Last Updated on 23.08.2023 by Redaktion Digisaurier
Vor wenigen Tagen starb John F. Warnock. Er wurde 82 Jahre alt. Zusammen mit seinem langjährigen Geschäftspartner Charles „Chuck“ Geschke, der bereits vor zwei Jahren mit 81 verstarb, gehörte Warnock einer Generation Computerhelden an, denen wir praktisch alle bis heute grundlegenden Technologien verdanken. Im Fall der beiden ist es vor allem die Seitenbeschreibungssprache PostScript, die Ende der Siebzigerjahre die Art und Weise wie wir drucken, revolutionierte. Dass er zudem führend an der Entwicklung von PDF beteiligt war, wird da beinahe zur Fußnote. Beide „Erfindungen“ hängen enger miteinander zusammen als man heute glauben mag.
Dort wurde er 1940 geboren, dort verbrachte er seine Schulzeit und an der dortigen University of Utah studierte er Mathematik, Philosophie und Elektrotechnik, Fächer, die er jeweils mit Bachelor- und Master-Diplomen sowie einer Promotion abschloss. Auch wenn John aus einer Mormonen-Familie stammte, hat seine Religion in seinem Leben nie eine erwähnenswerte Rolle gespielt.
Es ging um den von Xerox erfundenen Laserdrucker, den der damalige Fotokopierermonopolist gar nicht in erster Linie als Computerdrucker entwickelt hatte, sondern als Grundlage für das Fernkopieren, also für das, was wir heute Faxen nennen. Die Idee war es, das Scannen von Vorlagen und damit Umwandeln in Daten vom Ausdrucken zu trennen. Naheliegend war es, Dokumente beim Scannen in Pixel zu zerlegen, aber Warnock und Geschke hatten eine andere Idee: Die Vorlagen sollten beschrieben werden, die Wege des Laserstrahls beim Abtasten sollten in eine Programmiersprache übersetzt werden, die der Laserdrucker bei der Ausgabe wieder in Grafik zurück wandelt.

Das Projekt hieß Interpress. Xerox mit ihrem damaligen Größenwahn, der auf der langjährig geschützten Technologie der Xerografie und den dadurch eingenommen Millionen Lizenzgebühren beruhte, lehnten den Vorschlag ab, weil sie keine offene Lösung wollten. Die beiden Entwickler verließen Xerox und machten sich mit einem Unternehmen, das sie Adobe nannten, selbstständig. Hinter dem Haus der Warnocks floss der Adobe Creek – daher der Name. Mit der Fertigstellung von PostScript, ihrer Version von Interpress, begann die langjährige Kooperation mit Apple. John Warnock wurde Apple-Gründer Steve Jobs zum väterlichen Freund, der dem Vernehmen nach, einige Geschäftsentscheidungen der Mac-Firma beeinflusste.
Es war seine Frau Marva, die wohl den Anstoß für die Entwicklung fast aller Adobe-Anwendungsprogramme gab und das Unternehmen damit zum bis heute führenden Unternehmen aller kreativen Prozesse am Computer gab. Gesichert ist, dass sie berufsbedingt die Grundidee für den Adobe Illustrator hatte, aber auch am Konzept vom Photoshop hatte sie ihren Anteil. Marva und John teilten zudem das große Interesse an der Typografie – sie wollten einfach, dass Schrift am Computerbildschirm und im Ausdruck GUT aussieht.
Das galt nicht für PostScript, die Seitenbeschreibungssprache, die von vornherein offen zugänglich war. Denn Warnock und Geschke wussten, dass sich ihr Baby nur durchsetzen würde, wenn möglichst viele, idealerweise alle Laserdrucker aller Hersteller PostScript verstehen würden. Allerdings: Wie PostScript-Daten letztlich am Drucker in Rastergrafik übersetzt wurden, hielten sie über lange Zeit geheim. Weniger, weil dieser Vorgang kompliziert war, sondern vielmehr, weil Warnock beim Erzeugen von Schrift trickste, indem er die Zeichen so streckte oder stauchte, dass sie ins druckbare Raster passten.
Das Portable Document Format (PDF) war aus Johns Sicht die logische Fortsetzung von PostScript. Nur dass im Gegensatz zum Faxen und Laserdrucken erreicht werden sollte, dass Dokumente jeder Art so beschrieben werden konnten, dass sie auf jedem Rechner, der das PDF-Format verarbeiten konnte, exakt gleich ausgeben werden konnte. Überspitzt ausgedrückt: Was PostSript für den Drucker, war PDF für den Bildschirm.
Menschen, die John Warnock persönlich kennengelernt haben, beschreiben ihn als freundlichen und neugierigen, als feinsinnigen und offenen Menschen. Also als einen Typen, der sich von vielen anderen Computerhelden, die mehr Unternehmer waren als Ingenieure, sehr unterschied. PostScript und PDF werden lange über seinen Tod hinweg Monumente seines Schaffens bleiben.
[Bildnachweise – Adobe-Headquarter: Coolcaesar via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 4.0; Warnock 2008: Marvalous via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]