"Alles ist ein..." - das Filmplakat mit ein bisschen Wau Holland (Foto: Neue Visionen Filmverleih)

„Alles ist eins. Außer der 0“ – ein filmisches Denkmal für Wau Holland

Als der Chaos Computer Club 1984 mit dem Btx-Hack in die Medien fand, waren Empörung und Unwissenheit groß. Das Bild vom bösen, bösen Hacker war geboren, und der Cracker, der illegal kopiergeschützte Software befreite und verteilte, wurde gleich in Mithaftung genommen. Bis heute haben die Galionsfiguren der Szene nicht die Würdigung erfahren, die ihnen zusteht: allen voran Wau Holland. Das wird jetzt endlich mit dem hervorragenden Dokumentarfilm „Alles ist eins. Außer der 0.„, der dieser Tage in die Kinos kommt, nachgeholt.

„Information wants to be free“ ist eines frühen Statements der Szene, das im kalifornischen Umfeld des „Whole Earth Catalogue“ aufkam und das Treiben der sogenannten Hacker viel besser beschreibt als die ewige Darstellung von Holland, Wernéry, Koch & Co. als technikfrickelnde Nerds. Denn nicht das Basteln stand im Vordergrund, sondern die Utopie der Befreiung der Menschen durch den Computer. Der ganze Kosmos der Informationstechnologie, der Ende der 70er noch fest in den Klauen des US-Militärs und einiger weniger Unternehmerseelen steckte, sollte befreit, sollte allen Menschen zugänglich gemacht werden – und zwar kostenlos.

Es ist ein Reflex des kapitalistischen Wirtschaftssystems, Menschen, die dergleichen fordern – und seien sie noch so naiv – zu kriminalisieren. Das mussten schon die ersten Telefonhacker in den USA erfahren, die herausgefunden hatten, wie man das System so übertölpeln kann, dass man stundenlange Ferngespräche für umsonst führen konnte. Und es ging weiter mit der rücksichtslosen Verfolgung von Computerfreaks, die ohne offizielle Genehmigung die Systeme und Netze der Hochschulen nutzten.

So kannten wir Wau Holland (Foto: Neue Visionen Filmverleih)
So kannten wir Wau Holland (Foto: Neue Visionen Filmverleih)

CCC-Gründer Wau Holland, der 2001 mit nicht einmal 50 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls starb, war ein politischer Mensch. Und einer, dem die individuellen Freiheitsrechte über alles gingen. Sein lebenslanger Kampf, den er nie verbissen führte, sondern immer gewürzt mit seinem speziellen Humor, ging gegen die Monopole. Klar, dass gerade in den 80ern die Bundespost, der „Gilb“ wie wir Computerfreaks sie nannten, Volksfeind No. 1 war, denn der Staatsbetrieb wollte die Kontrolle über die Telefonnetze als Transportwege für Daten behalten und hielt durch seine rigide Politik die technischen Entwicklungen auf. Dies und die grassierende Technikfeindlichkeit der Bundesdeutschen in dieser Ära haben bis heute negative Nachwirkungen – man denke nur an Kanzlerin Merkels Neuland-Zitat und die Irrsinnsmängel bei der Digitalisierung des Bildungswesens.

Der Film, für den u.a. Steffen Wernéry, eine weitere prägende Figur des CCC, die Bewegtbildarchive des Clubs öffnete, porträtiert und die Aktivisten und erklärt die Konflikte, die ihre Arbeit auslöste. Dabei ist Material zu sehen, das seit gut 30 Jahren kaum jemand gesehen hat – darunter Filme und Videos von Gesprächen mit Wau Holland, dem so ein filmisches Denkmal gesetzt wird. Wer sich auch nur ein kleines bisschen für die digitale Weltgeschichte interessiert, muss den Streifen sehen – er ist parallel zur Kinopremiere bereits als Blu-ray zu haben. Hier der Trailer:

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