Die Logistik der aufladbaren Batterien - aussterbend

Das langsame Sterben der „Batterien“…

Ein Geständnis: Ich war der Herrscher über die Batterien! In meinem Schreibtisch lagerten die wiederaufladbaren Dinger, ohne die kein Gameboy lief – und natürlich auch das Ladegerät. Im Besitz dieser Logistik fiel Kindererziehung leicht. Wer nicht hören wollte, kriegte keine Akkus. Punkt. Dabei war die Einführung von NiMH-Akkus in Form von AA-Zellen schon ein gewaltiger Fortschritt, weil man nicht ständig Batterien kaufen und wenig später entsorgen musste. Und kommt diese Geschichte langsam an ein Ende – die eingebauten, per USB ladbaren Akkus haben gewonnen.

Die Taschenlampe – Killer-Applikation für die Batterie

Die Geschichte dessen, was wir Laien immer noch „Batterie“ nennen, ist aufs Engste mit der Erfindung der Taschen- bzw. Stablampe verbunden. Wobei man nicht genau sagen kann, wer das Licht für unterwegs erfunden hat. Man bedenke: Als der Engländer David Misell seine tragbare Leuchte 1899 zum Patent anmeldete, hatte die brauchbare Glühbirne eines gewissen Thomas A. Edison gerade einmal 20 Jahre auf dem Buckel, und kleinere Varianten, die sich für seine Erfindungen eigneten, gab es erst seit ca. 1894. Ob der Gründer der legendären Batterien- und eben auch Taschenlampenfirma Daimon, ein gewisser Paul Schmidt, vom Glühbirnchen oder der Misell’schen Stablampe inspiriert war, wird sich nicht klären lassen. Jedenfalls meldete er sein mobiles Leuchte-Device 1906 zum deutschen Patent an.

Batterien - viele Formen und Größen (Foto: via Wikimedia)
Batterien – viele Formen und Größen (Foto: via Wikimedia)

In Deutschland wurde der Markenname „Daimon“ beinahe zum Synonym für die Taschenlampe, und das blieb auch bis weit in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts so. Jeder Junge, der auf sich hielt, war im Besitz eines solchen Gadgets. Die waren entweder kastenförmig und mit einer 4,5-Volt-Flachbatterie ausgestattet oder zwei, drei oder gar vier Monozellen vom Typ R20 – je mehr Batterien, desto heller. Aber schon ab den Zwanzigerjahren gab es auch batteriebetriebenes Spielzeug, also selbstfahrende Autos oder ähnlich neumodisches Zeug. So richtig ging die Post für die gute, alte Zink-Kohle-Batterie aber mit der Erfindung des Kofferradios ab. Wer so ab 1958 wer sein wollte, musste einen tragbaren Rundfunkempfänger haben. Was heute die Bluetooth-Box fürs Smartphone, war vor sechzig Jahren das Transistorradio.

Batterien in vielen Formen und Größen

Natürlich wollten wir Jugendlichen jener Jahre wissen, wie denn der Strom in die Batterie und wieder hinauskommt. Also wurden Mono- und Babyzellen geknackt – mit dem enthaltenen Kohlestift konnte man sehr interessante Dinge anstellen … für die man heute möglicherweise strafrechtlich verfolgt würde. Legendär auch die Methode festzustellen, wie man herausfinden konnte, ob in einer Flachbatterie vom Typ 3R12 noch Saft war: Man hielt sich die Enden der beiden Metalllaschen an die Zunge; entwickelte sich ein säuerlicher Geschmack, war noch was drin.

Die legendäre Flachbatterie vom Typ 3R12
Die legendäre Flachbatterie vom Typ 3R12

Die Entwicklung der handelsüblichen Batterien verlief ab den Sechzigerjahre in jeder Hinsicht rasant. Verschiedene Größen und Formen wurden entwickelt und standardisiert, die chemischen Verbindungen änderten sich und die Dinger hielten viel, viel länger. Schon kurz nach der Einführung der heute am weitesten verbreiteten Mignon-Zelle (Typ AA) fanden sich diese Akkus in beinahe jedem mobilen Gerät, und die Preise purzelten Jahr für Jahr um 10 oder mehr Prozent. Und das zu Recht: Denn die Hersteller von elektrischen Devices jeder Art, denen die Betriebsspannung für ihre Zwecke reichte, konnten sich auf AA (und wenig später auf AAA-Zellen) verlassen. In diese goldene Ära der Batterie fällt der legendäre Aufdruck auf Verpackungen „Batteries not included„.

Viel giftiges Cadmium

Und dann kam der wiederaufladbare NiCd-Akku. Unglaublich, aber wahr: Die Batterievariante mit dem harmlosen Nickel und dem giftigen Cadmium wurde schon 1899 vom Schweden Waldemar Jungner erfunden und schon ab 1910 industriell hergestellt – und dies, obwohl Konstruktion und Bau in Relation zum Zink-Kohle-Prinzip erheblich aufwendiger waren. Aber, die NiCd-Zellen hatten den Vorteil, dass man sie nach dem sie all ihren Strom abgegeben hatten, durch Anschluss an eine Stromquelle wieder aufladen konnte. In den Consumer-Bereich schafften es die NiCd-Dinger aber erst, als man sie in den Standardgrößen herstellen konnte. Weil das giftige Cadmium aber dezidiert entsorgt werden musste, die Leute diese Batterien aber einfach in den Hausmüll gaben, wurden aufladbare Akkus mit dieser Chemie aber auf EU-Initiative in Deutschland ab 2009 verboten. So war der Weg frei für die Nickel-Metallhydrid-Technologie, die heute in mehr als 95 Prozente der wiederaufladbaren Batterien zu finden ist.

Sie sind immer noch überall - AA-Zellen (Foto: via Wikimedia)
Sie sind immer noch überall – AA-Zellen (Foto: via Wikimedia)

Es war der Siegeszug der Camcorder, der ab den Achtzigerjahren das langsame Sterben dieser praktischen Stromquelle einläutete, und die Schuld daran tragen die Profis. Denn in den ersten tragbaren Geräten, mit denen Kameraleute in Motion bewegte Bilder herstellten, waren mit aufladbaren Akkus ausgestattet, die nicht im Mindesten standardisiert waren. Die Hersteller ließen Akkus konstruieren, die möglichst gut in die Kameras passten und die geforderten Spezifikationen erfüllten. Das ist bis heute so – bei (beinahe) allen Digicams sitzen kleine Kästchen im Geräte, die mit jeweils speziellen Ladegeräten wieder brauchbar zu machen sind. Wer mehrere digitale Kameras verschiedener Hersteller besitzt, weiß, wovon die Rede ist. Auch bei den Handys war es anfangs so, dass zu jedem Modell ein passendes Ladegerät gehörte. Da fragte man bei Strommangel nicht nach dem Ladekabel, sondern suchten einen Menschen, der im Besitz exakt desselben Handys war wie man selbst.

USB killt die Batterie

Die USB-Technologie wird der aufladbaren Batterie vermutlich den finalen Todesstoß versetzen. Seitdem die Ingenieure für sich entdeckt haben, dass man über den USB-Port eines Gerätes auch Strom in den Akku eines digitalen Devices schleusen kann, verbauen sie die Spannungsquellen zunehmend fest ein. Spielt auch keine Rolle mehr, welche Form und Größe der interne Akku hat, denn wenn man ein passendes USB-Ladegerät mit dem passenden USB-Kabel mit der (möglichst passenden) USB-Buchse verbindet, kriegt man die Dinger schon geladen.

Fernbedienungen - das letzte Refugium für aufladbare Batterien
Fernbedienungen – das letzte Refugium für aufladbare Batterien

So hat sich meine Macht über die Stromversorgung der Familie sukzessive verringert. Konkret: Während ich früher immer so um die zwanzig AA- und AAA-NiMH-Akkus in der Schublade hatte, sind es heute nur noch zwei Händevoll. Und das passende Ladegerät sieht schon ziemlich antiquiert und angeranzt aus. Funktionieren tut diese ganze Logistik immer noch fein, aber wie es aussieht, sind die Fernbedienungen im Haus das letzte Refugium für wiederaufladbare Batterien.

2 Gedanken zu „Das langsame Sterben der „Batterien“…“

  1. Bei uns sind noch viele von den NiMh-Dingern im Einsatz, Weihnachtsleuchten, Minilichterketten und ganz besonders Kinderspielzeug. Mignon sind es mindesten 80 und Minizellen sind es problemlos 100+ Die noch im Umlauf sind. Tendenz ist noch steigend. Solange die Kinder noch Spielen wird das auch noch so bleiben.

  2. Ich hab eine riesige Menge an NiMH-Akkus und in absehbarer Zeit wird sich daran nix ändern.

    Nicht nur wegen der Taschenlampen, Flurlichter mit Bewegungsmelder, auch in Fernbedienungen verwende ich seit geraumer Zeit Akkus. Warum? Nach Problemen mit auslaufenden Batterien und dadurch defekte Fernbedienungen will ich mehr denn je den Einsatz normaler Batterien vermeiden; vom Umweltaspekt ganz zu schweigen.

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