Aktueller Joystick im heftigen Game-Einsatz

Fast vergessen (3): Der Joystick – Rührstab für den Computer

Jeder, der einen Homecomputer besaß und gelegentlich daran zockte, hatte einen. Die Rede ist vom Joystick, diesem merkwürdigen Ding zum Steuern eines Rechners. Mit dem großen Umbruch der Computergame-Szene in den Neunzigern geriet er fast in Vergessenheit. Aber jetzt erlebt er bei den Zockern aller Alters- und Gewichtsklassen eine Renaissance. Wobei: Weg war er nie, und die ganz Harten schwören auf klassische Modelle mit digitaler Vierachsenabtastung und zwei Knöpfen.

Steuerknüppel in einem Kampfjet
Steuerknüppel in einem Kampfjet
Im Gegensatz zur Computermaus, die der geniale Doug Engelbart 1963 ganz allein erfand, lässt sich beim Joystick nicht genau sagen, wer die Idee hatte und wer sie als Erster in die Praxis umsetzte. Allgemein gilt der französische Luftfahrtpionier Robert Esnault-Pelterie als Erfinder des Steuerknüppels, der ohne Zweifel das Vorbild für den Rührstab gab. Manche sprechen die Erfindung aber einem Piloten namens James Henry Joyce aus dem Süden der USA zu und plädieren dafür, dass das Ding eigentlich Joyce-Stick zu heißen habe. Fakt ist, dass Peltrie seine Erfindung 1907 erfolgreich zum Patent anmelden konnte.

Klassischer Joystick - heute wieder sehr beliebt
Klassischer Joystick – heute wieder sehr beliebt
Der elementare Unterschied zwischen einem Steuerknüppel und einem Joystick besteht darin, dass Erstere eine mechanische Zweiachsensteuerung darstelle, also zum Beispiel über Seilzüge oder per Hydraulik für Bewegung sorgen kann – bei einem Flugzeug eben nach links und rechts sowie nach oben und unten, während Letzterer immer als Fernsteuerung zu verstehen ist. Deshalb kam der Stock auch erstmals in der militärischen Anwendung vor – als Fernsteuerung für Luft-Luft-Raketen und Lenkbomben. Denn natürlich kann man die Impulse, die bei der Bewegung entstehen, in Funksignale verwandeln und versenden.

Mini-Joystick mit Platine für Elektronikbastler
Mini-Joystick mit Platine für Elektronikbastler
Kürzlich kam in einer TV-Dokumentation über Alaska ein Typ vor, der von sich behauptete, einer der Erfinder des digitalen Joysticks zu sein. Immerhin hatte er eine ganze Auswahl an Knüppel im Regal seiner Hütte ausgestellt. Der erklärte (dies war nicht Thema der Doku, deshalb blieb es bei diesem einen Statement), es sei eine ganze Bande Jungs aus verschiedenen Computerfirmen gewesen, die irgendwann in den Siebziger am Thema arbeiteten, ihre Erfindung aber nie patentieren ließen. Hört sich hippiemäßig und nach Hombrew-Computerclub an, erscheint aber glaubwürdig.

Legendär, der Commodore-Joystick C1342
Legendär, der Commodore-Joystick C1342
Verrückt genug, dass es in diesem ganzen großen Internet keine Quelle zu DEM ersten als Produkt angebotenen Joystick gibt. Nicht einmal die einschlägigen Museen behaupten, über den Ur-Digitaljoystick zu verfügen. Spricht einiges dafür, dass sich die ersten digitalen Joysticks an den legendären Pong-Automaten von Atari befanden und dass es die Rührstäbe zuerst als Zubehör für Atari-Spielkonsolen gab. Wie wir Digisaurier wissen, ist solch ein Joystick ein Verbrauchsartikel, der nicht lange überlegt und, weil billig, schnell in der Tonne landet.

Viele frühere und aktuelle Nutzer schwören heute noch auf analoge Joysticks. Während bei der digitalen Variante für die vier Richtungen nur je ein Schalter vorgesehen ist, der entweder an oder aus (1 oder 0 = digital) ist, enthalten analoge Kollegen verschiedene Schalter und Sensoren, mit denen zum Beispiel auch der Neigungswinkel des Knüppels direkt ermittelt werden kann. Auch Analog-Sticks feiern seit einigen Jahren fröhliche Urständ, vor allem als festinstallierte Bedienelemente in Spielkonsolen, aber auch in Fernbedienungen aller Art.

Eine Frage hat sich im Verlauf der Recherche überhaupt nicht klären lassen: Wer erfand den Feuerknopf? Also die Taste oben auf dem Steuerknüppel und dem Joystick, mit dem man etwas (meistens einen realen oder virtuellen Schuss) auslösen konnte. Die Kampfflugzeuge im ersten Weltkrieg hatten so etwas noch nicht, und im zweiten Weltkrieg tauchte der Knopf erst in der Endphase auf. Beim Computer-Joystick kam er relativ spät – die ersten Vertreter der Gattung hatten eine oder zwei runde Tasten auf dem Gehäuse, mit denen man je nachdem etwas auslösen konnte.

Aktueller Profi-Joystick von Logitech
Aktueller Profi-Joystick von Logitech
Wider Erwarten hat sich der Joystick in all seinen Erscheinungsformen in den vergangenen 15 Jahren rasant weiterentwickelt – getrieben natürlich durch die immer komplexeren, immer anspruchsvollen und immer schwieriger zu steuernden Games auf dem PC und den Konsolen. Besonders massiv war der Einfluss auf die Verbesserungen an Mechanik, Elektronik und Programmierung durch die mit ungeheurem Tempo gewachsene Bedeutung der eSportarten. Seit rund zehn Jahren haben wir es dabei mit echtem Sport für echte Profis zu tun, die natürlich optimales Arbeitsgerät benötigen. Einsteigermodelle für solche Berufs-Gamer kosten dann schon mal 200 Euro, die Superstars der Szene arbeiten mit für sie maßgefertigten Joysticks. Weil einige Veranstalter Wettbewerbsverzerrungen durch die technischen Unterschiede fürchten, setzen sie auf Standardknüppel, die nur noch ergonomisch an den jeweiligen Sportler angepasst werden dürfen.

Kurz und gut: Der Joystick ist weder tot, noch vergessen, sondern spielt seine besonderen Fähigkeiten vor allem in diesem immer noch stark wachsenden Segment der Games, vor allem aber im eSport aus. Und zwar immer da, wo er Gamepads und ähnlichen Controllern überlegen ist.

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