ernstfall als Entwarnung gilt. Während in der Schweiz und in Österreich Art und Bedeutung der Zivilschutzsignale landesweit geregelt ist, kann es in Deutschland unterschiedliche Warnungen geben, weil hier der Zivilschutz Ländersache ist.

Aber immer noch gilt in Deutschland allgemein, dass als Signal „Warnung der Bevölkerung“ ein einminütiger auf- und abschwellender Heulton verwendet wird. Auslösen soll es, dass die Bürger geschlossene Räume aufsuchen, Fenster und Türen schließen und Klimaanlagen abschalten sollen. Und immer noch ist das Radio das Hauptmedium, über das die Bevölkerung informiert wird. Ja, das gute alte Dampfradion – ausgehend von der Annahme, dass praktisch jeder jederzeit und überall Zugang zu einem Rundfunkempfänger hat, fordert das Warnsignal auf, das Radiogerät einzuschalten und einen öffentlich-rechtlichen Sender zu wählen, über den dann Verhaltensanweisungen für die Bevölkerung gesendet werden. Die Texte dafür liegen natürlich als Konserve vor und werden bei Bedarf durch live eingesprochenen Hinweise ergänzt.

NINA warnt deutschlandweit vor Gefahren
NINA warnt deutschlandweit vor Gefahren, auf Wunsch auch für Ihren konkreten Standort. Sie ist die Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

NINA – die Warn-App des BKK
Aber der Fortschritt ist bekanntlich nicht aufzuhalten, und auch die Behörden öffnen sich mehr und mehr dem digitalen Zeitalter. So hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) im Juni 2015 eine App namens NINA (kurz für „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“) eingeführt, die Warnungen vom bundesweiten modularen Warnsystem (MoWaS), aber auch vom Deutschen Wetterdienst sowie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes verbreitet.

Für jeden dieser Kanäle kann man einstellen, aber welcher Warnstufe eine Push-Benachrichtigung erfolgen soll. Die wird von einem Ton begleitet; sogar die klassische Sirene steht zur Auswahl. Außerdem können Notfallkontakte eingerichtet werden, also Personen oder Institutionen, die der User mit einem schnellen Tap in der App per Mail oder SMS direkt benachrichtigen kann, wenn er selbst in eine Notlage geraten ist.

KATWARN – kanalisiert bundesweit Warnmeldungen verschiedener Institutionen
Der entscheidende, wenn auch systembedingte Nachteil von NINA besteht darin, das die Warnungen nicht zuverlässig standortbezogen ausgeliefert werden. Deshalb empfiehlt NINA die Einstellung „Immer alle Warnmeldungen“. Ist beispielsweise in Leverkusen eine Chemie-Anlage explodiert, erhält auch der NINA-Nutzer mit dieser Einstellung in Passau die zugehörige Warnung. Außerdem übermittelt diese App keine lokalen Ereignisse, die von den örtlichen Polizeien und Feuerwehren gemeldet werden. Deshalb kann nur empfohlen werden, außer NINA auch die App KATWARN zu installieren.

KATWARN ist ein deutschlandweit einheitliches Warn- und Informationssystem
KATWARN ist ein deutschlandweit einheitliches Warn- und Informationssystem, das bei Katastrophen und in Gefahrensituationen (z. B. Großbrände, Stromausfälle, Bombenfunde etc.) zusätzlich zu den allgemeinen Informationen durch Polizei, Feuerwehr und in den Medien die betroffenen Bevölkerungsgruppen über das Mobiltelefon informiert.

Wikipedia sagt dazu:

Entwickelt wurde KATWARN vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS und den öffentlichen Versicherern. Technisch baut KATWARN auf dem Frühwarnsystem „WIND“ auf, das heute rund eine Million Nutzer mit Extremwetterwarnungen versorgt. […] Derzeit ist KATWARN in verschiedenen Kommunen, Landkreisen und Ländern in Deutschland (u. a. in Rheinland-Pfalz, Berlin, Hamburg und Nürnberg) im Einsatz und versorgt Bürger, die sich freiwillig am System mit einer Postleitzahl […] angemeldet haben, im Gefahrenfall postleitzahlgenau mit Warnungen.

Viel schlichter als NINA funktioniert KATWARN, denn bei dieser App können lediglich Orte, die vom eigenen Standort abweichen, erfasst werden, für die man Warnungen erhalten möchte. Leider werden bisher (Stand: Februar 2016) bundesweit nur Unwetterwarnungen des DWD gemeldet. Echte großräumige Gefahrenlagen sendet KATWARN nur für Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz, und auch die Liste der angeschlossenen Kommunen ist noch ziemlich kurz.

BIWAPP – noch eine Warn- und Informations-App
Und weil die Kompetenzen und Zuständigkeiten rund um Polizei, Feuerwehr und Zivilschutz in der Bundesrepublik teils Bundes-, teils Länder- und oft auch Stadt- oder Landkreissache sind, gibt es eine weitere Warn- und Informations-App namens BIWAPP, die in Kooperationen mit verschiedenen Kommunen und Behörden entwickelt, aber von einem Privatunternehmen betrieben wird. Wie die beiden „offiziellen“ Warn-Apps verfügt auch BIWAPP über eine Push-Funktion, sodass Anwender per Benachrichtigung auf Ereignisse aufmerksam gemacht werden. Natürlich sind die verteilten Informationen standortbezogen. Weil BIWAPP aber auch Ereignisse verbreitet, die nicht in den Bereich des Zivilschutzes fallen – zum Beispiel Schulausfälle, Staus und andere lokale Dinge -, kann der Anwender relativ detailliert filtern, über welche Vorfälle er benachrichtigt werden möchte.

BIWAPP ist die kostenlose Smartphone-App zur Warnung und Information der Bevölkerung
BIWAPP ist die kostenlose Smartphone-App zur Warnung und Information der Bevölkerung. Aktuelle Informationen und Katastrophenmeldungen für einen ausgewählten Orte und den gewählten Umkreis direkt auf das Smartphone

Weitere Warn- und Informations-Apps
Alle genannten Apps melden auch die Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Wer aber in Gegenden mit häufigem Extremwetter unterwegs ist oder durch seine berufliche Tätigkeit auf detaillierte Wetterwarnungen angewiesen ist, dem kann die eigene DWD-App namens WarnWetter ans Herz gelegt werden. Während die vorgestellten Warn-Apps relativ unspezifisch vor Unwettern warnen, meldet WarnWetter alle Einzelheiten und fundierten Prognosen samt Zeitverlauf – auf Wunsch auch per Push-Benachrichtigung – und zwar so wie auch die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes mit wichtigen zur aktuellen Warn- und Wettersituation versorgt werden.

Die kostenlose WarnWetterApp vom DWD
Die kostenlose WarnWetterApp vom DWD, die die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes sowie die breite Öffentlichkeit mit wichtigen Hinweisen zur aktuellen Warn- und Wettersituation versorgt.

Auf dem Feld der Unwetter und Wetterkatastrophen tummeln sich Dutzend weitere Apps, die aber ihre Basisinformationen in der Regel vom DWD beziehen, diese aber nur anders auf bereiten oder mit Informationen anderer Quellen mischen. Ob man sich weitere Unwetter-Apps aufs Smartphone holen möchte, bleibt letztlich Geschmackssache. Wer dagegen jederzeit wissen will, was die örtliche bzw. regionale Polizei offiziell vermeldet, ist mit der App „Presseportal“ (Android / iOS) des Nachrichtendienstes news aktuell gut bedient. Standardmäßig werden Pressemitteilungen aller Art ausgeliefert, man kann aber auch einstellen, dass nur Polizei-, Feuerwehr- und Behördenmeldungen auf der Startseite der App ausgegeben werden.

Warn-Apps für die Schweiz und Österreich
In der Alpenrepublik sieht es in Sachen Warn-Apps derzeit noch mehr als mau aus. Der österreichische Zivilschutzverband bietet Dutzende Broschüren an, aber hinkt in Sachen Online-Informationen sehr hinterher. Die App der privatwirtschaftlich betriebenen „Unwetterzentrale Österreich“ existiert nur in einer iPhone-Version.

In der Schweiz gibt es immerhin eine für den Bund und die Kantone gültige Website, über die Warnungen vermeldet werden. Dazu gehört seit Neustem ein Twitter-Kanal, und eine offizielle Warn-App ist seit Anfang 2015 in der Mache.

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