Süß! Das winzige Display des Asus Eee PC (eigenes Foto)

Fast vergessen (1): Der Asus Eee PC und was er auslöste

Oder: Wie Sascha Pallenberg reich und berühmt wurde. „Hä?“ wird der eine oder die andere fragen, „was hat der Mann mit der Kappe den mit dem Eee PC zu tun?“ Als einer der ganzen wenigen Zeitgenossen war es der Junge aus dem Pott, der sich nicht nur für kleine Computer interessierte, sondern um 2007 herum bereits in diesem noch nicht existenten Markt unterwegs war. Als das taiwanesische Haus Asus dann Ende 2007 das Winzding mit dem komischen Namen präsentierte, wusste er: Da geht was ab. Und gründete flugs das legendäre Blog eeepcnews.de … das es wider Erwarten immer noch gibt.

Sascha Pallenberg, der schlaue Kerl mit der Kappe (2012)
Sascha Pallenberg, der schlaue Kerl mit der Kappe (2012)
Noch etwas war klar: Die Geeks, Erstbeweger und Trendsetzer, die sich im Frühjahr 2008 für 200 Euro einen solchen Din-A4-großen Computer mit einem Linux-Betriebssystem kauften, die würden möglicherweise viel, viel, viel Informationen brauchen, um am Eee PC Freude zu haben. Auf diesen angenommenen Bedarf reagierte der Sascha schnell, intensiv und mördererfolgreiche – die EeePcNews kamen in ihrer Blütezeit auf um die 10.000 Visits … pro Tag! Weil der Bursche in Sachen Geschäftstüchtigkeit stark durchs Silicon Valley geprägt war/ist, sollte das Ding natürlich Kohle bringen, was mit dem Einbau von allerlei Affiliate-Links auch rasch und nachhaltig funktionierte.

Was zur Hölle … war denn ein UMPC?
Die Abkürzung steht für „Ultra-Mobile PC„, und die Idee für sehr kleine, leichte PCs stammt aus dem gemeinsamen Origami-Projekt von Microsoft und Intel, das diese auf der CeBIT 2006 präsentierten. Es ging um echte Mobilität, und Apple hatte sein iPhone ja noch nicht vorgestellt. Man konnte sich eben noch kein handliches Device zum Surfen vorstellen, auf dem man auch mal einen Text schreiben kann. Die Dinger sollten Displays mit 5(!!!) bis 7 Zoll Diagonale haben. Die Erdenker hielten sie für die logische Fortsetzung der PDA-Idee. Smartphone und Tablets machten dem UMPC schon 2010 den Garaus.

Es lebt immer noch, das Mobilegeeks-Männchen
Es lebt immer noch, das Mobilegeeks-Männchen
Wer die deutschsprachige Blogger-Szene des vergangenen Jahrzehnts verfolgt hat, weiß, dass Sascha Pallenberg wenig später das Tech-Blog mobilegeeks.de gründete, was seinen Erfolg mehrte und seinen Ruf als Experte für mobile Sachen begründete und ins fast unermessliche steigerte. Für Neuländer jener Jahre (die Redaktionen von Film, Funk und Fernsehen waren um 2009 randvoll damit) war Sascha aber nicht nur Experte, sondern Exot. Hey, der hatte einen Wohnsitz in Taiwan! Wie aufregend! Tatsächlich aber muss man den Mr. Pallenberg wirklich als einen der ganz wenigen Auskenner im Mobilen nennen, der in der Lage ist, schwierige Sachen einfach zu erklären, ohne Blödsinn zu verzapfen.

Die große Linux-Hoffnung
Als es losging mit der digitalen Mobilität, waren sich alle sicher: mit Windows wird das nix. Da konnten Microsoft und Intel noch so viel Origami falten. Das Betriebssystem mit den Fenstern galt einfach als zu … fett. Die Hoffnungen der Unterwegsmenschen ruhten daher auf Linux, dem freien Betriebssystem. Ja, die ersten Modelle des Asus Eee PC kamen mit Linux, und zwar mit einer ziemlich verbogenen Fedora-Version, mit der selbst Linux-Kenner Probleme hatten und die ganz viele Vorteile von Linux durch schlimme Einschränkungen zunichtemachte. Deshalb ging es unter den Eee-PC-Freunden schon ab 2008 nur noch darum: Wie krieg ich Windows drauf?

Der Easy Desktop Mode hatte schon was von Smartphone...
Der Easy Desktop Mode hatte schon was von Smartphone…
Und zwar beileibe nicht nur technisches Zeug. Der Mann kennt die Technik UND die Märkte und erkennt deshalb Trends bevor sie überhaupt entstehen. Dass ihn die leicht verstockte Blogger-Szene des deutschsprachigen Raums als einen der ihren vereinnahmen wollte, hat ihn nicht gestört; die zugehörige Romantik aber nicht mitgespielt. Im Gegenteil: Im September 2016 gab er bekannt, dass er Mobilegeeks hinter sich lässt und die Unternehmenskommunikation des Daimler-Konzerns wechselt, um den Mercedessen in Sachen Social Media auf die Sprünge zu helfen. Da war das Gemurre groß. Ob sein Wirken irgendetwas Gutes bewirkt hat, ist schwer messbar.

Alles so fremd hier…
Nicht nur wegen Fedora war alles, was der Eee PC bot, irgendwie fremd und ungewohnt. Da gab es den „Easy Mode“, den nur ausgewiesene Nerds verlassen sollten, einen Bildschirm voller Icons (von denen nicht jedes auf Anhieb entschlüsselbar war), mit denen man jeweils eine Anwendung aufrufen konnte. Das Ganze war aufgeteilt auf die Themen „Internet“, „Arbeiten“, „Lernen“ und „Spielen“ und bombenfix. Wer das Vorgekaute nicht mochte, musste ohne Easy Mode auskommen und sich in die Untiefen von Linux begeben.

So einfach war es, die Oberfläche des Eee PC zu modifizieren ;–))
Jedenfalls: Es gab hierzulande nur wenige, die das Potenzial des Eee PC erkannten; Sascha Pallenberg war einer davon, aber eigentlich zählt der nicht, weil er damals in Kalifornien lebte. Ein anderer war, ähem, ich… Damals las ich noch Papiermedien, u.a. eine ganze Reihe von Magazinen rund um die Computerindustrie, solche Blätter wie die InformationWeek, pure Insider-Infos, meist dröge, selten spannend. Und weil ich schon immer, immer ein Herz fürs Tragbare hatte, fiel mir eine Notiz – es wird im Oktober 2007 gewesen sein – über einen neuen Typ PC ins Auge, ebenjenen Asus Eee PC. Den musste ich haben. Bekam aber erst im März des Folgejahres einen. Außerdem: Über den wollte ich unbedingt ein Buch schreiben.

Die Erfindung der App
Schon klar: Anwendungen über Icons aufrufen, war schon 2007 kein neuer Hut. Aber der Easy Mode des Eee PC nahm das Prinzip der App auf gewisse Weise schon voraus. Beziehungsweise wirkte an einem Paradigmenwechsel mit: Man „startete“ nicht mehr ein „Programm“, sondern rief eine Anwendung auf. Das gab’s schon auf den Palms und sonstigen PDAs, aber so noch nicht auf einem richtigen Computer.

Mein "Praxisbuch zum Eee PC" aus dem Jahr 2008
Mein „Praxisbuch zum Eee PC“ aus dem Jahr 2008
Verrückt genug, denn recht eigentlich hatte ich mich vom Schreiben von „Computerbüchern“ gut zwölf Jahre zuvor auf ewig verabschiedet. Da musste mir zufällig Jörg Schieb über den Weg laufen und eher aus der Tasche fragen: „Na, wie wär’s mal mit einem Buch für SmartBooks?“ Also den Schweizer Verlag von Ralf und Frank Seelig, der mit Jörgs Unterstützung Computerbücher der CHIP-Reihe bastelte. „Klar,“ antwortete ich, „wie wär’s mit einem Praxisbuch zum Asus Eee PC?“ Es wurde ein Deal, und ich lachte mir ins Fäustchen, weil ich en passant den Begriff „Praxisbuch“, den ich noch zu Data-Becker-Zeiten „erfunden“ hatte, mal wieder in die Regale bringen konnte.

Voll mobil, ey…
Relativ freischwebend hatten die Asus-Entwickler sich realistische Gedanken über das Surfen und Arbeiten unterwegs gemacht. Ihnen war klar: Ein wirklich mobiles Computerchen muss nicht nur klein sein, sondern auch leicht und nicht stromhungrig. Dass sie in den Eee PC der ersten beiden Generationen ausschließlich SSDs einbauten, war für die damalige Zeit einigermaßen sensationell. Heute wissen wir, dass Maschinen mit mechanischer Festplatte nie so wirklich mobil sind.

Mein erster Eee PC - ich find ihn immer noch schnuckelig
Mein erster Eee PC – ich find ihn immer noch schnuckelig
Der Rest ist schnell erzählt: Sascha Pallenberg wurde dank Eee PC reich und berühmt, ich eher nicht. Und das völlig zurecht. Ich hatte das falsche Medium gewählt (und hätte es als Blogger seit anno Tobak wissen müssen). Der Eee PC und seine weniger erfolgreichen Brüdern und Schwestern vom Stamme UMPC waren eine rasch flotierende Geschichte. Innerhalb der kann vier Jahre seiner Existenz kamen im Rhythmus von rund vier Monaten immer neue, immer andere Modelle der Reihe heraus, die immer andere Informationen erforderten. Darauf konnte der schlaue Sascha mit seinem Blog natürlich viel schneller reagieren als ich blöder Bücherschreiber. Zudem hatte sich mein Werk ausgesprochen bescheiden verkauft, weil die potenziellen Käufer eben auch schon mehr online unterwegs waren.

Tatsächlich ging ich die Geschichte des Eee PC noch ein bisschen mit – ein weißer Zwerg, der aber schon unter Windows lief, von 2010 war der letzte. Behalten habe ich aber nur den allerersten Winzling, der bis heute klaglos und völlig unmodifiziert läuft, wenn ich ihn aus nostalgischen Gründen mal in Betrieb nehme. Der wird auch bleiben, der nimmt ja nicht viel Platz weg.

[Bildnachweis – Sascha Pallenberg: Thomas Schmidt NetAction via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0;]

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