Das EZ135-Laufwerk von SyQuest (Foto siehe Bildnachweis unten)

Fast vergessen (11): Was wurde eigentlich aus SyQuest?

Es gibt solche Firmen- und Produktnamen in der IT, die vergisst der geneigte Digisaurier nie. SyQuest ist einer davon. Dass ein Unternehmen, dass ab den späten Achtzigern den De-Facto-Standard für wechselbare Festplatten setzte, einfach so verschwinden konnte, ist ein Lehrbeispiel für die rasanten Veränderungen der Computertechnik. Die ergeben sich in der Regel aus einer Kombination von konkurrierenden Innovationen und Management-Fehlern.

Wechselfestplatten sind eine ziemlich alte Angelegenheit, die kurz nach der Einführung von Harddisks für Großrechner auftauchten. Dabei handelte es sich zunächst um Kisten von der Größe eines Kühlschranks, in die eine oder zwei 19-Zoll-Drives eingebaut waren. Das Wechselbare an diesen Speichermedien bestand einfach darin, dass man den Datenträger mit wenigen Handgriffen ein- und ausbauen konnte. Das funktionierte so, weil es Steckerleisten gab, auf die das Ding einfach mit ein bisschen Druck geschoben wurden, damit die Verbindung zwischen dem eigentlichen Laufwerk und der ganzen Datenaustauschmimik hergestellt war.

Wechselfestplattenlaufwerke der frühen Jahre (Foto siehe Bildnachweis unten)
Wechselfestplattenlaufwerke der frühen Jahre (Foto siehe Bildnachweis unten)

Mit dem Aufkommen der persönlichen Computer, unter anderem von IBM, fand die Harddisk ihren Weg als fest eingebaute Komponente eines Tischrechners. Jogi Tandon, der ungekrönte König der Festplatte, brachte für seine PCs Mitte der Achtziger Harddisk-Klötze, die in dort vorhandene Schächte eingeschoben wurden – quasi eine Wiedergeburt der ersten Wechselplatten in der Groß-IT. Dieses Prinzip setzte sich, weil vollkommen proprietär, nicht durch. Erst die drastische Miniaturisierung der Festplatte ebnete den technischen Pfad zur wechselbaren Harddisk für den Rest von uns.

Der Bedarf war schon Mitte der Achtziger entstanden. Und zwar mit dem aufkommenden Desktop Publishing und der modernen Bildverarbeitung. Da hatte die Diskette als Datenträger mangels Kapazität schnell ausgespielt. Getrieben vor allem vom rasant zunehmenden Einsatz von Apple-Mac-Maschinen in den Grafik-Design-Studios entstand eine Lücke, die von genormten Wechselplatten ausgefüllt wurde – allerdings kaum ein Dutzend Jahre lang, denn optische Speichermedien, die beschreibbare DVD und der USB-Stick mit Megabyte-Kapazitäten machten den Wechselfestplatten um die Jahrtausendwende schnell den Garaus.

Die Konkurrenz: Iomega 100 ZIP-Laufwerk (Foto siehe Bildnachweis unten)
Die Konkurrenz: Iomega 100 ZIP-Laufwerk (Foto siehe Bildnachweis unten)

Zwei Unternehmen profitierten von etwa 1986 bis 2002 von dem gewaltigen Speicherplatzbedarf der Medienschaffenden: Iomega und SyQuest. Beide setzten auf externe Laufwerke für ihre in Kassetten gekapselten Harddisks. Die zugrundeliegende Technik war dieselbe, die Details der Speicherung unterschieden sich deutlich. Der Schlüssel zum Erfolg der SyQuest-Laufwerke war die Verwendung der SCSI-Schnittstelle, die bei Apple früh zum Standard für die Anbindung von Harddisks geworden war. Klug auch der Schachzug, sich noch die kleinste Erfindung patentieren zu lassen. Damit war SyQuest dem Hautkonkurrenten Iomega einen kleinen Schritt voraus.

Beide setzten auf die Trennung vom per Schnittstelle mit dem Rechner verbundenen Laufwerk und dem eigentlichen Speichermedium. So konnte eine Platte einfach ausgeworfen werden wie eine 3,5-Zoll-Diskette, von A nach B gebracht und dort wieder in ein passendes Laufwerk eingelegt werden. Millionen SyQuest-Speichermedien waren ständig unterwegs zwischen Grafik-Studios und Setzereien oder zwischen Fotografen und Fotolaboren.

Den Beginn der Standardisierung setzte SyQuest mit der Q555, die bei Atari als Megafile 44 zum Einsatz kam. Verwendet wurde eine Platte in der bekannten Größe von 5,25 Zoll. Iomega kam ein wenig später mit dem ZIP-Laufwerk, das sich in der Mac-Welt rasend schnell durchsetzte – natürlich waren die Platten von SyQuest und Iomega nicht kompatibel, sodass sich professionelle User entweder für eine von beiden entscheiden oder Laufwerke für beide anschaffen mussten.

Der Knick: von ,25 auf 3,5 Zoll (Foto siehe Bildnachweis unten)
Der Knick: von ,25 auf 3,5 Zoll (Foto siehe Bildnachweis unten)

Einen Knick in der Unternehmenskarriere von SyQuest brachte die Einführung von (deutlich preiswerteren) 3,5-Zoll-Laufwerken und -Speichermedien mit sich. Wieder mussten sich die Anwender entscheiden, ob sie das neue Format übernehmen oder beim alten bleiben sollten. Für die 3,5-Zoll-Lösung sprach neben den geringeren Kosten auch die größere Kapazität. Die spielte im Konkurrenzkamp zwischen SyQuest und Iomega eine geringere Rolle als man vermuten könnte, denn meistens zog der eine Anbieter nach, wenn der andere mehr Platz auf seinen Platten bot.

Waren es anfangs – ähnlich wie bei den fest verbauten Harddisks – 10, 15 oder 20 MB, stieg SyQuest mit den erwähnten 44 MB ins Profigeschäft ein. Iomega brachte anfangs Medien mit 100 MB, später steigerten sich hier die Kapazitäten auf 250 und dann 750 MB. Ein Problem, das Iomega nicht hatte: Die Medien unterschiedlicher Kapazität konnten in allen Laufwerken verwendet werden. Bei SyQuest waren dagegen nicht alle Medien mit allen Laufwerken kompatibel.

Speichermedien bekommt man noch heute (Foto siehe Bildnachweis unten)
Speichermedien bekommt man noch heute (Foto siehe Bildnachweis unten)

Und weil die Windows-Armada den vielen Apple Macs in den Branchen, die auf große Kapazitäten angewiesen waren (wo das ZIP-Laufwerk von Iomega dominierte) nicht das Wasser abgraben konnte, verlor SyQuest nach und nach an Boden, auch ausgelöst durch Vertriebsprobleme außerhalb der USA. 1998 ging das Unternehmen in die Insolvenz. Iomega konnte die meisten relevanten Patente für kleines Geld übernehmen und hatte nun freies Feld vor sich. Allerdings – wie schon gesagt – nur für ein paar Jahre. Dann wurde auch dieser Hersteller übernommen, und zwar von IBM in Gestalt von Lenovo, wo er bis heute den Bereich Speichermedien abdeckt.

Natürlich funktionierten die SyQuest-Maschinen weiter – und tun es auch heute noch vielfach. Ab 1999 entwickelte sich ein gewaltiger Zweitmarkt; Speichermedien für die bewährten Laufwerke wurden teils zu Preisen gehandelt, die höher lagen als beim Neukauf. Umgekehrt bot die Nach- und Neugründung SyQuest Repair (heute SyQuest Technology) aufgebarbeitete Laufwerke an, sodass SQ-Nutzer ihre Medien auch dann weiterverwenden konnten, wenn die zugehörigen Drives den Geist aufgegeben hatten.

Fans von SyQuest- und ZIP-Laufwerken schwören bis heute auf diese Technik, und es finden sich immer Freiwillige, die passende Treiber für aktuelle Computer programmieren und verteilen. Das Unternehmen SyQuest mag tot sein, die Technologie der Wechselfestplatte ist es nicht.

[Bildquellen – ZIP-Laufwerk: KMJ via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Größenvergleich: via PC Magazine; verschiedene Medien: via medienlegat.de; EZ135: Ckmac97 via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Disk Pack: Steve Parker via Wikimedia unter der Lizenz CC BY 2.0]

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