Von Neuland nach Digitalien: Der fünfte Tag mit Single Trails, Mailboxen und Freunden

„Ab jetzt geht es bergab, wir rollen nach Hünfeld.“ Dachten wir. Aber es kam anders. Wir rollen tatsächlich zunächst ein paar Meter die Hauptstraße in Oberkalbach herunter. Doch dann befiehlt uns das GPS, abzubiegen. Es geht hinein in einen steilen Anstieg und ich fange an zu fluchen. Was soll das nur wieder für ein Tag werden? War die Entscheidung falsch, doch noch weiter zu fahren? Wissen die Leute bei Komoot.de wo die uns hinschicken? Es bleibt die Hoffnung…

Aus dem Anstieg geht es links weg in den Wald auf einen Weg, der anfangs noch zu erkennen ist und dann in einem Single Trail mit quer liegenden Baumstämmen und Ästen mündet.

Wie gut, dass der Anstieg und der Single Trail am Anfang der Strecke liegen. Wären wir tags zuvor noch in diesen Streckenabschnitt gelandet… Nicht auszudenken.

Matschiger Single Trail - ein Traum.
Matschiger Single Trail – ein Traum.

Aber so haben wir Spaß. Es ist Mittag, die Sonne steht am Himmel , es sind nur 35 Kilometer zu fahren (jetzt dann aber wirklich flach!) und wir haben Zeit. Also graben wir uns durch das Dickicht – das mich irgendwie an meine Software-Tests erinnert: Immer erst mal rein in die Software, bis ich mich nicht mehr auskenne und dann schauen, wie ich wieder heraus komme.

Wobei ich noch anmerken möchte: Komoot hat uns in den Wald hinein geführt –  und auch wieder hinaus. Insofern: alles klasse. Dass da Äste quer liegen, dafür kann die Routen-Software nichts

Wir kommen im Wald langsam voran. Die Verbindung ist sozusagen gestört, aber es macht Spaß. Wie damals bei den Mailboxen. Da war die Verbindung auch nicht immer störungsfrei. Und es ging langsam voran: Eine E-Mail von München nach Hamburg brauchte einen halben Tag. Damals fanden wir das ziemlich schnell!

Die Mailbox-Zeit

1987 habe ich gemeinsam mit Gabi Hooffacker und Peter Lokk ein Seminar gehalten: „Schülerzeitungen mit dem Computer machen“.

Zur Vorbesprechung des Seminars war ich bei Gabi und Peter in Nürnberg eingeladen. „Peter hat schnell nen Hahn in den Ofen“ geschoben, wies mir Gabi den Weg zum Esstisch, als ich zur Tür herein kam. Unweit des Tischs stand ein Computer. Ein mächtiger PC. Ich glaube mit einer ebenso mächtigen 5-MByte-Platte. Neben dem PC stand ein postzugelassenes Modem und auf dem Rechner war Zerberus installiert. Ein Mailbox-System. Mailboxen waren Computer, die per Modem anrufbar waren. Je nach Mailbox-Software konnte man den Computer über eine oder sogar über mehrere Leitungen erreichen. In der Mailbox konnte man anderen Nachrichten schicken oder in Foren lesen (damals hießen die noch „Bretter“).

Der Osborne 1 - Urvater aller Tragbaren, und beinahe unbrauchbar...
Ein  Osborne 1: Online war damals noch nicht eingebaut…

Bei Gabis und Peters Mailbox, der Link-N, gab es nur eine Einwahlleitung. Aber das System könne via Netcall E-Mails von München nach Hamburg in nur sechs Stunden schicken, erzählte Gabi begeistert. Und in der Tat, das war damals schnell. Schneller als ein Brief.

Der Netcall lief in etwa so: Mailbox A ruft bei Mailbox B an und fragt „Hast Du was für mich?“. Mailbox B antwortet dann: „Ja, zwei E-Mails, ein paar Foreneinträge und außerdem noch weitere E-Mails für Mailbox C. Die ruft ja dann gleich bei Dir an, gell?“

So wanderten Mails nach einem ausgeklügelten Netcall-Zeitplan von Mailbox A, nach B, nach C und so weiter bis nach Hamburg. Ich war begeistert und bald darauf auch online. Seit damals – es müsste 1987 oder 1988 gewesen sein – war ich nie mehr offline.

Und seit damals verbindet uns eine Freundschaft. Von Gabi und Peter habe ich gelernt, Seminare zu halten. Wir haben gemeinsam Bücher geschrieben – und immer wenn ich die beiden heute in München besuche, hat Peter wieder etwas in den Ofen geschoben. Meist einen Hahn oder einen Schweinebraten.

Es wird flach

Der Weg wird breiter, der Wald lichtet sich und wir bleiben bei einem kleinen Teich stehen, der sich schön in den Waldrand schmiegt. Noch ein paar Aufnahmen, dann geht es weiter. Ab hier wird es flach und einfach zu fahren. Wir rollen, die Luft ist lau, die Sonne scheint. Alles passt.

Wald und Teich (1 von 1)
Idylle nach dem Waldtrail – Zeit zum nachdenken…

Die Kunst, die richtigen Menschen zu treffen

Nach Fahrtstrecken wie der Buckelei in der Rhön oder dem Single Trail gerade bin ich dankbar, wenn ich mit den richtigen Leuten unterwegs bin. Christian und ich sind gut und gesund durch die ganzen fünf Tage gekommen, haben viel erlebt, haben gemeinsam Schwierigkeiten überwunden und Hindernisse beiseite geräumt. Wir haben ziemliche Strapazen auf uns genommen und einander unterstützt. Es ist eben wichtig, dass man mit den richtigen Leuten unterwegs ist!

Die PC Plus 10/88 - Martins erste Ausgabe als fest angestellter Redakteur. Leider ohne Amiga...
Die PC Plus 10/88 – Martins erste Ausgabe als fest angestellter Redakteur.

Genau wie damals, als frisch angestellter Redakteur bei der PC-Plus. Ich ging durch die Büros, um mich bei den neuen Kollegen vorzustellen. Irgendwann bin ich im Büro ganz hinten rechts gelandet. Bei Richard Joerges. „Komm setz’ Dich her,“ lud er mich ein und ab diesem Augenblick haben wir zusammen gearbeitet. Unsere erste Marktübersicht – ich glaube, es ging um Drucker – haben wir unter Excel mit Windows 2.11 (oder war es eine noch ältere Version?) auf Papier gedruckt. Und da sind wir eine Nacht lang gesessen, bis wirklich alles gepasst hat. (Damals haben wir solche Übersichten mit dem Laserdrucker gedruckt und die wurden dann in der Repro „abgenommen“, also für den Druck kopiert).

Zeitungsschilder (1 von 1)
Medien machen auf Papier war anders. Und hat wohl seine Blütezeit hinter sich – wie diese schon ein wenig zerbeulten Schilder an einer Tankstelle auf der Route zeigen…

Mit Richie habe ich viele Nächte verbracht in der Redaktion. Denn damals war das Heft machen noch so: Eine Woche Stress, eine Woche Panik mit Nachtschichten, zwei Wochen spielen, lernen, neues herausfinden. Es war ein Traum so zu arbeiten. Wir hatten Freiheiten, die sich heute, glaube ich, kein Redakteur mehr so vorstellen kann. Dafür allerdings haben wir auch so manche Spät- und Nachtschicht dran gegeben.

Und wir hatten ein tolles Team, damals bei der PC Plus. Allen voran Richie, Tommy Jannot und Michael Lang. Und natürlich auch fantastische Kollegen wie Markus Schraudolph mit dem ich heute noch eng zusammen am Tippscout arbeite.

Egal wie schwer ein Weg ist. Es kommt drauf an, mit wem man ihn bewältigt. Ich habe immer die richtigen getroffen und das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.

Genau wie diese Reise.

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