HP-Tablet-PCs anno 2006 (Foto: Wikimedia)

Debatte: Kauft eigentlich noch jemand Tablet-PCs?

Wer hätte das zu Zeiten des großen iPad-Hype gedacht? Aber tatsächlich sinken die Absatzzahlen von Tablet-PCs seit 2013 deutlich. Damals konnten die Hersteller von Apple bis Samsung gut 220 Millionen Stück an die Frau und den Mann bringen; im Jahr 2016 waren es nur noch rund 185 Millionen. Dem Vernehmen nach haben gerade die ehemaligen Marktführer zugunsten von Billiganbietern Federn lassen müssen. Und dass die Neuvorstellungen inzwischen kaum noch einen Anwender interessieren, macht die Sache noch deutlicher. Fragt sich nur: Wie kommt’s?

Zu teuer?

Bei den Preisen, die Apple und Microsoft für ihre Spitzen-Tablets aufrufen, kann einem schon schwindlig werden. So kann man für ein iPad Pro mit Allem fast 1.300 Euro berappen, und Microsoft ruft für das Topmodell der Surface-4-Serie sogar fast 3.000 Euro auf. Brauchbare Tablet-PCs, die zu mehr taugen als nur den Second Screen beim Fernsehen zu spielen, bekommt man dagegen schon für unter 300 Euro. Das ist dann weniger als das neue Super-Duper-Smartphone an Investition erfordert.

Am Preis kann die sinkende Nachfrage kaum liegen. No-Name-Tablets mit den sinnvollen 10 Zoll Display-Diagonale und Android als Betriebssystem gibt es überall für unter 100 Euro. Und trotzdem kauft auch die kaum noch einer.

Nicht nützlich genug?

Selbst die Hersteller tun sich inzwischen schwer, ihre Tablet-PCs zu bewerben. Bei den kleinen iPads argumentiert Apple ganz allgemein mit dem Spaßfaktor, während Microsoft das olle Surface 3 inzwischen ganz als Laptop-Ersatz für Studenten promotet. Samsung belässt es beim neuen Galaxy Tab S3 beim Hinweis auf die Vielseitigkeit. Selbst eingefleischte Tablet-Nutzer geben inzwischen zu, dass sie ihre tastaturlosen Kleincomputer nur in einem sehr schmalen Nutzungssektor einsetzen.

Gerade bei Normalkonsumenten ist die Euphorie in Sachen Tablets ganz verflogen. Denn gesurft wird auf dem Smartphone oder dem Laptop. Filme schaut man sich lieber auf dem Notebook an, und die „Computerarbeit“ verrichtet man immer noch vorwiegend auf einem richtigen PC oder Mac.

Einer zu viel?

Tatsächlich scheint der Hase hier im Pfeffer zu liegen: das Tablet ist einfach ein Digitalgerät zu viel. Während der Profi gern für jeden Anwendungsbereich die passende Maschine im Fuhrpark hat, strebt Otto Normalanwender das genaue Gegenteil an. Der will erstens möglichst wenig Technik im Haus und unterwegs dabeihaben und zweitens nicht dreimal pro Jahr Notebook, Smartphone und Tablet nachkaufen müssen.

Und damit kommen wir zum Sieger im Kampf der Gadgets. Schon im Dezember 2014 haben die Digisaurier der Geräteklasse, die man damals „Phablets“ nannte, eine goldene Zukunft vorhergesagt. Die Prognose ist eingetreten. Smartphones mit Display-Diagonalen jenseits der 5,5-Zoll-Grenze werden immer beliebter … und nehmen bei vielen Anwendern ganz natürlich den Platz ein, der eigentlich dem Tablet-PC vorbehalten war/ist.

Tatsächlich ist ein 6-Zoll-Handy vom Jahrgang 2017 in fast jeder Hinsicht den Tablets mit Display unter 10-Zoll-Diagonale früherer Jahre überlegen. Das hat viel mit dem wahnsinnigen Fortschritt bei der Bildqualität zu tun, der rasanten Geschwindigkeit der aktuellen Smartphones und vor allem der Weiterentwicklungen von iOS und Android zu tun. Die Rolle als Second Screen beim TV-Gucken nehmen diese Riesen-Handys ebenso selbstverständlich ein wie die des Internet-Computers für unterwegs.

Wie geht’s weiter?

Mit ihren großen und teuren Flachmännern haben Apple, Microsoft, Samsung und die anderen den Tablet-PC neu positioniert. Ganz selbstverständlich gehört eine Tastatur zum Andocken zum Must-have-Zubehör, denn die neuen Vertreter der Gattung sind Arbeitspferde, die eigentlich sogar als Notebook-Ersatz gedacht sind. Einzige Konkurrent für diese Rechner mit Touchdisplay sind nur noch 2-in-1-Notebooks und 360°-Convertibles, die das Beste beider Welten vereinen. Solche Geräte nach Bedarf und Wahl mit dem Finger, dem Stift oder der angedockten Tastatur zu nutzen, macht ihren besonderen Charme aus. Das hat von den wichtigen Herstellern nur Apple noch nicht eingesehen und beharrt darauf, kein Touchdisplay in den MacBooks zu implementieren.

Gleichzeitig wird sich das Angebot bei den Smartphones aufspalten. Auf der einen Seite wird es die kleinen, handlichen Handy-Erben geben, auf der anderen Seiten werden bald Smartphones mit mehr als 6 Zoll Diagonale kommen und zunehmend Abnehmer finden, die sich so die Anschaffung eines Tablet-PCs sparen.

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