iBook - das Fisher-Price-Activity-Center für Erwachsene

Apple nervt! Mein Leben mit und ohne Mac (2)

Im ersten Teil habe ich ausgebreitet, wie sehr ich in Macs verliebt war und wie sehr enttäuscht vom Newton und Apple selbst. Das quietschbunte Fisher-Price-Activity-Center aber, das als iBook unter die Leute geworfen wurde, hat mich regelrecht empört. Plötzlich saßen scheinbar seriöse Geschäftsreisende in den Flughafen-Terminals und hackten auf diesen rundlichen Dingern herum als seien es Computer. „Translucent“ hieß das Buzzword – farbig getönter, durchsichtiger Kunststoff; Apple schien ganz verrückt danach zu sein. Als dann der iMac kam, sah es in vielen Büros aus wie im Kinderzimmer. Steve war back, aber er regierte nicht so wie es die geschönte Biografie (verfilmt mit Ashton Kutcher, der Jobs gab wie eine Karikatur) glauben machen will. Weil der Herr der Äpfel technisch ja eher so der Laie war, arbeitete er sich zunächst in der Design-Abteilung ab und befahl zudem die komplette Übernahme seines NeXT-Betriebssystems als OS X.

Letzteres war eine kluge Entscheidung, die aber auf Seiten der Anwendungsentwickler für einen ziemlichen Reformstau sorgte. Dutzende bewährter Programme mussten angepasst werden, bei manchen dauerte das so lange, dass sie bei den Usern in Vergessenheit gerieten. Wenigstens waren die gröbsten Kompatibilitätsprobleme bei der Verarbeitung von Daten aus Windows-Programmen mit dem neuen System Geschichte. Und: Steve verdoppelte den Werbeetat. Wer als computer-interessierter Mensch die Zeit von etwa 1998 bis 2000 erlebt hat, wird sich an die vielen, vielen ganzseitigen Anzeigen in allen Printmedien erinnern und an diverse TV-Spots. Dem hatte „die Gegenseite“, also die Windows-Welt nichts entgegenzusetzen, weil die ja in Dutzende Hardwarehersteller zersplittert war und Microsoft ja auch nicht dauernd Windows-Screenshots drucken lassen wollte. Und so sehr sich die Menschheit inzwischen an Windows gewöhnt hatte und so ordentlich man mit 3.11 und später XP arbeiten konnte, so wenig sexy war das.

Apple dagegen war wieder sexy. Beziehungsweise: erschien sexy. Das war nicht nur Folge der anschwellenden Reklame, sondern auch der kreativen Branchen, die immer zum Mac gegriffen hatten, und deren Insassen mehr und mehr zu Apple-Missionaren wurden. Natürlich schworen ALLE Grafik-Designer auf den Mac; zum Teil auch weil sie gar nicht wussten, dass sie ihre Arbeit genauso gut auf einer Windows-Kiste verrichten konnten. Es war Religion, und Steve Jobs erkannte und förderte das. Wer also was vom kreativen Ruhm der Macs abhaben wollte, kaufte sich auch einen Mac und stieg um. Gleichzeitig positionierten die Apple-Bewerber den iMac als Büromaschine. Weil es dem Unternehmen zudem gelang, flächendeckend in den Schulen der USA als Standardrechner eingeführt und angeschafft zu werden, stiegen die Verkaufszahlen schnell und drastisch an.

Cube – der schönste Computer aller Zeiten

Power Mac G3 Cube
Power Mac G3 Cube – der ultimative Will-ich-haben-Computer
Ab 1999 wirkte ich in einer PR-Agentur, die natürlich durchweg mit Windows-Kisten ausgerüstet war. Das interessierte weiter niemanden, außer eine Kollegin, die schon damals ein waschechtes Apple-Fangirl war und ihr PowerBook immer mit zur Arbeit brachte. Und die fand im Frühjahr 2001 im Internet die Abbildung eines noch geheimen Mac-Modells – The Cube.

Bei der nächsten Teamsitzung forderte sie ultimativ den Umstieg der Agentur auf diesen Apple und drohte mit Kündigung. Da war ich aber auch schon angefixt und drückte mich bis zum Verkaufsstart im Herbst des Jahres mit der Frage herum, doch wieder auf Mac umzusteigen und mir für zuhause einen – sündhaft teuren – Cube anzuschaffen. Ich konnte mich gerade noch bremsen und sah meinen ersten Cube in echt in den Räumen einer Solinger Werbeagentur. Das Ding war eine Skulptur. Und stark und schnell. Die Werber hatten gleich sechs Stück davon angeschafft und waren stolz wie Oskar. Völlig geräuschlos war der Würfel dank passiver Kühlung, und dass man unter dem Plexiglas quasi die Innereien erahnen konnte, mache das Ding mystisch.

Aus heutiger Sicht bin ich froh, danach immer noch widerstanden zu haben, denn der G4 Cube war eine Fehlkonstruktion. Lief so ein Maschinchen rund um die Uhr, stiegen die Temperaturen derart, dass das Plexiglas Risse bekam und/oder trüb wurde. Die Hitze killte serienweise Bauteile, und ein knappes Jahr später hatten die Solinger Werber die Cubes in den Schränken verstaut und arbeiteten wieder auf normalen Macs.

iPod – der wahren Apple-Retter
Dann kam der iMac, der aussah wie eine Schlafzimmerlampe, und dann das Modell, das so aussah wie heute noch iMacs aussehen. Parallel begann die Evolution der Power- bzw. MacBooks, und das alles mit Intel-Prozessoren. Technisch war Apple damit im Mainstream gelandet, und dass die Benutzeroberfläche irgendwie intuitiver zu bedienen war als bei Windows, wurde mehr und mehr zum Mythos ohne sachliche Grundlage. Eigentlich war das aus Nutzersicht ein Fortschritt, weil jetzt jeder mit jedem Computer – egal ob Windows oder Mac – klarkam. Marketingtechnisch brachte das aber Probleme für die Hersteller mit sich, die nun Alleinstellungsmerkmale entwickeln mussten. Und da hatte Steve Jobs bei seinen Macs die Nase ganz weit vorne. So weit, dass Apple-Computer bei annähernd gleichen Leistungsdaten mindestens 50 Prozent teurer waren als Windows-Kisten.

Der Apple-Retter No. 2: das iPhone
Der Apple-Retter: das iPhone
Trotzdem lief es in der ersten Hälfte der Nullerjahre in Cupertino nicht besonders rund. Zwar war die tödliche Absatz- und Profitkrise überwunden, aber mit unter 10 Prozent am Markt der kleinen Computer krebste man so vor sich hin. Nun war Jobs bekanntlich jemand, der süchtig nach Musik war und selten ohne Walkman bzw. Discman gesehen wurde. Als die ersten tragbaren MP3-Player auf den Markt kamen, wird er sich schnell zugeschlagen und sich solch ein Teil besorgt haben.

Bekannt ist auch, dass er sich aus ganz eigenem Interesse sehr früh dafür interessierte, wie man digitale Musik verteilen und vermarkten könnte. Und also ließ er den iPod bauen. Einen – in Relation zur damaligen Konkurrenz – nicht besonders aufregenden MP3-Spieler, der ein bisschen besser aussah als die anderen, etwas einfacher zu bedienen war und … doppelt so teuer. Der Geniestreich war aber der gleichzeitige Start von iTunes sowie der kostenlosen Verteilung der zugehörigen Software. Eine wahnwitzig riesige und weltweit penetrante Reklamekampagne erzwangen den Erfolg. Mein Rio Karma war nicht so hip, verfügte aber über die vierfache Kapazität eines iPod und eine erheblich längere Akkulaufzeit und konnte auch ohne iTunes mit (vorwiegend geklauten) MP3-Songs beschickt werden. Und das für weniger Geld. Apple schaffte es aber, eine ganze Generation Walkman-User nicht auf irgendeinen MP3-Player zu holen, sondern auf den iPod. Der verkaufte sich wie heiße Brötchen, und plötzlich wurde Musik ganz regulär über iTunes gekauft. Das Ergebnis war der Beginn des langen, gewaltigen Aufstiegs von Apple zur wertvollsten Marke.

Die Erfindung des Smartphones
Ganz ehrlich: Ich mochte das iPhone nicht. Bei einer Familienfeier führte einer der frühen Adaptoren uns das Teil vor, und dieses Schmieren mit dem Finger auf dem Display kam mir vor wie das Malen der Kinder mit Fingerfarben. Vor allem aber mochte ich den Hype nicht, denn 2007/2008 JEDER iPhone-Käufer ganz persönlich beförderte. Wer so ein Ding besaß, fühlte sich irgendwie ganz vorne dran. Dass innerhalb von zwei, drei weiteren Jahren das Apple-Handy zum Proll-Smartphone werden würde, konnte da noch niemand ahnen. Um ehrlich zu sein: In Sachen internetfähiges Handy war ich ein später Adaptor – ich stieg erst 2010 mit einem simplen LG-Smartphone ein. Vorher war ich glühender Nokia-Fan … lang, lang ist’s her.

Ob Steve Jobs persönlich oder sein Entwicklerteam das Smartphone als solches „erfunden“ haben, lässt sich nicht sagen. Denn eigentlich war die Entwicklung eine Evolution, die viel mit den langen Experimenten in der Computerei mit Touch-Displays zu tun hat. Das erste Gerät, das wirklich sinnvoll von dieser Technologie Gebrauch machte, war wahrscheinlich der iPod Touch, eigentlich der direkte Vorgänger des iPhones. Aber aus diesem ganzen Hype erwuchsen dann diese wirklich nervigen Apple-Fanboys, die sich aufführen wie angehörige einer Sekte, deren Guru Steve Jobs war. Apple schwenkte etwa um 2007 in Sachen Marketing auch um: Es wurde wesentlich weniger Geld für klassische Werbung ausgegeben und drastisch mehr für verschiedene Formen der PR. Das brachte den Fokus bei digitalen Devices weg von der Nützlichkeit hin zur Emotion – etwas das in der Automobilindustrie in den Sechziger- und Siebzigerjahre schon begonnen hatte.

Doch wieder einen Mac?
Ich sah dann die verschiedenen IPhones kommen und gehen, den iPod verschwinden und die MacBooks immer dünner werden. Ich sah das iPad kommen, das ein paar Jahre lang richtig Kohle in die Apple-Kassen schaufelte, und das alles berührte mich nicht. Ja, zwischen etwa 2008 und 2015 löste alles von Apple bei mir einen starken Widerwillen aus. Als dann aber das neue MacBook Pro vorgestellt wurde, spürte ich die alte Liebe zurückkehren – ich fand das Ding perfekt. Heimlich schlich ich mich in einen Apple Store, verkleidet, damit niemand mich erkennen konnte, und hielt mich eine Weile an diesem wunderbaren Notebook auf. Zuhause rechnete ich nach und wog die Argumente pro und contra gegeneinander ab. Und wäre nicht mitten in dieser Phase das Surface Book von Microsoft vorgestellt worden, wer weiß, vermutlich hätte ich dann dieses wunderhübsche, leistungsstarke MacBook Pro gekauft.

So aber warte ich noch ein Weilchen ab, gehe ab und zu das MacBook im Store besuchen und hoffe, dass ich demnächst mal ein Surface Book für einen längeren Test zur Verfügung gestellt bekomme. Die Sache ist noch nicht entschieden…

[Fotonachweise: Alle Fotos via Wikimedia]

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