Die App als Tonstudio (Foto: Steinberg Res.)

Beatboxen, Synthesizer und Sampler: Apps zum Musikmachen

Damit es gleich klar ist: Von mobilen DAWs und der Produktion ganzer Alben auf dem Smartphone oder Tablet soll hier nicht die Rede sein – das überlassen wir Profis wie der volldigitalen und virtuellen Band „Gorillaz“ und den modernen Produzenten, die schon lange nicht mehr vor gewaltigen Schalttafeln sitzen, um die Töne aus dem Studio hinter der Glasscheibe in Hits zu verwandeln. Wie sehr sich die professionelle Musikerzeugung in den vergangenen fünfzehn Jahren gewandelt hat, kann man am besten an dem Unternehmen sehen, die schon seit fast 40 Jahren auf Software statt Kästen setzt: Steinberg – den Vater der Cubase-Welt.

Was bis ungefähr 2010 in ausgesprochen komplexen Softwaresystemen für den Mac und auch Windows-Rechner untergebracht war, findet sich heute in Dutzenden von Apps. Um einen Song höchster Qualität zu produzieren, verwenden die Macher heute bis zu 20 verschiedene Cubase-Apps, Plugins für solche Apps und hochspezialisierte Apps anderer Hersteller. Die sind natürlich nicht kostenlos – für eine brauchbare Suite für die Produktion von Rap-Tracks sind leicht 200 Euro fällig. Wobei: Eingesetzt werden diese hochkomplexen Applikationen seltener auf Smartphones, sondern am häufigsten auf einem Apple iPad.

CuBasis 2.3 - das Maß aller App-Dinge in Sachen Musik (Screenshot: Steinberg)
CuBasis 2.3 – das Maß aller App-Dinge in Sachen Musik (Screenshot: Steinberg)

In diesem Artikel soll dagegen die Rede sein von mehr oder weniger komplizierten Apps, mit denen wir Otto Normalmusiker mal eben ein bisschen Live-Mucke auf dem Handy machen können, die wir dan über Bluetooth-Boxen der Umwelt vermitteln. Tatsächlich gibt es unter den Apps für iOS und Android nur etwas mehr als eine Handvoll Anwendungen, mit denen man ohne besondere Vorkentnnisse Musik machen kann. Und selbst bei denen sollte der geneigte Nutzer zumindest die Grundbegriffe der digitalen Klangerzeugung kennen, also wissen, welche Wellenformen es gibt, was eine Hüllkurve ist, was man mit einem Sequencer anstellt und ob man als Amateur einen Sequencer braucht.

QiBrd ist ein virtueller Analog-Synthesizer, die einfach zu bedienen ist (Screenshot DS)
QiBrd ist ein virtueller Analog-Synthesizer, die einfach zu bedienen ist (Screenshot DS)

Zweitens: Einige der relativ einfach zu bedienenden Apps kranken daran, dass sie versuchen, den Look von Synthesizern aus der Echtwelt nachzuahmen. Dafür sind selbst die Displays der großen Smartphones meist zu klein. Leider haben sich nur wenige Entwickler darum bemüht, Apps zu kreieren, die ein eigenständiges, für die mobile Nutzung geeignetes User Interface besitzen. Da muss als Erstes QiBrd erwähnt werden, eine Synthi-App, die wirklich jeder spielen kann.

Der Mann dahinter nennt sich Beppi, ist professioneller Musiker und hat das Ding für sich selbst entwickelt – und dann als Freeware in die Welt geworfen. Grundlage ist die Android-Bibliothek CSound, die ebenfalls frei und quelloffen ist. Eine Reihe toller Sounds sind schon dabei, wer aber eine gewisse Ahnung vom Thema hat, kann selbst die aufregendsten Klänge herstellen, die ein virtueller Analog-Synthesizer erzeugen kann. Das Besondere an QiBrd ist, dass zum Spielen keine virtuelle Klaviatur bedient werden muss, sondern die Bewegung der Finger auf dem Touchdisplay die Musik machen.

Eine der Maschinen im virtuellen Caustic-Rack (Screenshot TD)
Eine der Maschinen im virtuellen Caustic-Rack (Screenshot TD)

Schon seit Längerem ist Caustic einer unserer Favoriten. Diese App ahmt ein Multisynthesizer-Rack nach wie man es bei den echten Synthis meist hat. Für die Tonerzeugung, die Modulation und einige andere Parameter gibt es kleine Maschinchen, die zu einem Musikinstrument kombiniert werden. Zwölf solcher Maschinchen – vom PCM-Synthi über eine 8-Kanal-Beatbox und einen 303-artigen Mono-Synthi bis hin zu einer Hammond-Orgel und einem Vocoder – können in ein Rack mit maximal 14 Plätzen gesteckt und dann über eine Klaviatur gespielt werden. Weil das alles so schön vorbereitet ist, bleibt die Lernkurve erfreulich flach.

Eine feine Beat-Maschine mit aufgeräumter Benutzeroberfläche: G-Stomper (Screenshot DS)
Eine feine Beat-Maschine mit aufgeräumter Benutzeroberfläche: G-Stomper (Screenshot DS)

Richtig gut gefällt uns auch der G-Stomper. Die Rhythmus-App ist frei wie Freibier und Teil des G-Stomer Studios für 14 Euro, dass dann alle weiteren Elemente einer einfachen Digital Audio Workstation umfasst. Die Beatbox orientiert sich (wie fast alle ernstzunehmenden Apps dieser Art) an der legendären Roland TR-909, der Mutter aller Drum Machines von 1982. Die 909 gibt bis heute vor, wie die verschiedenen Schlaginstrumente heißen und wie sie zu klingen haben. Mit der aufgeräumten Benutzeroberfläche kann man schnell Rhythmussequenzen zusammenbasten und zur Weiterverwendung speichern.

Mit diesen drei kostenlosen Musikmach-Apps kann man nicht nur eine Menge Spaß haben, sondern sich die Prinzipien der elektronischen Instrumente und der digitalen Musikproduktion recht gut aneignen. Wenn dann der Ehrgeiz noch reicht, führt an den professionellen Apps fürs iPad praktisch kein Weg mehr vorbei. Warnen wollen wir ausdrücklich vor Apps, die zwar kostenfrei sind, den geneigten User aber mit Massen an Werbung erschlagen und/oder In-App-Käufe zu unverschämten Preisen anbieten.

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